Die Obamas
Das bekümmerte die Angestellten dort so sehr, dass sie den Obamas nach ihrer Rückkehr vorschlugen, den Kindern eigene Handys zu geben. Doch Michelle war strikt dagegen, sie meinte, es sei noch zu früh dafür.
Michelle war nie eine Laisser-faire-Mutter gewesen. Eltern von Kindern aus Malias Fußballmannschaft in Chicago erinnern sich, wie sie am Spielfeldrand stand und Malias Beinarbeit und Abwehrtechnik kritisch beobachtete, statt wie andere Mütter mit einem Caffè Latte auf der Tribüne zu sitzen. Im Weißen Haus hielt sie ihre Kinder ständig auf Trab und unter Aufsicht: Wenn sie einen Ausflug machten, mussten sie für ihre Eltern einen Bericht darüber schreiben. Im Weißen Haus hatte man allerhand Snacks vorrätig, aber die First Lady achtete genau darauf, was ihre Kinder aßen. »Bevor sie sich eine zweite Portion nehmen, frage ich sie: ›Habt ihr wirklich noch Hunger? Oder wollt ihr nur aus Langeweile noch etwas?‹« [60] , sagte sie. Unter der Woche durften die Mädchen weder im Internet surfen noch fernsehen. Stattdessen hatten sie Schwimm- und Tennisunterricht, sie spielten Fußball, Lacrosse und Basketball. Es spricht Bände, dass es der energischen Michelle Obama sogar gelang, Dan Dufford, den Klavierlehrer der beiden Mädchen, davon zu überzeugen, mitsamt seiner Familie von Chicago nach Washington zu ziehen, damit der Unterricht fortgesetzt werden konnte.
»Ich sage ihnen, dass sie Sport treiben sollen, weil ihnen das guttut«, sagte Michelle in einem Interview. »Man muss sich in Teamarbeit üben, muss begreifen, was es heißt, mit Anstand zu verlieren oder zu gewinnen. Und ich möchte, dass sie einen Sport ausüben, den sie mögen – und einen, den ich mag. Sie sollen lernen, wie es ist, etwas zu tun, was man nicht mag, und an dieser Aufgabe zu wachsen. Man kann im Leben leider nicht immer nur das tun, was man mag.« Als sie anfingen, Tennis zu spielen, war Sasha frustriert, »weil sie den Ball nicht traf. Und Malia verstand nicht, warum ich überhaupt wollte, dass sie Tennis spielten. Aber jetzt werden sie allmählich besser, und es gefällt ihnen auch. Und ich sage mir: ›Aha, Mom hatte doch recht!‹«
Michelle Obama schloss etwas abrupt: »Na ja, sie sind noch jung, es wird sich also noch herausstellen, ob ich sie zum Wahnsinn getrieben habe.« Sie schien plötzlich zu merken, dass sie sich anhörte wie die allerengagierteste Mutter der Welt.
***
In den Reden des Präsidenten spielten Malia und Sasha weiterhin eine wichtige Rolle; vor allem dann, wenn er die Ehrlichkeit und Gewissenhaftigkeit seiner Töchter, ihr Verantwortungsbewusstsein und die Lauterkeit ihrer Absichten dem Zynismus und der Trägheit Washingtons, wie er es nannte, gegenüberstellte. So wich der Präsident etwa bei einer Pressekonferenz im Mai, die er anlässlich der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko abhielt, mit folgendem Satz von seinem Konzept ab. »Als ich mich heute Morgen im Bad rasiert habe, hat Malia an die Tür geklopft und gefragt: ›Hast du das Loch schon verstopft, Daddy?‹«, sagte er. Man sah es förmlich vor sich: Der Präsident im Bademantel, konfrontiert mit den Erwartungen nicht nur der Nation, sondern auch seiner eigenen Tochter. (Wenig später wurde Malia von dem Fernseh- und Rundfunkmoderator Glenn Beck in primitiver Weise nachgeahmt: »Daddy, hast du das Loch schon verstopft?«, jammerte er mit hoher Stimme und: »Why, why, why, why do you still let the polar bears die – warum, warum, warum, warum lässt du immer noch Eisbären sterben?«)
Malia selbst war nicht gerade darauf erpicht, dass sie in den Reden und Interviews ihres Vaters vorkam. Zu Beginn seiner Amtszeit ließ er einmal die ganze Nation wissen, dass sie in einem Naturwissenschaftstest ein gutes Ergebnis erzielt hatte. »Malia kann Ihnen sagen, wie ich dazu stand: Wenn sie eine Zwei nach Hause gebracht hätte, wäre ich nicht zufrieden gewesen, denn es gab keinen Grund, warum sie nicht eine Eins schreiben sollte«, sagte er dem Magazin
Essence.
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Als das Interview beendet war, erkannte er seinen Fehler. »O Gott, was habe ich da bloß gemacht?«, sagte er zu Gibbs. Später entschuldigte er sich bei seiner Tochter.
Aber er sprach immer wieder von ihr. Als er sich im Sommer 2010 auf die Zwischenwahlen im Herbst vorbereitete, überlegte er, wie er seinen extremen Frust über seine Gegner beschreiben und die demokratischen Getreuen um sich scharen konnte. Bei einer Spendenveranstaltung für die US -Senatskandidatin Robin
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