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Die Nordischen Sagen

Die Nordischen Sagen

Titel: Die Nordischen Sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Neuschaefer
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Gott vertrauen? Wer sagt uns, dass du uns da drinnen nicht einfach abmurkst?«
    »Ich gebe dir mein Ehrenwort, dass euch in meinem Haus nichts Schlechtes widerfahren wird«, sagte Thor und streckte Thrym seine harte Kriegerhand entgegen.
    Ganz nach Riesenart musste Thrym erst mal eine Weile darüber nachdenken, was Thor gesagt hatte. Schließlich aber legte er seine gewaltige Keule auf den Boden. Dann löste er einen Beutel mit Felsbrocken von seinem Gürtel und warf ihn daneben. Es folgten ein Messer, eine Steinschleuder, ein Faustkeil und ein grob geschnitzter Speer. Als der Riesenkönig endlich unbewaffnet war, grinste er Thor mit seinem schiefen Gebiss an, hob seine riesigen Pranken und sagte: »Na ja, mit dir werde ich notfalls auch ohne Waffen fertig.«
    Als die anderen Riesen sahen, was Thrym getan hatte, folgten auch sie seinem Beispiel.
    »Lasst uns zusammen sein wie Freunde«, sagte Balder lächelnd, als alle um Thors Tafel versammelt waren, »damit wir den Welten den Frieden zurückgeben.«
    Und selbst die Riesen unter den Gästen, die Thors Heim mit geballten Fäusten betreten hatten, lächelten zurück.
    Mit jeder Stunde wurde das Gelage ausgelassener und lauter. Riesen und Götter tranken sich zu. Thors Waffenbruder Loki erzählte haarsträubende Geschichten von ihren gemeinsamen Abenteuern, der blinde Ase Höd saß lachend mitten unter den Riesen, und es wurde gegessen und geredet bis spät in die Nacht.
    Draußen in den Weiten Asgards aber, weit, weit entfernt von Thors Palast, stand Heimdall, der Wächter Walhalls. Er stützte sich auf seinen Schild und hielt Wache neben der Regenbogenbrücke Bifröst. Heimdall lauschte hinaus in die Dunkelheit, und aus seinen Augen blickte die Sorge.
    Als Thor am Tag nach dem großen Fest erwachte, war er sehr zufrieden. Obwohl viele Tausend Fässer Met getrunken worden waren, war es zu keinem Streit gekommen. Kein einziges böses Wort war gefallen, und Riesen und Götter hatten sich in Frieden getrennt. Gleich würde er sich aufmachen, um Odin von seinem Erfolg zu berichten.
    Thor legte sich den Kraftgürtel um und öffnete die eisenbeschlagene Truhe, in der er Mjöllnir verwahrte.
    Im ersten Augenblick traute Thor seinen Augen nicht, dann stieg Entsetzen in ihm auf und zuletzt Wut. Grenzenlose, alles ausfüllende und nach Rache dürstende Wut.
    »Neiiiin!!!!!!!!!!« Thor brüllte so laut, dass man seine Stimme im Umkreis von vielen Hundert Meilen um seine Burg hören konnte. »Sie haben mich bestohlen!!!!!!!!!! In meinem eigenen Haus!!!!« Thors Schrei hallte noch in den Wäldern Asgards, als Loki schon in seine Halle stürmte.
    »Schon gut, mein Freund. Beruhige dich!«
    »Beruhigen?«, Thor schnappte nach Luft. »Mein Hammer ist ein Teil von mir. Diese Waffe ist das Schutzsymbol Asgards. Diese Waffe bin ich! Und jetzt haben sie die Riesen durch meine Dummheit.« Langsam ließ er sich auf einen Stuhl sinken und vergrub sein Gesicht in den Händen. »Odin wird mich verachten. Und was noch schlimmer ist: Die oberste Welt ist jetzt fast schutzlos den finsteren Mächten ausgeliefert.«
    »Ganz so schlimm wird es nicht kommen«, antwortete Loki, »denn immerhin weiß ich, wer deinen Hammer gestohlen hat.«
    Thor hob den Kopf und blickte seinen Freund fassungslos an. »Du weißt, wer ...«, abrupt sprang er auf, »den Namen! Und ich will wissen, woher du es weißt.«
    Sanft drückte Loki ihn zurück auf den Stuhl. »Du hattest gestern Nacht recht viel getrunken, und deshalb wollte ich deine Waffen verwahren, als alle gegangen waren. Dabei habe ich gemerkt, dass der Hammer fehlt. Um dich nicht unnötig zu beunruhigen, bin ich noch in der Nacht unerkannt nach Jötunheim geflogen.«
    »Ja und, Loki? Wer hat ihn?«
    »Thrym. Und er will Mjöllnir nur dann wieder herausgeben, wenn er im Gegenzug dafür die Vanin zur Frau erhält.«
    Thor schloss die Augen und ließ sich müde gegen die Stuhllehne sinken. »Auch das noch! Freyja wird dem Handel nie zustimmen«, seufzte er. »Und nicht auszudenken, was passiert, wenn Odin davon erfährt.«
    Aber Loki war schon hinausgegangen.Es kam genauso, wie Thor es erwartet hatte: Freyja tobte, als sie von der Forderung des Riesenkönigs erfuhr. Ihre schwarzen Augen glühten vor Zorn. Freyja war eine Kämpferin, eine Kriegerin. Stark und unbeugsam, dabei von eisernem Willen.
    »Ich unterwerfe mich keinem Riesen!« Freyja krümmte ihre Finger zu Krallen. »Nie! Und schon gar nicht, weil du so dumm warst.« Ihr kurzes schwarzes Haar stand

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