Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)
Verdacht, Katharinas überraschende Krankheit könne auf Gift zurückzuführen sein, kam ihnen jedoch nicht. Doktor Gregorio Bernardo Riccardi hatte «nie irgendeinen Argwohn gehabt, dass die Krankheit der Prinzessin auf einen Missbrauch von Heilmitteln oder eine Zufuhr von gesundheitsgefährdenden Speisen zurückzuführen sein könnte».[ 41 ] Die Strategie Maria Luisas war aufgegangen: Das eingesetzte Gift war nicht feststellbar. Aber ihr eigentliches Ziel hatte sie noch nicht erreicht.
Um das Ableben der Fürstin weiter zu beschleunigen, wandte sich Maria Luisa an ihre Vertraute Maria Ignazia: «Könnten Sie nicht eine Sache für mich tun? Wenn die Prinzessin wie betäubt vor sich hin schlummert, nehmen Sie dieses Fläschchen mit Chloroform und halten es ihr unter ihre Nase, damit sie noch mehr betäubt wird.» Katharina verwendete Chloroform[ 42 ] regelmäßig für bestimmte «Salbungen», wie sie ihren Ärzten mitgeteilt hatte. Gestand sie damit indirekt ein, dass sie wie viele andere adelige Damen des 19. Jahrhunderts Chloroform «schnüffelte», um sich dadurch in rauschartige Zustände zu versetzen? Der Dunst, den das Chloroform verbreitete, war jedenfalls so stark, dass sie ihre Mitschwestern bei den Anwendungen aus der Zelle bitten musste. Schließlich hatten die Klosterärzte ihr Chloroform sogar ganz verboten, «für Italiener» sei es «schlicht unverträglich». Maria Ignazia wollte diesen typischen Geruch in Katharinas Zelle offenbar nicht riskieren. Sie brachte das Fläschchen daher in einen anderen Raum.
Als Katharina am Morgen des Mittwochs, des 15. Dezember, immer noch lebte, beauftragte Maria Luisa Franceschetti, weitere zwei Unzen Opium zu kaufen, was dieser auch umgehend erledigte. Maria Ignazia berichtete: «Ich sah es in ihrer Hand, als sie das Döschen aus der Tasche holte.
‹Hier›, sagte sie mir, ‹ich habe es kaufen lassen; wir werden es mit den Medikamenten vermischen, die die Prinzessin einnehmen muss.›
Die Ärzte aber verschrieben keine Medikamente mehr, weil Katharinas Befinden sich sehr verschlimmert hatte und sie nicht mehr in der Lage war, Medikamente einzunehmen; daher hatte man ihr kein Opium mehr verabreichen können, und die Behandlung musste mit Blutegeln weitergehen. Ich habe nie erfahren, was aus dem Opium geworden ist.»
Abermals begab sich die Madre Vicaria in die Klosterapotheke, um dort nach weiteren Giften zu stöbern. Maria Ignazia berichtete darüber: «An dem folgenden Morgen ging Pater Peters den Gottesdienst feiern; die Meisterin schickte mich zur Äbtissin, damit diese mir den Schlüssel der Apotheke gab, was sie tat, und den ich zur Meisterin brachte; diese ließ Schwester Maria Felice bei der Prinzessin bleiben und sagte zu mir: ‹Kommen Sie mit.›
Und dann: ‹Gehen Sie in unser Zimmer, nehmen Sie das Döschen und bringen Sie es mir in die Apotheke.›
Nachdem ich ihr das Döschen ausgehändigt hatte, fügte sie hinzu: ‹Bleiben Sie hier an der Tür der Apotheke, und passen Sie auf, ob jemand kommt; falls Maria Giuseppa kommt, sagen Sie mir sofort Bescheid.›
Sie blieb ziemlich lang darin; ließ dort die Kassette, kam heraus und zog die Tür zu; dann sagte sie zu mir: ‹Oh was für eine chaotische Apotheke wir in Sant’Ambrogio doch haben!›
Wir trennten uns. An dem Abend nahm sie mich mit in die Apotheke, um das Döschen zu holen, das sie mich wieder in ihre Zelle bringen ließ.»
Im Giftschrank der Klosterapotheke muss Maria Luisa das gefunden haben, was sie suchte. Denn am Donnerstag, dem 16. Dezember, gab sie Maria Ignazia ein Papiertütchen mit einem holzfarbenen Pulver und sagte: «Schütten Sie das in die Limonade für die Prinzessin, da es jeder Person den Verstand raubt und Erbrechen hervorruft.» Maria Ignazia nahm das Pulver «schweren Herzens» mit. Sie berichtete dem Inquisitor weiter:
«Schließlich entschied ich mich, eine winzig kleine Menge in die Limonade der Prinzessin zu schütten, um so zu bewirken, dass sie sie trinken würde. Ich tat es, aber dann war es mir unmöglich, die Limonade wegzubringen, bevor die Prinzessin mich um sie bat; ich musste sie ihr also geben. Sie trank nur ein Schlückchen davon, ohne etwas zu merken und ohne eine schlechte Wirkung zu spüren. Ich brachte dann das Zitronenwasser prompt weg; ich begegnete der Meisterin und sagte zu ihr, dass ich alles ausgeführt hatte, was sie mir befohlen hatte, und dass die Prinzessin keine Beschwerden bekommen hatte.
Sie erwiderte: ‹Ja klar, ich kann
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