Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen
Black wohnt, wie er aussieht und so weiter. Als Blue White fragt, wie lange der Fall vermutlich dauern werde, sagt White, er wisse es nicht. Schicken Sie mir die Berichte, bis Sie wieder von mir hören werden, sagt er.
Um Blue gegenüber gerecht zu sein: er findet das alles ein wenig seltsam. Aber zu sagen, dass er in diesem Augenblick böse Vorahnungen hat, würde zu weit gehen. Dennoch fällt ihm an White einiges auf. Der schwarze Bart, zum Beispiel, und die allzu buschigen Brauen. Und dann die Haut, die ungewöhnlich weiß aussieht, wie gepudert. Blue ist kein Amateur in der Kunst der Verkleidung, und es ist ihm ein Leichtes, diese hier zu durchschauen. Schließlich war Brown sein Lehrmeister, und zu seiner Zeit war Brown der Beste in der Branche. Daher überlegt sich Blue, dass der Fall vielleicht doch nichts mit einer Ehe zu tun hat. Aber weiter kommt er nicht, denn White spricht noch zu ihm, und er muss sich darauf konzentrieren, seinen Worten zu folgen.
Alles ist schon geregelt, sagt White. Ich habe für Sie eine kleine Wohnung gemietet, der von Black gegenüber auf der anderen Straßenseite. Sie können noch heute einziehen. Die Miete wird bezahlt, bis der Fall abgeschlossen ist.
Eine gute Idee, sagt Blue und nimmt von White den Schlüssel entgegen. Das erspart Beinarbeit.
Genau, antwortet White und streicht sich den Bart.
Und so wird es gemacht. Blue erklärt sich bereit, die Arbeit zu übernehmen, und sie geben einander die Hand darauf. Um ihm sein Vertrauen zu zeigen, gibt White Blue sogar einen Vorschuss von zehn Fünfzigdollarscheinen.
So fängt es also an. Der junge Blue und ein Mann namens White, der offensichtlich nicht der Mann ist, der er zu sein vorgibt. Das spielt keine Rolle, sagt sich Blue, nachdem White gegangen ist. Ich bin sicher, er hat seine Gründe. Und außerdem ist das nicht mein Problem. Das Einzige, worum ich mich zu kümmern habe, ist meine Arbeit.
Es ist der 3. Februar 1947. Blue hat natürlich keine Ahnung, dass der Fall Jahre dauern wird. Doch die Gegenwart ist nicht weniger dunkel als die Vergangenheit, und sie ist ebenso geheimnisvoll wie alles, was die Zukunft bringen mag. Das ist der Lauf der Welt: immer nur ein Schritt, ein Wort und dann das nächste. Es gibt gewisse Dinge, die Blue zu diesem Zeitpunkt unmöglich wissen kann. Denn das Wissen kommt langsam, und wenn es kommt, ist es oft mit großem persönlichem Aufwand verbunden.
White verlässt das Büro, und einen Augenblick später hebt Blue den Telefonhörer ab und ruft die zukünftige Mrs. Blue an. Ich tauche unter, sagt er seiner Liebsten. Mach dir keine Sorgen, wenn ich für eine kleine Weile nicht zu erreichen bin. Ich werde immer an dich denken.
Blue nimmt eine kleine graue Mappe vom Regal und packt seinen Achtunddreißiger, einen Feldstecher, ein Notizbuch und andere Utensilien ein. Dann räumt er seinen Schreibtisch auf, bringt seine Papiere in Ordnung und sperrt das Büro ab. Von dort geht er zu der Wohnung, die White für ihn gemietet hat. Die Adresse ist unwichtig. Aber sagen wir Brooklyn Heights, um irgendetwas zu sagen. Eine ruhige, selten befahrene Straße unweit der Brücke – die Orange Street vielleicht. In dieser Straße stellte Walt Whitman 1855 den Schriftsatz der ersten Ausgabe seiner Grashalme her, und hier wetterte Henry Ward Beecher von der Kanzel seiner Backsteinkirche gegen die Sklaverei. So viel zum Lokalkolorit.
Es ist eine kleine Einzimmerwohnung im zweiten Stock eines dreistöckigen Hauses aus braunem Sandstein. Blue stellt zufrieden fest, dass sie vollständig eingerichtet ist, und als er im Zimmer umhergeht, entdeckt er, dass alles neu ist: das Bett, der Tisch, der Stuhl, der Teppich, die Bettwäsche, die Küchenvorräte, alles. Im Schrank hängt ein kompletter Anzug, und Blue, der sich fragt, ob er für ihn gedacht ist, probiert ihn an und sieht, dass er passt. Es ist zwar nicht der größte Raum, in dem ich je gewesen bin, sagt er sich, während er von einem Ende des Zimmers zum anderen geht, aber er ist recht gemütlich, recht gemütlich.
Er geht wieder nach draußen, überquert die Straße und betritt das gegenüberliegende Haus. Im Flur sucht er nach Blacks Namen auf einem der Briefkästen und findet ihn: Black – 2. Stock. So weit, so gut. Dann kehrt er in sein Zimmer zurück und macht sich an die Arbeit.
Er schiebt die Fenstervorhänge auseinander, blickt hinaus und sieht Black in seinem Zimmer auf der anderen Straßenseite an einem Tisch sitzen. Soweit Blue erkennen
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