Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler
in der Erschaffung der Welt, darüber gehen die Meinungen bemerkenswert weit auseinander. Nein, die große, weltweite Gemeinsamkeit ist das Prahlen der Götter. Denn von ihnen stammt der uralte Wettbewerb mit dem Motto: »Mein Haus, mein Pferd, meine Yacht«.
Die meisten Götter sind Angeber, und was sie nicht selbst erschaffen können, lassen sie sich von Hilfskräften erfinden oder bauen, welche sie zudem noch häufig um ihren Lohn betrügen.
Auch die Geschichte von der Erbauung von Asgard ist die Geschichte eines Betrugs. Der Steinmetz Hrimthur sollte die Götterburg innerhalb einer extrem kurzen Frist bauen und als Belohnung dafür die Göttin Freyja zur Gattin bekommen sowie die Sonne und den Mond. Als einzigen Helfer durfte Hrimthur seinen Hengst Swadilfari einsetzen. Als aber die Götter merkten, dass der Steinmetz entgegen aller Prognosen den knappen Fertigstellungstermin einhalten würde, gerieten sie wegen der anstehenden Entlohnung in Panik und fragten, wie so oft, Loki um Rat. Der verwandelte sich in eine rossige Stute, lockte Swadilfari von der Baustelle weg und hielt ihn mit Liebesspielen von der Arbeit ab. So konnte Hrimthur die Frist nicht einhalten und gab sich, wütend über diese List, in seiner wahren Gestalt als Riese zu erkennen. Das veranlasste Thor umgehend dazu, den Baumeister mit seinem Hammer Mjöllnir zu erschlagen. So kamen die Götter zu einer nahezu bezugsfertigen Burg und Loki zu einer Schwangerschaft, aus der ein ungewöhnliches Kind hervorging: der achtbeinige Hengst Sleipnir.
Fast überflüssig zu sagen, dass auch der sagenhafte Hammer Mjöllnir, der Zermalmer, ein Produkt fleißiger Helfer war, nämlich der Zwerge Brokk und Sindri.
Inzwischen besteht Asgard aus mehreren Götterburgen, deren Namen man sich als Mensch aber nicht merken muss, weil man dorthin sowieso nie kommt. Zumindest nicht als Lebender. Alfheim gehört Freyr, Breidablick dem Baldur, Folkwang zu Freyja, Gladsheim mit Walhall ist der Besitz Odins, Glitnir gehört Forseti, Himinbjörg dem Heimdall, Nóatún zu Njörder, auf Sökkwabeck wohnt Saga und so weiter. Dazu kommt noch Wingolf, die Versammlungshalle der Asengöttinnen, wo die Götter weiblichen Geschlechts unter sich sein können, der Ort der Frauengruppe quasi.
Offiziell gibt es zwölf Burgen, weil die germanischen Götter den klassischen griechischen und römischen ebenbürtig sein wollten. In Wirklichkeit gibt es aber wesentlich mehr Häuser, Hallen und Hütten in und um Asgard, als die Götter aus dem sonnigen Süden jemals zustande brachten. Die unzähligen Behausungen diverser Frost-, Reif- und Feuerriesen, Dunkelalben, Zwerge, Helbewohner, Nebelheimer und anderer nachgeordneter Lebensformen wie Nornen oder Eichhörnchen nicht einmal eingerechnet.
Doch noch einmal zum Wettbewerb der Götter »Mein Haus, mein Pferd, meine Yacht«.
Häuser haben sie alle, aber ein eigenes Schiff besitzt nur einer der Götter, nämlich Freyr den Skidbladnir, den »Luftsegler«, den haben ihm einst die Zwerge Brokk und Sindri gebaut.
»Halt!«, mag jemand einwenden, der bei Baldurs Begräbnis zugegen war. »Wurde nicht jener mit seinem Schiff Ringhorn feierlich-feuerlich bestattet?« Ja doch, nur scheint er das mächtige Boot zu Lebzeiten nie genutzt zu haben. Schließlich war es wegen des göttlichen Größenwahns so riesig und schwer gebaut, dass nur die Riesin Hyrrockin es in die See zu stoßen vermochte. Und das tat sie bekanntlich erst nach Baldurs Tod.
Mit Asen und Pferden sieht es schon besser aus, Heimdall besitzt zwei, Baldur drei und Odin gar sechs davon. Viele Götter setzen allerdings auf andere Tiere, wenn es um Fortbewegungsmittel geht – Freyja auf Luchse, Thor auf Ziegenböcke und Freyr auf den Eber Gullinborsti.
Und dann gibt es ja noch die prächtigen magischen Werkzeuge, mit denen man trefflich angeben kann. Zum Beispiel den alles zermalmenden Hammer Mjöllnir mit eingebauter Bumerangfunktion oder den Speer Gungnir, der nie sein Ziel verfehlt und alle Feinde tötet, über die er hinwegfliegt. Weniger destruktiv ist da Odrörir, der Dichter- oder Skaldenmet, nach dessen Genuss auch der Unbegabteste göttlich zu dichten vermag.
Natürlich ist nichts von alledem das Werk der Götter. Die meisten magischen Artefakte wurden von Zwergen in mühevoller Arbeit erschaffen und dann von »denen da oben« schlicht enteignet.
Was bei »denen da unten« nicht gerade auf Sympathie stieß.
*
Die Insel am Ende der Welt
Lange Zeit segelte
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