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Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Titel: Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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antworten und ihre Nervosität zu überspielen.
    »Nun, in der Tat sucht die Gräfin de Willette nach einem Hausmädchen. Ich habe sie vor zwei Tagen auf einer Gesellschaft getroffen. Wir werden ihr morgen einen Besuch abstatten.«
    »Hausmädchen also«, wiederholte Marie. Ihre Enttäuschung war unüberhörbar.
    Die Marquise hob die Augenbrauen. »Womit hast du denn gerechnet, Marie?«
    Marie konzentrierte sich auf die Tasse in ihren Händen und atmete den aromatischen Geruch ein. »Ach, mit nichts.«
    »Du kannst mir alles anvertrauen, sag mir, was du möchtest.« Die Marquise beugte sich vor und griff nach Maries kalter Hand, die sie ermutigend drückte. »Sag mir deinen Kummer. Ich sehe doch, dass etwas nicht in Ordnung ist.«
    Marie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. »Ich möchte auch schöne Kleider tragen und Seidenstrümpfe und Schmuck und ...«, sie brach ab und wischte die Tränen mit dem Handrücken weg. »Entschuldigt, es steht mir nicht zu, solche Wünsche zu äußern. Ihr müsst denken, dass ich sehr undankbar bin.«
    Die Marquise schwieg. Da sie nichts sagte, fuhr Marie fort: »Kann ich nicht als Zofe arbeiten? Da könnte ich mich wenigstens um die Kleider kümmern, wenn ich sie schon nicht tragen darf.«
    »Nein«, entgegnete die Marquise. »Als Zofe bist du nicht geeignet.«
    Marie ließ entmutigt den Kopf hängen. »Ich weiß, ich verstehe nicht genug von Mode und kenne mich in der Stadt nicht aus.«
    »Nein«, sagte die Marquise wieder. »Das ist nicht der Grund. Um als Zofe zu arbeiten, bist du zu hübsch. Keine Ehefrau wollte dich in unmittelbarer Nähe ihres Gatten wissen. Deshalb wird dich auch keine einstellen.«
    Marie versuchte krampfhaft, nicht zu weinen. »Gibt es keine verwitweten Damen, die eine Zofe suchen?«
    »Selten. Und so lange kann ich dich nicht durchfüttern.«
    »Vielleicht könnte ich mich in der Zwischenzeit hier nützlich machen?«, fragte Marie verzweifelt, denn der scharfe Unterton war ihr nicht entgangen. »Ich bin bereit, alles zu tun, Madame la Marquise, wirklich alles.«
    Juliette de Solange lehnte sich zurück. »Es gäbe vielleicht eine Möglichkeit ... die ... deine Erwartungen erfüllt«, sagte sie langsam.
    Marie glitt von ihrem Stuhl und fiel vor der Marquise auf die Knie. Mit einer fahrigen Bewegung griff sie nach deren Hand und hauchte einen Kuss darauf. »Ich bin bereit, alles zu tun«, wiederholte sie mit glühender Inbrunst. »Wenn ich schöne Kleider und Schuhe und Schmuck tragen kann, wenn ich Feste besuchen darf und vielleicht sogar nach Versailles komme, dann bin ich bereit, alles zu tun, was von mir verlangt wird.«
    Mit einiger Mühe löste die Marquise den Blick von Maries Brüsten, die sich in dem weit ausgeschnittenen Dekollete hoben und senkten.
    »Setz dich wieder«, befahl sie, um die nötige Distanz herzustellen.
    Marie tat, wie ihr geheißen. »Sagt mir, was ich tun soll.«
    Die Marquise tat, als ob sie zögerte und sich überwinden müsste, die folgenden Worte auszusprechen. »Nun, Marie, einem jungen Mädchen mit deinem Aussehen steht in der Tat ein Weg offen, der es ermöglicht, in Samt und Seide gekleidet zu sein und sich mit kostbaren Juwelen zu schmücken. Aber ...«, sie hob die Hand, um Marie, die vor Freude aufspringen wollte, zu beschwichtigen, »... aber dieser Weg erfordert Fingerspitzengefühl und absolute Diskretion von dir.«
    »Natürlich, darauf könnt Ihr Euch verlassen. Bitte, sagt mir doch endlich, worum es genau geht«, bat sie eifrig.
    »Wie du weißt, werden die meisten Ehen in adeligen Kreisen aus Vernunftgründen und finanziellen Überlegungen geschlossen. Oft herrscht in diesen Verbindungen nur gegenseitiger Respekt, und wenn für die nötige Anzahl von Kindern gesorgt ist, gehen die Eheleute ihre eigenen Wege. Diskret natürlich, ganz diskret. An diesem Punkt kommst du ins Spiel, Marie. Viele reiche Adelige suchen Liebe und Geborgenheit außerhalb ihrer Ehe. Sie sind bereit, dafür zu bezahlen. Sehr viel zu bezahlen, denn schließlich können sie diesen Frauen ja nicht die rechtmäßige Stelle an ihrer Seite bieten und den Bund auch nicht von Gott, dem Allmächtigen, besiegeln lassen. Zum Ausgleich kümmern sie sich um alles andere: Kleider, Schmuck, eine Wohnung, in der du Empfänge abhalten kannst, Ausflüge, Theaterbesuche.« Sie schwieg und blickte Marie an, um festzustellen, welche Wirkung diese Sätze auf sie hatten. Zu ihrer Erleichterung schien das Mädchen weder schockiert noch peinlich

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