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Die Nordischen Sagen

Die Nordischen Sagen

Titel: Die Nordischen Sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Neuschaefer
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hatte, hörte er entsetzliche Schreie aus dem Inneren. Nur einen Herzschlag später wusste er, warum. Loki hatte den gesamten Saalin Brand gesetzt. Die Flammen waren überall. Tische und Stühle brannten, dazwischen Riesen, die sich auf dem Boden wälzten, um ihre brennende Kleidung zu löschen. Die Hitze war so unerträglich, dass Thor nicht weitergehen konnte. Den Schmerzensschreien nach mussten viele Riesen in der Burg um ihr Leben kämpfen, und wenige Augenblicke später brach das Chaos los. Einige der Kolosse rannten hin und her und versuchten, mit brunnengroßen Wassereimern das Feuer zu löschen, andere öffneten die Burgtore, um die Verletzten in Sicherheit zu bringen. Wieder andere versuchten, Waffen aus dem Flammenmeer zu retten.
    Niemand beachtete Thor. Unschlüssig stand er abseits des hektischen Treibens, ohne wirklich zu wissen, was vor sich ging.
    Plötzlich erschien Loki zwischen den herabfallenden Trümmern der brennenden Festung. Er rannte auf Thor zu, drückte ihm Mjöllnir in die Hand und keuchte: »Thrym brüstet sich damit, wie leicht es war, dir den Hammer zu stehlen. Und er jubelt, dass die Götter ihm auch noch ihre schönste Göttin geben wollen. Ich konnte den Hammer nur bekommen, indem ich Feuer gelegt habe.«
    Thors Faust schloss sich um Mjöllnir. Und er ließ geschehen, was passierte. Er ließ sich mitreißen von der Wut des Hammers, die aufging in seiner eigenen Wut über Thryms Verrat, die schäumte und brüllte wie das Meer unterhalb der Riesenburg. Thor warf Mjöllnir, und der Hammer fand den Riesenkönig. Er zerschmetterte seine Schläfe und kehrte zu seinem Herrn zurück, derihn erneut warf. Wieder und wieder, bis alle Riesen niedergestreckt waren. Bis es keinen Stein mehr gab, der nicht mit Riesenblut befleckt war. Erst dann kam Thor wieder zu sich. Er riss sich die Frauengewänder vom Leib und bestieg mit Loki den Kriegswagen.
    In Asgard aber erfuhr niemand, dass der Hammer jemals verschwunden war.

Der Vanenkrieg
    S eit dem Abend, als das Göttergeschlecht der Vanen zum ersten Mal seit der Erschaffung der Welten zu Gast in Asgard war, sprach niemand mehr über ihre Existenz. Es war, als würde es die Vanen nicht geben, und das, obwohl ihr Reich direkt an Asgard grenzte. Vanaheim war ein blühendes Land mit goldenen Feldern voll schwerer Ähren, mit herrlichen Obstbäumen, an denen die süßesten Früchte reiften, und mit kristallklaren Bächen. Es lag östlich von Asgard in der obersten Welt, aber da es keinen Zugang zu den heiligen Zweigen und Wurzeln der Weltesche hatte, behauptete Odin, dass Vanaheim nur eine Enklave sei. Ein unbedeutender Flecken Land, den er, Odin, den Vanen aus Mitgefühl und Solidarität überlassen hätte. Schließlich sei man ja Gott. Natürlich sagte er das nur, wenn er direkt auf Vanaheim angesprochen wurde.
    In Vanaheim lebte auch die schöne Seherin Gullveig. Sie war eine wahre Meisterin der Seidrkunst, also der Kunst, in die Zukunft zu sehen. Außerdem konnte Gullveig sichallein mit einer einzigen Handbewegung in ein Tier verwandeln. Diese Fähigkeit teilte sie nur mit Odin, Loki und mit Heimdall, dem mächtigen Wächter Asgards. Als der Göttervater erfuhr, dass Gullveigs Zauberkünste überall gerühmt wurden, sogar fast noch mehr als seine eigenen, fraßen in ihm die Wut und der Neid.
    »Bringt mir Gullveig«, befahl Odin eines Tages, dass es durch die Wolken hallte wie Donner. »Sie soll sofort mit diesen Zaubereien aufhören. Macht denn hier jeder, was er will?«
    Seine Gemahlin Frigg aber beruhigte den Göttervater. »Ich kenne Gullveig. Sie will sich nicht mit dir messen. Sie setzt ihre Kräfte immer nur zum Wohle aller Geschöpfe ein.«
    Doch Odin war so wütend, dass er Frigg nicht zuhörte. Er brüllte und tobte, und bald kamen alle anderen Götter in Odins Halle, um zu sehen, was geschehen war.
    »Ich lasse mich nicht von einer Vanin vorführen!«, schrie Odin, gerade als Thor und Loki eintraten. »Das wird sie mir büßen!«
    Doch Frigg ergriff sein Gesicht mit beiden Händen und zwang ihn, ihr in die Augen zu sehen.
    »Odin, ich sage es dir noch einmal, und ich hoffe, dass du mich richtig verstehst. Lass Gullveig zufrieden, oder es wird unser aller Schaden sein.«
    Es war still geworden im Saal, und alle Götter warteten gespannt darauf, wie sich der Streit der Eheleute entscheiden würde.
    Die Spannung stieg, doch da umfasste Odin liebevoll die Handgelenke seiner Frau und küsste ihre Hände, undaus ihren Augen wich die Härte. Die

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