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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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dieses letzte Kapitel auch allein geschafft, aber es ist gut, jemanden an seiner Seite zu haben.«
    »Du musst dich entscheiden, Celina.«
    »Ja, aber … du weißt schon.«
    »Ich weiß gar nichts. Erinnerst du dich an die Gedichte von Petrarca?«
    »Die sicher auch schon den Flammen zum Opfer gefallen sind.«
    »Und daraus wie Phönix aus der Asche neu erstehen werden! Willst du eines hören?«
    »Aber ja doch, meine Liebe.«
    Andriana rezitierte mit lauter Stimme, und es hallte über das dunkler werdende Meer hinaus: Celina standen Tränen in den Augen.
    »Viele von Petrarcas Gedichten sind ebenfalls verbrannt worden. Alles, was ich zu lieben gelernt hatte, wurde vernichtet«, sagte sie.
    »Denk daran, wie viele Menschen schon verbrannt wurden, wie viele ihrer Bücher – und doch hat das, woran sie glaubten, überlebt«, entgegnete Andriana.
    In der Ferne waren nur noch winzige Lichtpunkte von der Stadt zu sehen. Über ihnen breitete sich ein Sternenhimmel aus, wie ihn Celina in solcher Klarheit und Kälte noch niemals erblickt hatte.
    »Ich denke gerade an Pietro Pomponazzi«, nahm Andriana den Faden wieder auf.
    »Wer ist das?« Celina kannte zwar einige wichtige Dichter und Gelehrte, aber diesen Namen hatte sie noch nie gehört.
    »Pomponazzi schrieb in seinem Hauptwerk De Immortalitate Animae über die Unsterblichkeit der Seele. Anders als die gängige Meinung verwarf er jeden Glauben daran. Moses, Christus und Mohammed hielt er für Betrüger, zweifelte an der Existenz nichtmaterieller Geister wie Engel und vertrat die Lehre von der doppelten Wahrheit.«
    »Was ist die doppelte Wahrheit?« Celina erinnerte sich an die Gespräche, die sie mit Christoph auf der kleinen Insel bei Venedig geführt hatte. Schon damals fühlte sie sich als Lehrerin und Schülerin zugleich.
    »Er behauptete, es gebe eine wissenschaftliche und eine glaubensmäßige Wahrheit. Das Wesen des Menschen liege in der Fähigkeit, über die Natur hinauszugehen, zumindest gedanklich. Deshalb liege seine Bestimmung nicht im Jenseits, denn die Seele sei immanent, sondern im Aufbau einer moralischen Ordnung im Diesseits. Der Lohn dieses Handelns sei Glückseligkeit, weil seine Tugendhaftigkeit ihn glückselig mache. Seine Botschaft lautet: Tue dir und deinem Nächsten Gutes, dem Lasterhaften wird das Laster selbst zur Plage. Pomponazzi versuchte mit allerlei Wendungen, sich nicht allzu weit von der Lehre der katholischen Kirche zu entfernen, natürlich, um sich zu schützen. Trotzdem wurde sein Werk damals verbrannt.Außerdem wurde er bei der römischen Kurie wegen Frivolität und Ketzerei angeklagt. Zu seinem Glück setzte sich der spätere Kardinal Pietro Bembo für ihn ein, so dass er vor kein Kirchengericht kam.«
    »Was willst du mir nun damit sagen?«, fragte Celina.
    »Damit will ich sagen, dass die Inquisition sich ihre eigenen Überwinder heranzüchtet und damit zu ihrem eigenen Untergang beiträgt«, erklärte Andriana.
    Auf der Galeere gab es trotz des beengten Raumes zwei Bereiche: Vom Achterdeck aus, das mit Täfelungen und Schnitzwerk verziert war und über dem ein Sonnensegel Schatten spendete, wurde das Schiff befehligt und gesteuert. Von diesem Deck aus gelangte man über eine schmale Stelling auf die Back. Hier standen Kanonen, die in Fahrtrichtung ausgerichtet waren, und hier warteten auch die Soldaten, wenn das Schiff sich auf dem Weg zu einer Seeschlacht befand, wie der Kapitän Celina erzählte, als sie am nächsten Morgen aus ihrer Kajüte im Unterdeck kam. Links und rechts von der Back befand sich jeweils eine kleine Plattform, auf denen ein Beiboot sowie der Kochherd standen. Warmer Gerstenbrei und Schiffzwieback wurde an alle ausgeteilt, auch an die Passagiere.
    »Ein Deck tiefer sitzen die Ruderer«, erzählte der Kapitän.
    Andriana erschien jetzt ebenfalls und gähnte.
    »Die Venezia Grande ist ein kleines Handelsschiff und hat deshalb nur vierzig Ruderer in seinem Bauch«, erzählte der Kapitän weiter. Celina schaute zum Horizont, der eine Linie zwischen dem glitzernden Meer und der azurnen Bläue des Himmels bildete. Fliegende Fische schossen aus dem Wasser, um gleich darauf wieder zu verschwinden. Obwohl es bereits Mitte Oktober war, brannte die Sonne noch mit ziemlicher Kraft herab.
    »Es sind Sklaven, Sträflinge und Kriegsgefangene, die unsere Schiffe rudern.«
    »Woher kommen sie?«, fragte Celina.
    »Von überall her, aus Afrika, Arabien, Kroatien … wir haben auch schon Piratenangriffe überstanden. Mit

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