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Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Titel: Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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ersten Übernachtung hatte ihr die Marquise eines ihrer Kleider gegeben samt Unterwäsche und einem Umhang aus dünnem Wollstoff. Ihr altes Kleid war verbrannt worden, die Sachen, die ihr die Mutter liebevoll in einem Bündel zusammengeschnürt hatte, blieben im Gasthof zurück.
    Marie folgte der Marquise ins Innere des Hauses und blickte sich um. Hier fand sie endlich jene Umgebung, von der sie immer geträumt hatte. Hohe Räume, dicke Teppiche und kostbare Möbel. Ehrfurchtsvoll strich sie über den vergoldeten Rahmen eines ovalen Spiegels.
    »Mademoiselle Callière, ich bin Florence, die Marquise hat mir befohlen, Euch auf Euer Zimmer zu begleiten. Wenn Ihr mir bitte folgen wollt.« Florence trug ein adrettes Spitzenhäubchen auf ihrem hellbraunen Haar. Sie mochte Mitte zwanzig sein. Ihre dunklen Augen wanderten flink über Maries Gestalt, doch ihr Gesicht verriet nichts von ihren Gedanken.
    Sie stiegen eine breite, mit Arabesken geschmückte Treppe hinauf und gingen über einen langen Flur, bis Florence eine Tür öffnete. Marie trat ein und hielt den Atem an. Ein breites Himmelbett mit roséfarbenen Brokatvorhängen dominierte den Raum. Es gab mehrere Truhen, zwei zierliche Sessel, einen Waschtisch mit einer Schüssel und zwei Kannen aus kostbarem Porzellan.
    »Es ... ist ... wunderschön«, stammelte sie und strich mit den Fingern über den Brokat und die gedrechselten Bettpfosten.
    Florence lehnte an der Tür und beobachtete sie. »Es ist das Zimmer der Nichte der Marquise.«
    Marie drehte sich zu ihr um. »Oh, das ist wirklich nett von ihr, dass ich hier wohnen darf. Es ist ja nur vorübergehend.«
    Florence räusperte sich und blickte schnell zu Boden. »Ja, es ist bestimmt nur vorübergehend.«
    »Die Marquise will mir helfen, eine Stelle bei einer vornehmen Familie zu finden«, erklärte Marie eifrig.
    Ohne darauf einzugehen, sagte Florence: »Ich lasse Euch ein Bad zubereiten, Madame achtet sehr auf Reinlichkeit. Das Abendessen wird um acht im blauen Salon serviert werden. Madame achtet sehr auf Pünktlichkeit.« Sie knickste und schloss die Tür hinter sich.
    Marie sank auf das weiche Bett und ließ sich dann lachend zurückfallen. Sie hatte immer gewusst, dass es etwas anderes geben musste als das Schuften auf den Feldern, zerschlissene Kleider und schmerzende Glieder. Und jetzt war aus den Träumen Wirklichkeit geworden.
    Ihre Hochstimmung hielt während der nächsten Tage an. Sie durfte so lange schlafen, wie sie wollte. Die Mahlzeiten, die auf feinem Porzellan serviert wurden, waren nicht nur üppig, sondern auch abwechslungsreich. Jeden Tag stand Braten auf dem Tisch, begleitet von verschiedensten Gemüsen. Zum Abschluss der Menüs gab es delikate Confiserie und Kaffee. Einmal wurde sogar ein bittersüßes Getränk serviert, das gerade dabei war, Paris im Sturm zu erobern: heiße Schokolade.
    Die Marquise ließ sich außerhalb der gemeinsamen Mahlzeiten nicht blicken. Marie machte sich keine Gedanken darüber, sondern genoss die Zeit in vollen Zügen. Zwar durfte sie das Haus nicht verlassen, aber das störte sie nicht. Florence führte sie herum, zeigte ihr heimlich den Schmuck und die prunkvollen Gewänder der Marquise.
    Anfangs wagte Marie gar nicht, diese eleganten Sachen zu berühren, doch Florence kannte wesentlich weniger Hemmungen. Sie schnürte Marie in ein Satinkorsett, half ihr in die zahlreichen Röcke und befestigte schließlich den Brusteinsatz im Oberteil. Mit wenigen Handgriffen hatte sie das schwere blonde Haar aufgesteckt und schmückte es mit Seidenblumen und mit Juwelen besetzten Spangen. Auch das Rouge und die Schönheitspflästerchen der Marquise verteilte sie ebenso großzügig wie gekonnt. Zu guter Letzt öffnete sie das Schmuckkästchen und entnahm ihm ein Kollier und ein funkelndes Ohrgehänge.
    »Seht Ihr, Mademoiselle Callière, mit der richtigen Ausstattung kann jede Frau wie eine Prinzessin aussehen. Zumindest jedoch wie eine Marquise.«
    Marie betrachtete sich im Spiegel. Ein fremdes Gesicht blickte ihr hochmütig entgegen. Ihre Brüste waren so weit nach oben gezwängt, dass sie bei der kleinsten Bewegung aus dem Dekollete zu springen schienen. Selbst das Atmen fiel ihr schwer. Aber was war das alles gegen die atemberaubende Erscheinung, in die sie sich verwandelt hatte.
    Sie drehte sich vor dem Spiegel, verliebt in das Bild, das er ihr zeigte. Doch dann blieb sie abrupt stehen, da ihr einfiel, dass sie niemals solche Kleider tragen würde. Oder solche Juwelen. Ihr

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