Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Titel: Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
Vom Netzwerk:
provisorisch hoch.
    Tatsächlich führte aus dem Raum eine Tür in den Flur des Hauses, der seinerseits wieder in einen Eingang an der Rückseite des Gebäudes mündete. Sie gelangten ungesehen nach draußen, das Geschehen im Haus hatte sich ins Obergeschoss verlagert. Noch auf der Straße hörte Marie Schreie und das Splittern von Holz und Glas. Sie wollte nicht darüber nachdenken, was den Besuchern von Madame Dessantes Etablissement angetan werden würde. Und noch viel weniger verlangte es sie danach, irgendetwas davon zu verhindern.

15
    Fanette erwartete Marie im Appartement der Herzogin von Demiant. Sie saß auf einer der Truhen, in der alle Habseligkeiten für die morgige Abreise verstaut worden waren. Als sie Marie erblickte, schlug sie die Hände vor den Mund. »Madame, was ist passiert? Seid Ihr verletzt?«, rief sie erschrocken.
    »Nein, Fanette, mir geht es gut. Ich möchte nur schlafen«, antwortete Marie müde und ließ sich aufs Bett fallen. Die Zofe half ihr aus dem Kleid, bürstete ihr Haar und füllte Wasser in die Waschschüssel.
    Während Marie sich wusch, stand Fanette mit dem Handtuch daneben und nagte an ihrer Unterlippe. Schließlich fasste sie sich ein Herz. »Madame, ich bitte Euch, nehmt mich mit.«
    Marie hielt mitten in der Bewegung inne. »Fanette, ich weiß nicht, was die Zukunft bringt. Hier in Versailles bist du gewiss besser aufgehoben. Du findest bestimmt wieder jemanden, der dich anstellt. Ich habe kein Geld mehr, ich bin in allem, was ich tue, auf den Chevalier de Rossac angewiesen.«
    »Das macht nichts, Madame. Ich habe gespart. Ich will nicht hier bleiben, ich fühle mich nicht wohl in Versailles. Bitte, nehmt mich mit.« Sie blickte Marie offen an. »Vielleicht wäre es für Euch ein Vorteil, eine Vertraute in der Fremde zu haben.«
    Daran hatte Marie noch nicht gedacht. Sie hatte alles, was nach der Trauung kommen sollte, weit von sich geschoben. Doch jetzt musste sie sich der Realität stellen, und die Realität ließ vermuten, dass Fanette mit ihrer Behauptung Recht haben könnte. Sie brauchte jemanden, der auf ihrer Seite stand, wenn sie sich in die Gefilde des Chevaliers begab. Auch wenn er ihr nicht den Hals durchschneiden konnte, so ließen seine Worte keinen Zweifel daran, dass er ihr die Hölle auf Erden bereiten würde.
    Spontan umarmte sie Fanette. »Wenn du trotz allem mit mir kommen möchtest, dann freue ich mich natürlich darüber. Es wird für mich sicher einfacher werden, wenn mich ein vertrautes Gesicht in mein neues Leben begleitet.«
    In der Kutsche war es heiß und stickig, die Straßen wurden mit jeder Meile, die sie sich von Paris entfernten, schlechter. Marie saß mit Fanette in dem Gefährt, während der Chevalier es vorzog zu reiten. Zweifellos hatte er es auf diese Weise bequemer, dachte Marie mürrisch, als sie wieder einmal bei einer Raststation hielten, um die Pferde zu wechseln, und die beiden Frauen die Gelegenheit nutzten, die steifen Muskeln zu bewegen.
    Im Grunde ignorierte sie der Chevalier. Wenn es sich nicht vermeiden ließ, etwa beim Abendessen oder beim Frühstück, dann redete er nur das Allernötigste mit ihr. Immerhin hatte er keine Einwände erhoben, als sie ihm mitgeteilt hatte, dass Fanette sie als ihre Zofe begleiten würde.
    In den Gasthöfen bestellte er grundsätzlich zwei Zimmer und unternahm keinen wie immer gearteten Versuch, ihr zu nahe zu treten.
    Marie war erleichtert darüber und auch über die Tatsache, dass Fanette die Dinge akzeptierte, wie sie waren, ohne viel zu fragen.
    Als die Kutsche nach einer schier endlosen Reise schließlich vor einem zweistöckigen Steinbau hielt, stieg Marie neugierig aus, um ihr neues Heim in Augenschein zu nehmen.
    Ein gewölbter Durchgang führte in einen Innenhof, von dem man über fünf Stufen das Eingangstor erreichte. Mitten auf dem Platz gab es einen Brunnen, um den mehrere Holzeimer standen. Marie lehnte sich an die Brunneneinfassung und blickte sich um.
    Die Ziegel auf den Dächern besaßen abschnittsweise unterschiedliche Farben, was darauf hindeutete, dass das Dach teilweise erneuert worden war. Ebenso leuchteten einige der Fensterläden in frischem Grün.
    Der Chevalier überquerte den Platz mit langen Schritten. Er trug noch immer seine Reitkleidung, hatte also vermutlich gerade sein Pferd in den Ställen abgeliefert, und gönnte ihr keinen Blick. Marie folgte ihm zum Eingangstor, dessen rechter Flügel offen stand.
    Drinnen war es angenehm kühl. Die Dielenbretter knarrten

Weitere Kostenlose Bücher