Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler
die Gublas Stolz an der Steilküste des fremden Landes entlang, doch nirgends fand sich ein Platz, an dem eine Landung möglich gewesen wäre. Als die Küste endlich flacher wurde, verhinderte eine starke Strömung jeden Versuch, an Land zu gehen. Das Schiff trieb immer weiter nach Westen. Erst als die Tajarim ein Kap erreichten, peitschten heftige Winde die Gublas Stolz nach Norden auf die Insel zu.
Bald entdeckte der Ausguck eine Siedlung mit einem natürlichen Hafen. Uartu, der Steuermann, befahl, alles für die Landung vorzubereiten.
Problemlos steuerten die phönizischen Seeleute das Schiff in das kleine Hafenbecken, in dem nur ein einziges schlankes Drachenboot lag.
Vorsichtig spähten die Tajarim vom Deck ans Ufer, wo sie ihrerseits von misstrauischen Einheimischen beäugt wurden. Kräftige blonde und rothaarige Männer in Fellkleidung flickten Fischernetze, andere besserten einen Kahn aus. Nun unterbrachen sie ihre Arbeit und schlenderten langsam auf die Gublas Stolz zu. Seshmosis wurde mulmig zumute. Auch den anderen Tajarim und den Phöniziern war die Anspannung ins Gesicht geschrieben.
Da rief der vorderste der Kerle: »Willkommen in Hafnir, Fremde! Wollt ihr Handel treiben?«
Wie immer sorgte GON auf verborgene Weise dafür, dass es keine Sprachbarrieren gab.
»Dank für das Willkommen! Ja, wir wollen handeln!«, antwortete Zerberuh als Kapitän. Dabei hielt er ein Stoffbündel zum Zeichen der friedlichen Absichten in die Höhe.
Als hätten sie auf dieses Zeichen gewartet, tauchten nun auch Frauen und Kinder an der Mole auf und betrachteten neugierig das fremdartige Schiff und seine Passagiere. Wuchtig und breit lag die Gublas Stolz neben dem Drachenboot wie eine Kuh neben einem Rennpferd.
»Ich bin Einar Robbenfang. Wenn ihr in dieser Gegend Handel treiben wollt, braucht ihr eine Genehmigung unseres Häuptlings Frodi. Kommt von Bord, und ich will euch zu ihm führen«, forderte sie der Sprecher der Einheimischen auf.
»Wir folgen euch gern!«, rief Kapitän Zerberuh. »Bitte habt noch ein wenig Geduld, wir müssen noch unsere Vorbereitungen treffen.«
Derweil band Seshmosis den Umhängesack, GONs mobilen Wohnsitz, an den großen Mast und rief die Tajarim zur Stunde des Dankes.
Alle, auch die Phönizier, sammelten sich rund um den Hauptmast und beugten die Knie. Vor allem drei der Tajarim benötigten den Schutz des kleinen Gottes mehr denn je.
Seshmosis blickte über die kleine Gemeinde, dann betete er:
»Herr, wir danken dir, dass du uns wohlbehalten hierhergeführt hast. Bitte steh uns auch weiterhin bei. Wir danken dir, dass du über uns wachst.«
Nach einigen Augenblicken der Innerlichkeit und des Schweigens zerstreute sich die kleine Versammlung, und jeder ging seinen Geschäften nach. Die Phönizier vertäuten und sicherten das Schiff, und von den Tajarim bereitete sich jeder emsig auf seine Art auf den Landgang vor.
Aufgeregt sammelte Seshmosis ein paar seiner Habseligkeiten zusammen: einen Umhang, eine Decke und den kleinen Lederbeutel mit einigen Gold-, Silber- und Kupfermünzen. Zuletzt schnürte er den Ledersack vom Mast und hängte ihn sich über die Schulter. Niemals durfte er in diesen Sack auch nur die geringste Kleinigkeit packen, denn GON wohnte darin.
Dann verließen alle Tajarim bis auf Zerberuh, Aruel und Raffims Diener Jubul das Schiff.
Seshmosis betrachtete die Siedlung, die nur aus einigen gedrungenen Häusern und Hütten aus Feldsteinen bestand. Der ganze Ort duckte sich tief in die Landschaft. Die bemoosten Dächer schienen mit der Umgebung zu verwachsen und unterschieden sich aus der Ferne kaum von natürlichen Erhebungen.
Gleich hinter dem Dorf stieg das Land sanft an, immer höher und höher, bis hinauf zu einem Vulkan, dessen Rauchsäule die Erde mit dem Himmel verband.
Der Schreiber war beeindruckt. Zwar hatte er Berichte über Feuer speiende Berge gelesen, und er wusste, dass es sie sogar im südlichen Sinai gab, nicht fern von seiner Heimat, aber noch nie war er einem so nahe gewesen.
Während der Blick von Seshmosis noch in die Ferne schweifte, erreichte die kleine Gruppe das größte Steinhaus der Siedlung. Vor dem Haus standen vier Stangen mit Pferdeköpfen darauf. Nicht besonders heimelig, dachte der Schreiber.
Hinter der kleinen, aber schweren Holztür erstreckte sich ein langer, düsterer Raum, an dessen Ende ein Feuer in einem großen Kamin brannte.
Daneben stand ein hölzernes Gestell, der sogenannte Hochsitz des Hausherrn, der versonnen in die
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