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Die Nordischen Sagen

Die Nordischen Sagen

Titel: Die Nordischen Sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Neuschaefer
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hatte Odin ihn schon an sich genommen.
    »Nun, nicht schlecht, Brokk. Aber, wie gesagt, was ihr Zwerge schmiedet, ist ohnehin Eigentum Odins, und diesen Ring hättest du mir längst übergeben müssen. Also wenn das alles war, dann darfst du jetzt unversehrt zu den Deinen zurückkehren.«
    Brokk lächelte boshaft und erwiderte: »Es freut mich, dass dir mein Kleinod gefällt. Aber auch die anderen Götter sollten wohl mit entscheiden, wer diese Wette gewinnt. Thor, Herr des Donners, für dich habe ich einen Hammer geschmiedet, Mjöllnir ist sein Name, und er ist eine Wunderwaffe. Wie weit du ihn auch werfen magst, er wird immer wieder in deine Hand zurückkehren.«
    Langsam trat er auf Thor zu und legte ihm den Hammer in die Hand.
    Alle Blicke waren auf Thor gerichtet, aber der Donnergottsprach kein Wort. Andächtig wiegte er Mjöllnir in der Hand, und es war, als hätte er ihn schon immer getragen. In diesem Augenblick verschmolz der Hammer mit Thor und wurde zu seinem Wahrzeichen.

    Während Thor immer noch ganz in die Betrachtung seines Hammers versunken war, sah Brokk sich Beifall heischend um.
    »Das war noch nicht alles. Hier habe ich noch einen goldenen Eber, der schnell ist wie ein Pferd und selbst die tiefste Dunkelheit durch seine Borsten erhellt. Ihr werdet mir zustimmen, dass das wirklich eine außergewöhnliche Kostbarkeit ist.«
    Langsam erhob sich ein Gemurmel. Ein Teil der Götter, allen voran Odin, stimmte für Loki. Die anderen hielten Brokk und seinen Bruder für die verdienten Sieger. Besonders Heimdall lobte die Arbeit der Zwerge über alle Maßen. Eine Weile ließ sich keine Mehrheitfinden, und der Ausgang der Wette schien unentschieden. Eine einzige Stimme konnte nun alles entscheiden. Und diese Stimme gehörte Thor. Einen Moment zögerte er, denn er dachte an Sif und wie glücklich sie über ihr neues goldenes Haar war, zu dem Loki ihr verholfen hatte. Dann aber sah Thor auf die Waffe in seiner Hand. Er spürte, wie perfekt sie ihn ergänzte, als wäre sie ein Teil seiner Persönlichkeit, der ihm bislang immer gefehlt hatte. Um keinen Preis würde er Mjöllnir wieder hergeben. Und noch etwas anderes regte sich in Thor, der Wunsch, ihn zu benutzen, den Hammer einzusetzen. Zu jagen, zu kämpfen, die neue Macht zu spüren, die nun in seinem Körper pulsierte. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte Thor den Wunsch zu töten. Der Hammer hatte von ihm Besitz ergriffen und einen Teil des alten Thor zerstört. Eine neue Kampflust flackerte in ihm auf. Die Lust, Riesen zu erschlagen. Das alles geschah unbemerkt. Auch für den Donnergott selbst.
    Thor biss die Zähne zusammen, steckte den Hammer in seinen Gürtel und trat entschlossen zu den Göttern, die Brokk unterstützten. Damit war die Wette entschieden.
    Loki hatte verloren. Bevor aber Brokk seinen Kopf fordern konnte, entfloh der Feuergott mit seinen magischen Schuhen, und Brokk kehrte ohne Lokis Haupt ins Zwergenreich zurück.
    Odin aber warf Thor noch lange vor, dass er seinem Bruder Loki aus Gier in den Rücken gefallen war.

Yggdrasils Wurzeln
    O din und die anderen Götter hielten regelmäßig ihre Ratssitzungen unter den Zweigen der Weltesche ab. Sie beratschlagten über Unwichtiges und Wichtiges, über Dinge des Alltags ebenso wie über das Schicksal einer ganzen Welt.
    »Ich wüsste nicht, was dagegenspricht, dass Balder sich einen großen Palast baut«, sagte Odin und blickte seinen ältesten Sohn, den Donnergott Thor, wütend an.
    »Natürlich bist du dafür, dass er sich eine Protzburg baut«, sagte Thor, »der schöne Balder ist ja auch dein Lieblingssohn, gleich nach Loki.«
    »Auf jeden Fall wird er es, wenn du so weitermachst. Du mit deinem ewigen Gerechtigkeitswahn, das kann einem schon ...« Plötzlich hob Odin die Hand.
    »Still! Da war was. Habt ihr es auch gehört?«
    Die anderen Götter blickten sich verwundert um.
    »Ein Wimmern. Das müsst ihr doch gehört haben.«
    Thor stöhnte und ließ die Knöchel an seiner gewaltigen Hand knacken.
    »Gib doch ein einziges Mal etwas zu.«
    Aber Odin schien ihn gar nicht zu hören. Er lauschte hinauf in das kraftvolle grüne Laub der Esche.
    »Du hast doch selbst ein riesiges Heim, Thor. Und dazu noch den ganzen Landstrich Thrudheim«, mischte sich jetzt Odins Gemahlin Frigg ein, um ihren Sohn Balder zu verteidigen.
    »Dein Land ist so groß, dass du mehrere Flüsse durchwaten musst, bis du den Versammlungsplatz erreichst. Und wenn ich mich nicht täusche, hat dein Palast Bilskirnir

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