Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
Vom Netzwerk:
selbst getan. Er war noch nicht tot gewesen, als sie gegangen waren. Er war ins Badezimmer gekrochen, um … um …
    Ja, warum?
    Hatte er gespürt, daß Hedda kommen würde? Hatte er gewußt, weshalb man ihn umbringen wollte, und ihr irgendeine Warnung hinterlassen? Die Aufräummannschaft, die die Spuren des Mordes beseitigen würde, durfte sie nicht finden. Also konnte er nichts auf den Boden oder die Wände schreiben. Aber wo im Badezimmer konnte er …
    Hedda lief schnell zum Bad zurück und betrachtete Deerslayers Leiche; noch im Tod wirkte er stark und bedrohlich. Seine Hand hatte sich um das zersplitterte Porzellan der Toilettenschüssel geschlossen.
    Hedda bückte sich. Sie untersuchte den Wasserbehälter – nichts! – und den Sitz. Wieder nichts. Dann beugte sie sich vor und untersuchte die Toilettenschüssel selbst. Am hinteren Teil fand sie Blut, lange, matte Flecke in symmetrischen Mustern, Nein, nicht nur Muster – Buchstaben, Zahlen, eine Nachricht!
    Hedda mußte sich auf den Rücken legen, um sie lesen zu können. Sie schob Deerslayer ein Stück zur Seite. Seine Hand glitt von der Toilettenschüssel und streifte ihre Wange. Hedda versuchte die Nachricht zu lesen, konnte es in der Dunkelheit aber nicht und mußte das Risiko eingehen, eine von der Decke baumelnde Glühbirne einzuschalten.
    Deerslayer hatte die Nachricht mit zitternder Hand geschrieben: 17 Rue Plummet – 6A.
    Eine Adresse und die Nummer einer Wohnung. Deerslayer schickte sie dorthin, weil sie dort Antworten oder Hilfe finden würde – oder ihn dort vielleicht rächen sollte. Wer auch immer dort wohnte, er würde etwas wissen.
    Wumm …
    Ein dumpfes Geräusch auf dem Gang oder im Treppenhaus. Sonst war nichts zu hören. Dann plötzlich schwere, unsichere Schritte und heiseres Gelächter. Betrunkene, die nach Hause kamen.
    Nein!
    Wenn es Betrunkene gewesen wären, hätte Hedda sie schon vorher gehört, in den unteren Stockwerken. Die Leute, die dort kamen, gaben sich nur als Betrunkene aus, nachdem einer von ihnen gestolpert war und das Geräusch verursacht hatte, das Hedda gewarnt hatte.
    Gelächter hallte durch den Korridor unter Deerslayers Wohnung.
    Hedda verschmierte schnell die mit Blut gekritzelte Nachricht und sprang auf. Die anderen wußten, daß sie hier war; sie hatten wahrscheinlich auf sie gewartet. Sie stürmte ins Wohnzimmer und zu dem Fenster, hinter dem die Feuertreppe lag. Es öffnete sich quietschend, und Hedda schlüpfte hindurch.
    Der Erdboden lag vier Stockwerke unter ihr. Die Stahlsprossen waren verrostet und wacklig. Sie begann mit dem Abstieg; mit der einen Hand hielt sie sich am Geländer fest, die andere hatte sie um ihre Pistole geschlossen.
    Pffft … Pffft … Pffft …
    Die schallgedämpften Schüsse von oben schepperten neben ihr auf dem Stahl. Hedda duckte sich, sah hinauf und gab mehrere Schüsse ab. Durch das noch geöffnete Fenster von Deerslayers Wohnung hörte sie, daß die Tür aufgestoßen wurde. Die Männer, die sich als Betrunkene ausgegeben hatten, stürmten wahrscheinlich schon zum Fenster. Sie saß in der Falle.
    Weitere Schüsse, diesmal von unten. Gestalten jagten die Straße entlang. Nun konnte sie weder hinauf noch hinab, womit ihr nur noch die Seite übrig blieb. Die Wohnungen neben der Deerslayers waren über eine zweite, verrottete Feuertreppe zugänglich.
    Über ihr zersplitterte Glas. Einer der ›Betrunkenen‹ sprang, eine Maschinenpistole in der Hand, auf die Plattform der Feuertreppe. Hedda schoß auf ihn und warf sich herum. Vier Stockwerke unter ihr waren zwei Schützen aus ihrer Deckung hervorgekommen. Sie erledigte sie mit vier Kugeln. Nun hatte sie noch sieben in diesem Magazin; das reichte. Die Gelegenheit war gekommen, und Hedda ergriff sie.
    Sie gab weitere fünf Schüsse auf das zersplitterte Fenster ab, um sich die nötige Deckung für ihren Spurt zum Geländer der schlüpfrigen Feuertreppe zu verschaffen. Es gab unter ihrem Gewicht fast nach, hielt aber lange genug stand, daß sie hinüberspringen und das Geländer der benachbarten Treppe ergreifen konnte. Während ihr schon wieder Kugeln folgten, wandelte Hedda den Schwung ihres Sprungs zu einer Kehre um. Sie flog mit den Füßen zuerst auf ein Fenster direkt rechts unter ihr zu. Die Scheibe zersplitterte, und sie stürzte in die Wohnung, die eine Etage tiefer neben der Deerslayers lag.
    Glasscherben hatten ihr Arme und Gesicht aufgekratzt, doch irgendwie war es ihr gelungen, die Pistole festzuhalten. Sie

Weitere Kostenlose Bücher