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Die Nirgendwojagd

Die Nirgendwojagd

Titel: Die Nirgendwojagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Beinahe wäre sie gegen das festgebundene Paar auf der Lichtung geprallt, noch bevor sie es sah.
    Sie wich ein paar Schritte zurück. Das Feuerhaar und der Mörder ihres Bruders waren an einen abgestorbenen Baumstumpf gefesselt, einen Baum, der lebend sogar die Nebel überragt haben mußte. Nicht einmal mit der vollen Spannweite ihrer Arme hätte sie um ihn herumgreifen können. Roha fühlte sich kalt, zauderte, ihre Leidenschaft zu Asche geworden, befühlte das Messer und versuchte, genügend Kraft zu sammeln, es zu ziehen. Jetzt, da sie hier war und vor ihr stand, war das, was eine solch einfache Antwort auf ihr Verlangen zu sein schien, schließlich doch nicht so einfach. Sie wich abermals zwei Schritte zurück, lauschte und floh dann in den Schutz einer dürren Gestrüppkette.
    Drei dunkle Schemen ragten drohend im Nebel auf, unbeholfen und mißgestaltet, da sie auf Mittelarmen und Beinen gingen. Roha preßte sich fester gegen die Erde, als sie den riesigen Schwebenden Geist sah, den sie vor sich hertrieben. Sie bestaunte ihn. Die leere Kugel war so groß wie sie. Die Nebelländer schoben sie zu den Dämonen, beobachteten, wie sie sich über ihre Köpfe niederließ und galoppierten dann in ihrem eigenartigen, behäbigen Gang auf vier Beinen davon.
    Roha fröstelte vor eisiger Furcht, wütend auf sich selbst, weil sie nicht getan hatte, was zu tun sie gekommen war, zwang sich aufzustehen und huschte über die Lichtung, bis sie vor dem Mörder ihres Bruders stand. Er bewegte sich. Durch die wäßrige Durchsichtigkeit des Geistes hindurch sah sie, wie er die Lider hob, wie sich sein Gesicht vor Entsetzen verzerrte, dann ausdruckslos wurde. Sein Körper sackte gegen die Stricke. Für einen Augenblick empfand sie ein großartiges Frohlocken, dann war sie leer, ihr Triumph zu nichts geschrumpft. Ganz gleich, was sie tat, Rihon war nach wie vor tot.
    Ganz gleich, was sie tat, die Amar-Krieger wollten nichts mehr mit ihr zu tun haben. Sie starrte den schlaffen Körper des Dämons eine lange Zeit an, dann blinzelte sie.
    Der Geist zog sich krampfhaft zusammen und wurde von einem wilden Zucken erschüttert. Roha zog sich hinter den Baum zurück. Das Feuerhaar leuchtete in einer rotgoldenen Aura, das Gesicht häßlich vor Anstrengung, ihr Körper bäumte sich in einem jähen Kampf auf.
    Der Geist explodierte. Floh. Roha kreischte und rannte davon, tauchte in das Unterholz ein, und Energiefühler streckten sich von dem Feuerhaar aus und brachten unerträgliche Schmerzen. Sie brannte …
    Sie lief, bis sie gegen einen dürren Baum prallte. Für einige Minuten bleib sie zitternd stehen und stellte nach und nach fest, daß sie wie durch ein Wunder noch lebte. Sie schob die Hände über ihre Arme und ihren Körper. Der Schmerz war weg. Ihre Haut war glatt.
    Sie rieb und rieb an ihren Armen, drehte sich dann um und kehrte langsam zur Lichtung zurück.
    Das Feuerhaar handhabte verbissen ein kleines Messer und versuchte die Stricke durchzuschneiden, die sie an den Baum fesselten.
    Roha stand im Nebel verborgen, und als sie den Mörder ihres Bruders sich wieder bewegen und leben sah, baute sich die Wut in ihr wieder auf. Sie verstand es nicht, aber sie wußte, was sie sah. Und hörte. Sie schwang den Kopf herum und sah die Kin-Späher auf die Dämonin zuhuschen. Hinter ihnen konnte sie das von Quietschen durchsetzte Grollen des Schwarms hören. Das Feuerhaar stieß einen verzweifelten Schrei aus. Roha ruckte den Kopf herum und sah die Hände der Dämonin herunter sinken, sah, wie sie auf den Boden starrte, wo das kleine Messer zu sehen und wieder verschwunden war, je nachdem, wie das Gewebelicht durch sich verschiebende Nebelknoten hindurchsickerte und es berührte. Roha atmete tief ein, empfand eine heftige Befriedigung. Dann sah sie die Hände des Bruder-Töters an den Stricken, die ihn an den Stamm fesselten. Entsetzt beobachtete sie, wie eine Seilwindung aufplatzte, hörte, wie der Dämon das Nachlassen der Spannung knurrend registrierte. Er bekam einen Arm frei.
    Sie sah, wie er sich wieder konzentrierte, seine Muskeln anspannte, und wandte sich ab. Das Feuerhaar starrte noch immer auf das Messer, die Brauen zusammengezogen, das Gesicht straff vor Anstrengung. Roha zitterte vor wachsender Wut und Enttäuschung und sah einen Blütenreif in Festigkeit um ihren Kopf herum schimmern, und die Juwelenherzen klimperten in starken, reinen Tönen … Rihon, dachte Roha. Sie werden entkommen. Sie werden entkommen … Ihre Krallen

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