Die Nonne und der Harem
plötzlich versonnen und machte sich eine gedankliche Notiz, unbedingt ihre Giftringe zu überprüfen, ob auch alle mit dem besten Pulver gefüllt waren.
Dann allerdings, nachdem Maximilien gegangen war, um die Vorbereitungen zur Heeresinspektion in Angriff zu nehmen, sprach sie lange mit ihrer Tochter, um alles über diesen Damian de Jousfeyrac zu erfahren. Bevor sie nicht überzeugt war, würde ein Jousfeyrac nicht ihre Zustimmung als Schwiegersohn erfahren.
D ie Anzahl und Farbe der Zelte war beeindruckend. Wie kleine Miniatur-Schlösschen mit einem Wimpel auf der Spitze thronten sie auf dem flachen, aber weiträumigen Hügel. Sie trugen Rot und Silber, die Farben Herzog Honoré de Ravfleurs, der das Heer des Königs als Feldmarschall anführte und der Oberkommandierende in der bevorstehenden Schlacht war. Nachdem sie sich bei Bliardouai versammelt hatten, waren sie täglich etwa fünfzehn Kilometer marschiert, was angesichts des großen Trosses und der verschiedenen Heerteile, die sich auch hinsichtlich der Qualität deutlich unterschieden, keine geringe Leistung darstellte.
Maximilien de St. Courchose blickte über die Schulter zurück und warf einen Blick auf die blau-silbernen Zelte seines Heereskontingentes und des Trosses, der unterhalb des Hügels neben einem kleinen Wäldchen lagerte. Seine Frau Pierrette war in Sicherheit, das war ihm das Wichtigste, auch wenn sie alles andere als erfreut gewesen war, ihn auf diesem Kriegszug begleiten zu müssen. In diesem Fall bestand er jedoch darauf, denn der Sieg würde ein Leichtes sein und er konnte endlich einmal seiner Frau vor Augen führen, zu welchen Taten er wirklich fähig war. Sein Kämmerer hatte Schloß Fontainevert kompetent unter Kontrolle und würde in der Lage sein, Schloss und Gut angemessen zu verwalten, bis sie von dem kleinen Kriegsausflug mit Beute beladen zurückkehrten. Yseult war nach den furchtbaren Erlebnissen zu Hause auf Schloss Fontainevert geblieben, um sich zu erholen.
Der Graf lenkte sein Pferd, als er den Hügel erreicht hatte, durch die Wachen hindurch und stieg vor dem Feldherrnzelt im Zentrum ab. Ein Soldat führte sein Ross fort und er warf einen Blick nach Norden, wo er die belagerte Stadt Asbourt und ihre eindrucksvollen Festungsmauern im Licht der aufgehenden Sonne erkennen konnte. Sehr viel weiter hinter Asbourt vermeinte er das Lager der Osmanen zu sehen, war sich aber nicht völlig sicher, da es sehr weit entfernt war. Er betrat das Feldherrnzelt, in dem bereits alle Offiziere und der Herzog selbst Aufstellung um einen Kartentisch genommen hatten und diesen studierten.
Herzog Honoré de Ravfleur stand am Kopf des Tisches. Er hatte seinen goldenen Prunkharnisch angelegt im Bemühen, Autorität auszustrahlen. Unter der braunen Allongeperücke furchten sich Sorgenfalten auf seiner Stirn. Zu seiner Rechten sekundierte ihm sein Kanzler Aldéric de Montcy. Auch er strich sich sorgenvoll durch seinen weißen Grand-Bart und über den langen Schnurrbart, der bis zu den Wangen reichte. In seinem roten Feldwams wirkte er eher wie ein Kardinal denn wie ein Soldat auf dem Schlachtfeld. Die junge Nonne Heloïse erkannte Maximilien hinter dem Herzog. Sie liebte es anscheinend, im Hintergrund zu bleiben und ihre weiße Tunica mit dem schwarzen Skapulier der Zisterzienser ließ sie unpassend wie eine Friedenstaube erscheinen.
Links vom Herzog vervollständigten der massige Rainier de Ontceaux mit seinem quadratischen, roten Vollbart, der “Schönling” Pharamond de Drientou mit braunen Haaren und Schnäuzer sowie sein Intimfeind Charles de Jousfeyrac die Reihe der höchsten Berater und Offiziere des Herzogs. Auch sie waren in einen Brustharnisch gekleidet und auch sie strichen sich nachdenklich durch die Gesichtshaare.
»Gibt es Probleme?«, erfasste Maximilien die Lage und nickte grüßend in die Runde.
Der Herzog blickte den Grafen von Fontainevert an und tippte ohne weitere Umschweife auf die Karte. »Die Lage ist kritischer, als wir angenommen hatten. Unsere Stellung ist hier, östlich von Asbourt.« Er tippte mit einem Zeigestock auf die Karte. Dann fuhr der Stock westlich zu der belagerten Stadt.
»Die Stadt wird bereits seit drei Wochen belagert und von schwerer Artillerie beschossen«, brummte Rainier de Ontceaux mit seinem fremdartig klingenden Dialekt, bei dem das “R” bedrohlich wie Donner rollte.
Maximilien schnaufte verächtlich. »Wie kann dies ein Problem darstellen? Artillerie von einigen Heiden? Reden
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