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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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schließlich.
    »Das Zeichen des Löwen!«, entfuhr es Celina.
    »Schaut in der Biblioteca Marciana nach, die Schriften dort werden Euch weiterhelfen«, sagte der Abt. »Und was Eure Frage nach den Verlegern und Buchdruckereien angeht: Noch in diesem Herbst ist eine große Bücherverbrennung geplant. Aber das pfeifen ja schon die Spatzen von den Dächern.«
    »Ehrwürdiger Vater, ich danke Euch von Herzen für das, was Ihr uns berichtet habt«, sagte Christoph und küsste den Ring des Abtes. Celina tat es ihm nach. Sie übergab dem Abt den Erpresserbrief, weil er noch einmal als Beweisstück dienen sollte, sie jedoch nicht sicher war, ob er ihr nicht abgenommen oder gestohlen werden könnte. Murare nahm den Brief, steckte ihn in seine Kutte, legte ihnen die Hand auf den Kopf, drehte sich um und ging langsam den Weg zurück zur Kirche. Die beiden wandten sich in die entgegengesetzte Richtung, fanden den Fischer am Ufer der Lagune sitzend und an einem Grashalm kauend. Als sie den Markusplatz erreichten, hatte die Sonne ihren Zenit schon überschritten.
    Durch das Gewirr von Händlern und Ständen erreichten sie die Piazetta San Marco. Die Biblioteca Marciana war aus wertvollen Stiftungen hervorgegangen, erinnerte sich Celina. Die erste Schenkung erfolgte 1362 durch Francesco Petrarca; er vermachte der Stadt seine Handschriftensammlung. Durch weitere Schenkungen entwickelte sich die Bibliothek zu einem Zentrum humanistischer Studien. Über eine Prachttreppe gelangten sie in die Bibliotheksräume. Am Eingang standen die Überreste des goldenen Schlachtschiffes Bucintoro , das in den Himmel geflogen sein sollte. Die Bibliothek beeindruckte Celina sehr. Bilder von Veronese und Tizian hingen an den Wänden. Die Säle waren mit Stuck, Medaillons und Fresken ausgeschmückt. Vom Aufseher erhielten sie die Erlaubnis, sichzwei Stunden in den Bibliotheksräumen aufzuhalten, und setzten sich nebeneinander an einen Tisch. Celina ließ die Augen schweifen. Bücher, soweit man sah, in Regalen an den Wänden; in einem Nebenraum war das Archiv. Sie stand auf und betrachtete die Bände. Viele Aufschriften waren in Lateinisch oder Griechisch abgefasst, einige in Italienisch. Sie waren in Leder oder Pergament gebunden, mit teilweise rissiger Oberfläche. Die Vielzahl der Bücher verwirrte und erdrückte Celina. Wonach suchten sie eigentlich? Sie ging zurück an den Tisch und flüsterte Christoph zu: »Wonach sollen wir denn genau suchen?«
    »Gute Frage«, gab er ebenso leise zurück. »Schau mal, ob du ein Buch über den Markuslöwen findest.«
    Celina stand auf und sah wieder die Reihen der Bücher durch. Staub stieg ihr in die Nase, und sie musste niesen. Hatte da jemand leise glucksend gelacht? Sie sah zu Christoph hinüber. Er saß unbewegt über ein Buch gebeugt. Da, dieser Band könnte es sein: Martyrium Evangelistae Marcus . Ihr stieg das Blut in den Kopf, und sie kehrte aufgeregt zu Christoph zurück.
    »Schau mal«, flüsterte sie«, »was ich gefunden habe.«
    »Hervorragend!«, raunte er zurück. Er blätterte in dem Buch. »Das ist eine gute Entdeckung. Ich glaube, wir haben jetzt einen ersten Hinweis, der uns bei unseren Nachforschungen weiterhilft.«
    »Was meinst du damit? Das Latein ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln, auch wenn ich diese Sprache in ihren Grundzügen gelernt habe.«
    »Celina, merkst du was? Wir hätten gar nicht in die Bibliothek zu gehen brauchen.«
    Der Aufseher, ein kleiner, vertrockneter Mann mit Augengläsern, dem man das viele Lesen ansah, blickte vorwurfsvoll zu ihnen herüber.
    »Komm, wir haben, was wir brauchen«, sagte Christophund nahm Celina an der Hand. Zusammen eilten sie aus den Bibliotheksräumen hinaus die Treppe hinunter.
    »Was ist es denn Wichtiges, das du in diesem Buch gefunden hast?«, fragte sie atemlos, als sie in der Nachmittagssonne auf der Piazetta San Marco standen. Er zog sie zu einer Ecke des Platzes, an dem sich weniger Menschen aufhielten.
    »Überleg doch mal! Was hat uns der Abt Murare gesagt?«
    »Wir sollten in der Biblioteca Marciana nach dem geflügelten Löwen schauen.«
    »Und?«
    »Der Abt von Convertite heiße gar nicht Cornelli, sondern …«
    »Na?«
    »Lion. Das erinnert mich an leone , Löwe.«
    »Und der Löwe steht hier auf dem Markusplatz. Was weißt du über diesen Löwen?«
    »Im neunten Jahrhundert, glaube ich, wurden die Gebeine des heiligen Marcus nach Venedig überführt. Er ist einer der Evangelisten, die das neue Testament geschrieben

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