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Die Nirgendwojagd

Die Nirgendwojagd

Titel: Die Nirgendwojagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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zusammenwachsen sehen. Es juckte, sie wälzte sich herum und kratzte an den schlimmsten Stellen.
    Der Brudermörder kam, ergriff ihre Hände und zwang sie an ihre Seiten nieder. Sie konnte es nicht ertragen, von ihm berührt zu werden. Mit einem Aufschrei wollte sie sich losreißen, aber der Mann hielt sie so mühelos, daß sie sich wieder zurücklegte und in ihrer Wut und Enttäuschung weinte und nicht einmal bemerkte, daß das Jucke versiegte. Dann sagte das Feuerhaar etwas zu dem anderen Dämon, und er trat zurück, bis er nur mehr ein verschwommener Fleck in den Nebeln war.
    Der Ring aus Blumen verblaßte rasch zu einem Nichts, und das Feuerhaar beugte sich über Roha. Obwohl sie lächelte und ihre Hände noch immer sehr sanft waren, als sie die schwachen Markierungen auf Rohas glatter Haut berührte, sah sie schrecklich müde aus. Sie war ebenfalls gebissen worden, viele kleine Wunden übersäten ihre Hände. Mit ihrer Untersuchung zufrieden, setzte sie sich auf die Fersen zurück und sah ruhig zu, wie sich Roha aufrichtete. „Geh nach Hause, Kind”, sagte sie.
    Roha staunte. „Du kennst die Amar-Sprache?” Das Feuerhaar lächelte ironisch, als wollte sie sagen, daß sie Inhaberin einer un
    übertrefflichen Macht sei. Roha nickte. Es ist wahr, dachte sie. Dann veränderte sich das Gesicht der Dämonin wieder. Sie streckte ihre Hand aus und berührte die Mitte von Rohas Brustkorb. „Geh nach Hause, kleine Roha. Du weißt nicht, in was du dich hier einmischst.”
    Das Gefühl von in Schach gehaltener Stärke war verschwunden; ihr Lächeln und ihre Stimme waren sanft und fürsorglich. Roha winselte und rollte sich weg, ärgerlich, verwirrt und ängstlich. Sie sprang hoch, blickte von dem hockenden Feuerhaar auf das verschwommene Dunkel, das der nebelverhüllte Brudertö-ter-Himmelsdämon war. Hin und her eilten ihre Blicke, bis sie benommen war. Die Notwendigkeit der Vorsicht in dieser Welt der versteckten Bedrohungen außer acht lassend, huschte sie ein paar Schritte weit davon, achtete nicht darauf, wohin sie die Füße setzte, hielt an, ruckte herum und schaute zurück.
    Der Himmelstöter streckte der Feuerhaarigen eine Hand entgegen und half ihr beim Aufstehen. Roha strich mit ihren Händen über die Brust, die durch das, was die Dämonin getan hatte, wieder völlig heil war. Sie sah die Frau an, die nur wenige Schritte entfernt stand, ihre Hand auf den Arm des Mörders gelegt, zu ihm hinauflächelnd, und haßte sie sogar noch leidenschaftlicher als den Mann. Sie hatte alles umgestoßen, unterhöhlte alles, was sie, Roha, als wahr kannte, mischte Gut und Böse in ihrem Kopf, bis ihr elend davon war. Sie starrte das Feuerhaar noch ein paar Sekunden lang an, dann rannte sie in die Finsternis davon, ungeachtet der Gefahren, die dort auf der Lauer lagen, ihre Beine zu fangen, lief weg von diesen Wesen, denen sie nicht gewachsen sein konnte.
    Die Jagd
    10. Aleytys
    Gegen Swardheld gelehnt, bereits vergessend, daß der warme und muskulöse Körper hinter ihr einmal Quale gewesen war, sah Aleytys die winzige Gestalt in Nacht und Nebel untertauchen. Sie wandte den Kopf, legte ihre Wange an seine Brust, lauschte dem starken Schlag seines Herzens, schaute dann zu ihm auf, kurz aus der Fassung gebracht, Quales Gesicht zu sehen, wo sie unbewußt die Erscheinung zu sehen erwartet hatte, die sie von Swardhelds Manifestationen in ihrem Geist her kannte. Mit einem eigenartigen Gefühl in sich griff sie hinauf und berührte die narbige Wange.
    Quales Augen verengten sich belustigt, und Swardheld schaute zu ihr heraus. Er lachte über den Ausdruck auf ihrem Gesicht, umarmte sie stürmisch, hielt sie dann auf Armeslänge von sich. „Ich bin noch nicht soweit, es mit dir aufzunehmen, Freyka-min-miel.” Die Enden seines Schnauzers ruckten hoch, als er mit den Fingern seiner rechten Hand über ihre Wange strich und dann die Hand auf ihre Schulter zurückkehren ließ.
    Wärme breitete sich in ihr aus. Sie legte ihre Hände auf seine Arme und fühlte sich zum ersten Mal seit Tagen wieder richtig glücklich und entspannt. „Ich brauche auch Zeit”, flüsterte sie, „um mich an dein neues Aussehen zu gewöhnen.” Für einen langen Moment standen sie beieinander, dann traten sie beide zurück. Aleytys wischte die Feuchtigkeit weg, die auf ihrem Gesicht kondensierte. „Ich schlage vor, wir suchen und finden den Transporter.”
    Er hob eine Augenbraue. „Wenn er noch heil ist.” Er nahm ihre Hand und blickte auf sie hinunter.

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