Die Obamas
Carnahan in Kansas City baute er Malia in einen Vergleich ein, den er gern für die Reaktion der Republikaner auf die Wirtschaftskrise benutzte: »Sie ist zwar schon groß, aber sie ist immer noch mein Baby«, sagte er. »Kürzlich hat sie eine Zahnspange bekommen, und das ist gut, denn jetzt wirkt sie älter – fast schon zu alt für mich.« Das Publikum lachte, und der Präsident kam zum Punkt. »In ein paar Jahren wird Malia Auto fahren«, begann er. »Wenn ein Kind im Teenageralter in den Graben fährt, wenn es Ihren Wagen demoliert, dann kostet Sie das eine Stange Geld, die Kiste da wieder rauszukriegen. Was machen Sie also?«, fragte er. »Sie schließen die Autoschlüssel weg! Diese Leute« – er meinte die Republikaner – »haben die Wirtschaft in den Graben gefahren und wollen die Schlüssel zurückhaben.« Das Publikum applaudierte. »Da müssen Sie ihnen dasselbe sagen wie Ihrem Teenager: Ihr könnt die Schlüssel nicht zurückbekommen, weil ihr noch nicht fahren könnt.«
Obama klang polemisch und scharf, ganz anders als der über den Dingen stehende, inspirierende Mann aus dem Jahr 2008 . Und er war noch nicht zu Ende. »Ihr könnt die Schlüssel nicht bekommen, und ihr werdet sie nicht bekommen. Vielleicht macht ihr erst mal einen Auffrischungskurs«, fuhr er fort. Beifall ertönte, und er schien noch mehr in Fahrt zu kommen. »Ich kann euch ja mal zum Parkplatz fahren, dann könnt ihr dort eure Runden drehen. Aber auf die Straße lassen wir euch nicht.«
Es war eine Mixtur aus väterlicher Liebe und Verachtung für seine politischen Gegner. Vielleicht war ihm bewusst, dass es herablassend klang, wenn er die republikanische Führung mit einem Haufen Teenager verglich, aber er ließ es sich nicht anmerken.
Berater des Weißen Hauses traten jeder Andeutung, der Präsident schlage Profit aus der Popularität seiner Kinder, scharf entgegen. Doch Obama kannte die Umfragen: Seine Rolle als Vater war eine seiner stärksten Seiten. Die Wähler liebten seine süßen, selbstbewussten Töchter, und es gefiel ihnen, dass ihm in Zeiten, in denen in Ungnade gefallene Politiker wie Eliot Spitzer und Mark Sanford die Schlagzeilen beherrschten, nicht auch nur der Hauch eines Sexskandals anhaftete. Selbst Wähler, die wenig begeistert über seine Amtsführung und seine Wirtschaftspolitik waren, sahen in ihm »einen ehrlichen, treuen Ehemann, einen Familienmenschen«, wie die demokratische Meinungsforscherin Celinda Lake es ausdrückte.
Eigentlich überraschte es nicht, dass er in seinen Reden immer wieder auf seine Töchter zu sprechen kam. Er musste zeigen, dass er mit richtigen Menschen in Verbindung stand, und in der Politik wie im Leben halfen ihm seine Töchter dabei tatsächlich. Es war also durchaus sinnvoll, dass er in politisch heiklen Momenten – von der Ölkatastrophe bis hin zur Spendenbeschaffung für die kritischen Zwischenwahlen – die beiden erwähnte. Im Gegensatz zu den Enttäuschungen, den Sorgen und Frustrationen, die ihm diese Ereignisse bereiteten, gaben die Mädchen ihm ein gutes Gefühl. Er war so offensichtlich stolz auf sie. Und sie sagten nur Gutes über ihn. Erneut schöpfte Obama Kraft aus etwas, mit dem er sich wohl fühlte.
Während der Sommer voranschritt, tauchte Malia weiterhin in den Reden ihres Vaters auf, aber sie selbst war weit weg von der politischen Welt. Den Obamas war es gelungen, sie in ein Ferienlager zu schicken, und sie sprachen froh und erleichtert von der »Flucht« ihrer Tochter. Die Einzelheiten der Reise blieben unter Verschluss. Nur die Obamas, ihre engsten Mitarbeiter und Freunde sowie Malias neue Ferienkameraden wussten, in welchem Bundesstaat sie sich aufhielt und wie das Camp hieß. Zwar wurde sie auch dort von Bodyguards bewacht, aber sie wohnte in einer Hütte und nicht in einem schwer gesicherten Herrenhaus. Sie trieb Sport, ohne dass ein Reporter in der Nähe war, ihre Mahlzeiten kamen aus der Lagerküche, und es gab weder Wagenkonvois noch Fotohandys, noch berühmte Eltern im Fernsehen. Die Kinder durften keine elektronischen Geräte bei sich haben und den ganzen Sommer über nur ein einziges Mal zu Hause anrufen.
»Sie hat genau das gleiche Sommercamp-Erlebnis wie die anderen Kinder«, sagte Melissa Winter, die stellvertretende Stabschefin der First Lady, die für einen großen Teil der Logistik im Leben der Präsidentenfamilie verantwortlich war.
Einen kleinen Unterschied gab es allerdings. Die First Lady gestand einem Berater lachend, dass
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