Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)
mir vorstellen, dass Sie nur eine winzig kleine Menge hineingeschüttet haben, und es ist klar, dass es keine Wirkung haben konnte.›
Ich gab ihr das übrig gebliebene Pulver und ging weg.»
Daraufhin wollte Maria Luisa einen weiteren Versuch mit Zitronenlimonade unternehmen; wieder sollte Opium als Gift dienen. Erneut wurde Maria Ignazia mit der Durchführung betraut: «Da ich mich auch in diesem Zimmer befand, sagte sie zu mir: ‹Schütten Sie drei Tropfen von dem Wasser mit dem Opium hier hinein.›
Ich machte sie darauf aufmerksam, dass dieses Wasser eine dunkle Farbe hatte, während die Limonade weiß war, sodass diese sich färben würde.
Aber sie wandte ein: ‹Sie müssen es aus Gehorsam tun.›
Sie ließ das Glas dort stehen; kaum war sie aus der Tür heraus, traf sie Maria Giuseppa und schrie laut: ‹Was soll das? Was soll das heißen, was behaupten Sie? Solche Sachen passieren nicht im Haus Gottes.›
Maria Giuseppa antwortete: ‹Aber wenn Sie nichts in die Limonade hineingeschüttet haben, was macht dann Maria Ignazia in diesem Zimmer?›
‹Ich stand an der Tür›, sagte ich. ‹Ich stehe nur hier, ich tue nichts.›
Die Meisterin nahm dann das Glas mit der Limonade, ging zur Äbtissin und sagte: ‹Was soll das? Maria Giuseppa glaubt, dass etwas in die Limonade geschüttet wurde. Hier, es ist nichts darin.›
Die Meisterin und die Äbtissin tranken die Limonade in Anwesenheit von Maria Giuseppa, um ihr zu demonstrieren, dass nichts darin war. In der Tat gab es nichts, weil ich die drei Tropfen, die ich im Auftrag der Meisterin hineinschütten sollte, noch nicht in die Limonade gegossen hatte.»
Nach dieser Aktion war Maria Ignazia nicht länger bereit, weitere Befehle Maria Luisas zur Vergiftung der Fürstin auszuführen, und sagte ihr, sie wolle zurück ins Noviziat, womit die Novizenmeisterin schließlich einverstanden war. Damit war Maria Luisas wichtigste Komplizin ausgeschieden.
Die Madre Vicaria wollte aber nicht aufgeben und kam noch einmal auf die Idee mit dem Terpentin zurück, auf die sie Agnese Celeste gebracht hatte. Sie beauftragte Franceschetti, für die Apotheke eine Pille Terpentin zu besorgen. Weil der Anwalt, als er ihr die Pille übergab, sie jedoch warnte, dass «wo immer sie etwas berührt, es sofort brennen kann», erschrak sie heftig und warf die Pille weg.[ 43 ]
Spätestens zum Jahreswechsel 1858/59 ebbten die Vergiftungsversuche ab, schließlich hörten sie ganz auf. Ob dies wirklich, wie Katharina in ihrer Denunzia berichtete, auf ein klärendes Gespräch mit Maria Luisa am Morgen des 16. Dezember zurückgeht, steht dahin.
Katharina erholte sich langsam von den Folgen der Anschläge, verzichtete aber in den nächsten Monaten auf fast alle Speisen und Getränke, die man ihr anbot. Insbesondere trank sie keine Schokolade zum Frühstück mehr. Sie aß nur noch Brot und trank Wasser, von denen sie glaubte, dass sie nicht vergiftet sein konnten. Da sie immer noch unter schweren Verdauungsstörungen litt, ließ die Äbtissin im Frühling aus einer Apotheke wiederholt «versiegeltes Abführmittel aus Molke» für sie besorgen. Einige Male war das Siegel an den Fläschchen aber zerbrochen. Daraufhin setzte die Äbtissin selbst die Kur aus. Sie wollte offenbar auf Nummer sicher gehen. Katharina sollte sich in der Ordensgemeinschaft wieder ungefährdet fühlen. Das Ziel war, die Fürstin unbedingt im Kloster zu halten und einen Austritt zu verhindern, der ihr die Gelegenheit gegeben hätte, draußen über die Geheimnisse und Vorkommnisse von Sant’Ambrogio zu erzählen. Erst einmal sollte Gras über die ganze Angelegenheit wachsen.
Im Frühsommer 1859 nahm die Madre Vicaria ihre Vergiftungsversuche dann aber wieder auf. Dass ihr Hass auf Katharina keineswegs vorbei war, brachte Maria Luisa unmittelbar vor Ostern 1859 auch in einem liturgischen Rahmen noch einmal zum Ausdruck. Als sie den Novizinnen am Gründonnerstag die Füße wusch wie Jesus seinen Jüngern vor dem Letzten Abendmahl,[ 44 ] sagte die Novizenmeisterin, es gebe unter ihnen einen Judas, der im Moment aber in der Kirche nicht anwesend sei. Die einzige Nonne, die bei der Abendmahlsliturgie fehlte, war aber Schwester Luisa Maria alias Katharina von Hohenzollern-Sigmaringen. Damit erneuerte Maria Luisa ihren Vorwurf vom 8. Dezember 1858, als Katharina mit dem Strick um den Hals vor ihr kniete.
Nachdem Hohenlohe die Fürstin dann aus Sant’Ambrogio abgeholt hatte, erhielt die Äbtissin einen Brief der
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