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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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fielen sie fast aus dem Sattel, und Hans bat um eine längere Rast. Sie standen am Eingang von Malcesine, und bei ihrem müden Ritt durch die Gassen klapperten die Hufe vernehmlich. Am Fuß der Burg gab es einen Grashügel, auf dem sie sich niederließen und die Pferde grasen ließen. Den schwarz schimmernden See vor Augen, schlummerten sie ein, in ihre wollenen Decken gehüllt.

36.
    Celina erwachte schweißgebadet. Sie hatte geträumt, dass der Mann mit der Maske sie unter Wasser drückte, bis sie ertrank. Nur langsam glitten die Bilder von ihr weg. Von draußen kamen die Stimmen der Gondoliere, der Fischer und Marktfrauen; eine blasse Novembersonne schien zum Fenster herein. Sie musste so schnell wie möglich ein Schiff finden, das sie und Andriana zum Bosporus brachte. Den Brief mit der Adresse in Konstantinopel trug sie immer bei sich. Um von den Signori della Notte nicht erkannt zu werden, trug Celina Männerkleider. Den Tag verbrachten sie und Andriana damit, Reiseutensilien für die Überfahrt zu besorgen. In der Zecca , der Börse Venedigs gegenüber vom Dogenpalast, bekam sie Geld aus dem Vermögen ihrer Eltern, nachdem sie sich als Tochter der Garganas ausgewiesen hatte. Davon besorgte sie einen Lederkasten und einen Weidenkorb für ihre Kleider. Früher hatte sie einige solcher Kästen gehabt, auch aus Holz, aber die standen alle in Bassano del Grappa, und sie hatte keine Zeit mehr, sie dort zu holen.
    Am Nachmittag ging sie mit Andriana zum Markusplatz, um nach einem Schiff zu fragen, das in den nächsten Tagen Richtung Bosporus auslaufen würde. Am Kai, zum großen Arsenale hin, in dem die Schiffe der Stadt gebaut wurden, lagen einige Galeeren, kenntlich durch den Rammsporn am Bug, und Galeassen, alle dreimastig und mit Kanonen bestückt, die Galeassen etwas plumper in der Ausführung. Andriana trat auf einen Mann zu, der sich gewichtig mit zwei anderen Männern unterhielt und der Kapitän eines der Schiffe zu sein schien. Er war mitPumphosen und einem orientalisch bestickten Mantel bekleidet.
    »Gibt es hier ein Schiff, das in den nächsten Tagen nach Konstantinopel fährt?«, fragte Andriana.
    »Ja, gute Frau, ich selbst bringe eine Galeasse nach Indien, mit orientalischen Gewürzen, Wein und Öl. Auf der Rückfahrt laden wir Pfeffer und Seidenstoffe. Wollt Ihr eine Passage haben?«
    »Ja, für mich und meine Freundin.« Der Kapitän warf ihnen einen abschätzigen Blick zu.
    »Ganz ohne männliche Begleitung? Nun, Ihr müsst es wissen. Mit jeweils zehn Golddukaten seid Ihr dabei.«
    Celina zahlte das Geld und erhielt dafür zwei Passagierscheine. Sie wandten sich zum Gehen.
    »Morgen, früh um die Stunde sechs, stechen wir in See«, rief der Kapitän ihnen nach. Die beiden holten ihr neu erworbenes Gepäck, das sie beim Händler abgestellt hatten, und begaben sich zu Brinellos Haus.
    Die Silhouette der Serenissima versank im Dunst der untergehenden Sonne. Celina stand mit Andriana am Heck der Venezia Grande, einem Handelsschiff der venezianischen Flotte. Das Schiff hatte seine drei Segel gesetzt und nahm Kurs nach Südosten, auf den fernen Bosporus zu. Es sollte Zwischenstation in Zadar machen und dort Marmorsteine aufnehmen, die für herrschaftliche Bauten in Konstantinopel gebraucht wurden. Es wehte eine kräftige Brise, die Ruderer unter Deck waren noch nicht zum Einsatz gekommen. Celina war froh darüber, denn die Männer taten ihr leid.
    »Jetzt geht es in eine neue Welt«, sagte sie zu Andriana,. »Und eigentlich sollte ich mich freuen, dass alles so glimpflich ausgegangen ist. Trotzdem bin ich sehr traurig.«
    »Das ist doch kein Wunder«, erwiderte ihre Freundin.»Das, was du durchgemacht hast in diesem einen Jahr, das hinterlässt seine Spuren.«
    »Der Abschied von Christoph ist mir nicht leicht gefallen. Auch von den anderen nicht.«
    »Liebst du ihn?«
    Celina wurde rot.
    »Ja … ich … glaube schon. Ich glaube nur eigentlich nicht an die Liebe zwischen Mann und Frau.«
    »Wenn ich daran glauben würde, wäre ich nicht Kurtisane geworden. Ist dir einmal aufgefallen, dass Tullia d’Aragona ihr Leben der fleischlichen Liebe verschrieben hat und von einer ›höheren‹ Liebe spricht? Ich selbst glaube daran, dass es eine Brüderlichkeit oder Schwesterlichkeit zwischen den Menschen gibt und Gott uns den Weg zu dieser Liebe weist, auch wenn die meisten diesen Ruf nicht hören und ihm nicht folgen.«
    »Ich bin froh, dass du mich begleitest«, antwortete Celina. »Vielleicht hätte ich

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