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Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Titel: Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Wolf
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‹Leider! Es wäre gut, wenn dem nicht so gewesen wäre. Der Teufel hat meine Gestalt bei zu vielen anderen Gelegenheiten angenommen, so wie er es auch in diesem Fall getan hat. Sie haben die Tasse weggeworfen und noch andere Sachen erledigt, die Sie mir geschildert haben. Dies können Sie ungeniert abstreiten, da ich weiß, dass der Teufel auch Ihre Gestalt angenommen hat.›
    Ich fragte sie: ‹Wo waren Sie denn an jenen Tagen?›
    Sie antwortete: ‹Ich wusste alles, was geschehen würde im Voraus. Daher zog ich mich zurück und betete in den kleinen Zimmern im unteren Chor und verließ sie nur, wenn es unbedingt nötig war.›
    Sie wiederholte: ‹Bleiben Sie ruhig und sagen Sie kein Wort.›
    Ich versicherte ihr, dass ich mich bei ihrem Wort und Gewissen sicher fühlte und niemals etwas sagen würde.»
    Maria Luisa wandte wieder einmal – wie es Maria Ignazia treffend auf den Punkt brachte – ihre übliche Entschuldigungsstrategie an: Ich war’s nicht, es war der Teufel. Diese Behauptung war für ihre Mitschwestern nicht unglaubwürdig. Schließlich hatten sie bei der Tischlesung im Refektorium erfahren, dass der Teufel auch der heiligen Veronica Giuliani zu schaden versucht hatte, indem er ihre Gestalt annahm. Die 1727 verstorbene Kapuzinerin aus dem Kloster Città di Castello bei Perugia war 1839 nach langen innerkirchlichen Auseinandersetzungen zu den Ehren der Altäre erhoben worden. Die Passage in der Lebensbeschreibung der heiligen Veronica, auf die sich Maria Luisa in ihrem Gespräch mit Maria Ignazia bezog, lieferte ihr ein geradezu ideales Vorbild: «Nachdem der Teufel sich so zu Schanden gemacht sah, sann er auf Rache und wählte die List, sie als eine Heuchlerin und Gotteslästerin zu verschreien. Dazu nahm er öfter ihre Gestalt an und zeigte sich bald in dem Speisezimmer, bald in der Küche, bald in dem Speisebehältnisse, um da zur Unzeit heimlich und unordentlich zu essen. Da die Klosterfrauen dies sahen, ärgerten sie sich sehr, besonders weil sie diesen Anblick öfter kurz zuvor hatten, ehe Veronika zum Tische des Herrn trat. Gott aber verteidigte seine Dienerin und deckte den Betrug auf. An einem Morgen, zur Zeit der heiligen Kommunion, trafen einige Klosterfrauen die vermeintliche Veronika wieder essend an; sie eilten also auf den Chor, es der Oberin anzuzeigen, fanden aber die wahre Veronika schon dort im Gebete versammelt. … Wie sehr der Neid des Höllenfeindes gegen Veronika zunehmen musste, da er sich von ihr so schmählich überwunden und sie mit ihrem göttlichen Bräutigam so eng verbunden sah, lässt sich leicht denken. Er ließ keine List unversucht, um sie gegen ihren Bräutigam treulos zu machen, er stellte ihr alle verführerischen Frechheiten vor Augen, bisweilen nahm er sogar ihre Gestalt an und verübte mit anderen Teufeln, die sich in freche Jünglinge verstellten, solche Schandtaten, welche die Schamhaftigkeit und selbst die Natur verabscheut.»[ 48 ]
    Wie die Mitschwestern von Veronica Giuliani war jetzt auch Maria Ignazia auf den Teufel hereingefallen und hatte in dessen Auftrag mehrfach versucht, Katharina umzubringen. Maria Ignazia blieb mit ihren Fragen und Schuldgefühlen allein, die Madre Vicaria kannte kein Erbarmen und verdammte sie zum strikten Schweigen. Schließlich ließ sich ein Gespräch Maria Ignazias mit Pater Peters, der wegen der Giftmischerei unruhig wurde, aber nicht mehr vermeiden. Auch dafür erhielt sie von der Madre Vicaria präzise Anweisungen:
    «Als sich die Prinzessin auf dem Weg der Genesung befand, rief mich die Meisterin zu sich und sagte mir: ‹Sie werden von Pater Peters gerufen werden. Denken Sie an das Versprechen, das Sie mir gegeben haben, kein Wort über die Medizin und das Gift für die Prinzessin zu verlieren. Sagen Sie nur, dass ich ab und an in ihre Zelle gekommen bin, um ihr Mut zu machen und dass Sie und Maria Felice mich eines Nachts am Bett der Prinzessin gesehen haben, aber eine gewisse Ehrfurcht hatten; dass sich die Prinzessin komisch verhalten hatte und ich ihr versichert habe, dass ich in jener Nacht nicht in ihrem Zimmer war, sondern in meinem Bett lag und dass Maria Giacinta mich mit Verachtung aus der Zelle warf.›
    Ich begab mich zu Pater Peters und wurde zur Medizin und den vergifteten Arzneien befragt, die der Prinzessin verabreicht worden waren. Ich antwortete, dass davon nichts der Wahrheit entsprach, und stritt, wie ich der Meisterin versprochen hatte, alles ab. Ich verneinte sämtliche Punkte, die er aufs

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