Die Obamas
nach der Schule knipsten, wurden vom Weißen Haus mit einem Bann belegt. »Für uns sind die erledigt«, sagte Robert Gibbs in einem Interview.
Das System der Pool-Berichterstattung bedeutet, dass Nachrichten – wenn der Präsident etwa ein Fußballspiel von Malias Mannschaft besuchte – an Reporter im ganzen Land geschickt wurden. Wie solche Pool-Berichte aussahen, zeigt der folgende von Kevin Diaz von der
Minneapolis Star Tribune:
Samstag, 17 . April [ 2010 ]
Pool-Bericht # 1
Wagenkolonne des Präsidenten, insgesamt etwa ein Dutzend Fahrzeuge, verlässt WH um 9.33 Uhr Richtung Rudolph Field in NW -Washington, wo Tochter Malia ein Fußballspiel hat (unklar, ob im Zusammenhang mit Sidwell Friends, ihrer Schule). Kolonne passiert gleich zu Beginn eine kleine Gruppe von Demonstranten Ecke 15 th und Pennsylvania, die ein Transparent mit der Aufschrift »Für Gerechtigkeit und Reform der Einwanderungsgesetze« tragen. Kein Stau. Wagenkolonne passt sich dem Stop-and-Go des schwachen DC -Samstagmorgenverkehrs an.
Fahrt weitgehend ohne Zwischenfälle, nur nach Abbiegen von der Gallatin nach Westen in die North Capitol St. rutscht ein Motorradfahrer in das letzte Polizeifahrzeug. Motorradfahrer klopft sich den Schmutz ab, starrt Polizeifahrer wütend an, der starrt zurück, Motorradfahrer fährt offensichtlich unverletzt weiter. Wagenkolonne hält um 9.51 Uhr am Rudolph Field, Ecke 3 rd und Ingraham St. NW . POTUS betritt den Platz in schwarzer Jacke, Jeans und schwarzer Basecap. Trägt an dem sonnigen, kühlen Morgen Sonnenbrille. Nimmt bei einer kleinen Elterngruppe Platz und schaut den Mädchen im grünen Trikot zu, die einen Fußball hin und her kicken, offenbar um sich aufzuwärmen. Wagenkolonne fährt zum Parken um den Block. Wartet auf weitere Anweisungen.
Malia selbst wurde lückenlos bewacht: Mehr konnte der Reporter nicht sehen – oder folgenlos schreiben.
Doch auch von ihrer Großmutter wurden die Präsidententöchter streng geschützt. Marian Robinson verfügte über Möglichkeiten, die die anderen Mitglieder der Familie Obama nicht hatten: Nur sie konnte aus dem Weißen Haus schlüpfen, den Wachen am eisernen Tor zunicken, die Pennsylvania Avenue überqueren und in der Apotheke ein Medikament holen. Sie wurde zur Begleiterin und Wächterin ihrer Enkelinnen, sie fuhr mit ihnen zur Schule und zurück oder stöberte mit ihnen in Geschäften herum, stets ein paar Sicherheitsleute im Schlepptau. Mit ihrer Großmutter konnten sie Dinge tun, die mit ihren Eltern unmöglich waren. Marian widersetzte sich allem, was ihre Freiheit einschränkte, denn ohne sie würde Malias und Sashas Leben in viel engeren Grenzen verlaufen. Sie gab kaum Interviews, und öffentliche Veranstaltungen besuchte sie nicht ohne gutmütigen Protest. Wenn jemand sie auf der Straße ansprach – »Sie haben eine unglaubliche Ähnlichkeit mit Mrs. Obamas Mutter« –, gab sie sich nur selten zu erkennen. »Ja, das höre ich oft«, lautete ihre Standardantwort.
Hinter den Toren des Weißen Hauses erzogen die Obamas ihre Kinder überengagiert und kindzentriert, wie es für ihre Generation und Gesellschaftsschicht typisch ist. Am Abendbrottisch führten sie lehrreiche Gespräche, und an den Wochenenden standen allerlei pädagogisch wertvolle Aktivitäten auf dem Programm. Jacqueline Kennedy, die sich häufig eine Auszeit vom Weißen Haus nahm, hatte ihren Sohn John, damals noch ein Säugling, einmal vier Wochen lang in der Obhut von Verwandten gelassen; sein Vater hatte ihn in dieser Zeit nur ein einziges Mal besucht. [59] Barack Obama war da ganz anders: Er ließ nicht zu, dass sein Amt ihn länger als unbedingt nötig von seinen Kindern fernhielt.
Die First Lady wiederum stimmte ihren Terminkalender fast vollständig auf ihre Töchter ab. Wer da wen schützte, war schwer zu sagen: Schirmten die Eltern ihre Kinder vor der Politik ab, oder instrumentalisierten sie die beiden, um sich selbst zu schützen?
Michelle befürchtete, Malia und Sasha könnten zu sehr verwöhnt werden durch das privilegierte Leben im Weißen Haus, und sie versuchte, die ständigen Bemühungen der Mitarbeiter, ihnen alles recht zu machen, in Grenzen zu halten. Als die Obamas sich zum ersten Mal als Präsident und First Lady in Europa aufhielten, riefen sie zu Hause an, um ein wenig mit ihren Töchtern zu plaudern, doch die beiden spielten gerade draußen auf dem Rasen, und in der Telefonzentrale des Weißen Hauses konnte man sie nicht ausfindig machen.
Weitere Kostenlose Bücher