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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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das Kloster aufgenommen worden sei. Hans machte jedoch seinen Einfluss beim Zehnerrat geltend und bewirkte, dass Nanna auf dem Friedhof der Kirche San Stae begraben wurde. Es kamen nur wenige Trauergäste zur Beerdigung, unter ihnen Hans, Celina, Christoph und Brinello. Der einfache Holzsarg wurde aus der Kirche, wo ein Priester eine kurze Predigt gehalten hatte, in einer kleinen Prozession auf den Friedhof hinausgetragen, allen voran der Priester, der ein silbernes Kreuz hochhielt. Ein frischer Wind wehte Celina entgegen, während sie den Sargträgern folgte. Sie konnte ihre Tränen kaum zurückhalten. Warum musste es ausgerechnet Nanna treffen, und sie selbst war aus allen Gefahren herausgekommen? Hatte man nicht auch versucht, sie zu beseitigen? Lag es daran, dass sie Freunde hatte, die sie beschützten? Hätte sie Nanna mehr beschützen müssen? Aber das Mädchen hatte sich ja gegen jede Hilfe gewehrt! Rechts und links des Weges standen die Gräber, einige fast so groß wie ein Haus, aus Marmor und mit allem Prunk und Pomp, andere dagegen klein und unscheinbar. Die Natur hatte sich ihren Bereich zum Teil zurückerobert; viele der Grabsteine waren halb unterMoos und Efeublättern verschwunden. An einer frisch ausgeworfenen Grube blieb die kleine Gruppe stehen. Die vier Träger ließen den Sarg an dicken Seilen herab. Dumpf polternd schlug die Kiste auf dem Boden auf. Der Priester nahm einen Brocken Erde in die Hand, warf ihn in die Grube und sprach:
    »Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobt.« Ein Schwarm Krähen erhob sich krächzend in die Luft und ließ sich auf einer entfernten Zypresse nieder. Nacheinander warfen alle eine Handvoll Erde in das offene Grab. Bei einem der Männer in der Kleidung eines adligen Patriziers stutzte Celina. Er hatte die Kapuze seines Mantels tief ins Gesicht gezogen. Diesen Mann hatte sie doch schon einmal gesehen, aber sie kam nicht darauf, wo. Der Mann bückte sich, nahm etwas Erde in seine Hand, knetete sie eine Zeitlang und warf den Brocken ins Grab hinab. Celina beschloss, die anderen später zu fragen, wer dieser Mann gewesen sei.
    Nach der Beerdigung saßen die drei in einem der Gasthäuser, das von Tagelöhnern und Fischern besucht wurde. Der Lärm im Raum schwoll an, weil zwei Fischer miteinander in Streit geraten waren. Celina hob die Stimme. »Ich glaube, wir sind es Nanna schuldig herauszufinden, wer das getan hat.«
    »Aber wo sollen wir anfangen?«, wollte Hans wissen.
    »Der einzige Anhaltspunkt ist für mich im Moment der Mann, der an ihrem Grab stand und die Erde in seiner Hand knetete, bevor er sie hineinwarf. Kann mir jemand sagen, wer das war?«, fragte Celina.
    »Hast du es schon vergessen? Wir hatten doch fast einen Streit deswegen«, antwortete Christoph.
    Die Bedienung brachte vier Krüge mit Bier und stellte sie vor ihre Gäste hin.
    Celina fiel es wie Schuppen von den Augen.
    »Ach, du meinst den Abt von Convertite? Den habe ich ganz anders in Erinnerung. Was hatte der denn da zu suchen?«
    »Nanna war immerhin ein Zögling seines Klosters«, sagte Brinello.
    »Dann müssen wir noch einmal zum Kloster«, meinte Celina. »Am besten gleich heute noch.«
    Der Septembernachmittag war kühl und dunstig, als sich Christoph und Celina auf den Weg zum Kloster Convertite machten. Durch den Kreuzgang, in dem lesende Brüder in schwarz-weißer Ordenstracht umhergingen, gelangten sie ins eigentliche Kloster, dessen Pforte von einem Mönch bewacht wurde.
    »Was ist Euer Begehr?«, wurden sie gefragt.
    »Wir sind Abgesandte des Großen Rates und sollen prüfen, wie es um die Tugend der Mädchen steht«, antwortete Christoph schlagfertig.
    »Ach, wirklich? Könnt Ihr Euch ausweisen?«
    Christoph zog einen Dukaten aus seinem Mantel. Der Pförtner streckte schnell die Hand nach dem Geld aus und barg es in seiner Kutte.
    »Dann schicke ich Euch am besten zum Abt«, sagte er mit zufriedenem Gesichtsausdruck. »Normalerweise ist er unterwegs, aber heute ist zufällig der Tag, an dem er hier einiges zu tun hat. Bis er Euch empfängt, könnt Ihr an der Prim mit dem Hochamt teilnehmen und Euch davon überzeugen, dass hier alles seinen geordneten Gang geht.«
    Der Mönch führte sie in den Kapitelsaal. Dort saßen etwa hundert schwarzgekleidete junge Nonnen in demütiger Haltung auf den Kirchenstühlen. Ein Priester las eine kurze Predigt, dann einige Sätze aus der Ordensregel. Danach begann ein Mönch, Namen von einzelnen Nonnen

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