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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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die Welt aus einer Wir-gegen-den-Rest-Perspektive gesehen habe, sagten Freunde, aber das traf jetzt nicht mehr zu. Weiße Wähler in Iowa, Farmer, die augenscheinlich nichts mit ihnen gemein hatten, hielten zerlesene Exemplare von
Ein amerikanischer Traum. Die Geschichte meines Vaters
in den Händen. Und sogar die Kennedys machten sich inzwischen für den Erfolg ihres Mannes stark. Im Juni 2007 stand der Kandidat bei einer Veranstaltung in Chicago neben Dan Shomon, seinem langjährigen Berater, und die beiden Männer beobachteten verblüfft, mit wie viel Optimismus Michelle Obama zum Spenden aufrief. »Wer hätte das gedacht?«, entfuhr es Obama freudig überrascht.
    Erst als junger Vater hatte Barack Rituale des Familienlebens kennengelernt, und am Anfang hatte Michelle ihm so grundlegende Dinge beibringen müssen, wie jeden Tag zu Hause anzurufen, wenn er beruflich unterwegs war. (Dem durch und durch rationalen Barack hatte es zunächst nicht eingeleuchtet, warum man jemanden anrufen sollte, wenn es nichts mitzuteilen gab.) Doch im Laufe der Jahre hatte er sich die Anliegen seiner Frau immer mehr zu eigen gemacht. Er verstand ihre Sorgen und den Konflikt zwischen seinem Leben und dem seiner Familie. »Das alles habe ich versäumt«, sagte er einmal mit Tränen in den Augen zu Allison Davis, einer Freundin, während sie zusahen, wie Malia neue Tanzschritte einübte.
    Zu Beginn seiner politischen Laufbahn war er unermüdlich gewesen, auch bei den belanglosesten Events hatte er jedem die Hand geschüttelt. Jetzt veranlassten ihn seine Popularität und die gewachsenen Anforderungen, sich immer mehr zurückzuziehen. 1994 hatte er bei Erscheinen von
Ein amerikanischer Traum. Die Geschichte meines Vaters
seinen Freunden noch lange, gefühlvolle Widmungen ins Buch geschrieben; nun mussten sich dieselben Freunde acht Jahre später, als
Hoffnung wagen
herauskam, mit ein paar Worten begnügen. Seine Zeit und Geduld schmolzen dahin, sein Wunsch nach Selbstschutz und Privatsphäre wuchs. Sein Mitarbeiterstab erfand ein Wort, das seine Haltung in diesen Momenten gut beschreibt, in denen er keine persönliche Beziehung zu seinen Gesprächspartnern aufbauen konnte oder wollte: »Barackward«, eine Kombination aus seinem Namen und dem Wort »awkward«, also ungelenk oder unbeholfen.
    Das Problem sei psychologischer Natur, erklärte er 2007 einmal zu Beginn des Wahlkampfs im Frühjahr, als er bei Debatten Schwierigkeiten hatte, Fragen knapp und prägnant zu beantworten. »Ich bemühe mich eben, anders als andere Kandidaten, mich richtig hineinzudenken.« [7]
    Manchmal war es ausgerechnet seine Frau, die ihn aus seinen Gedanken riss. So rief Michelle Obama ihn bei einer Besprechung mitten im Wahlkampf mit einem scharfen: »Wir reden gerade von
dir
« zur Ordnung, was so viel hieß wie: »Halt den Mund und pass auf!« [8] Und: »Barack! Fühlen,
nicht
denken!«, unterbrach sie ein anderes Mal eine Debatte, bei der er sich in Details verlor. [9] Obama hasste es, in Restaurants mit fremden Leuten für Fotos zu posieren, aber seine Frau ließ ihn nicht so einfach davonkommen. »Mach deinen Job!«, sagte sie dann, und ein Hauch von Schadenfreude schwang mit. Das war es doch, was du gewollt hast! Also:
Lächeln!
    Politisch war immer mehr möglich, das zeigte der Wahlkampf, und so wuchs auch Michelle Obamas Hoffnung. Aber er bestätigte auch einige ihrer schlimmsten Befürchtungen. Es wurde immer unklarer, welche Rolle sie in Zukunft bei den Plänen ihres Mannes spielen sollte. Und sie sollte die Erfahrung machen, dass seine Berater ihr nicht den Schutz bieten konnten, den sie eigentlich von ihnen erwartete. In erschreckender Geschwindigkeit konnte sich so die öffentliche Meinung ins absolut Negative drehen.
    Für den Wahlkampf hatte man ursprünglich geplant, »Michelle Michelle sein zu lassen«. Sie hatte keinerlei Erfahrung, kam aber auf der ganzen Tour gut an – in den Wohnzimmern von Iowa und New Hampshire war sie den farbigen Wählern, die ihrem Mann zu dem entscheidenden Wahlsieg in South Carolina verhalfen, mit ihrer warmherzigen und integeren Art sofort vertraut. Sie war in einer Weise aufrichtig, was das Image ihres Mannes als erfrischend ehrliche Führungsfigur verstärkte. Diese Stärke wurde Gegenstand liebevoller Scherze: »Vor ihr hat jeder in unserer Familie Angst«, sagte ihr Bruder Craig Robinson in einem frühen Interview. Und auf die Frage, ob sein Schwager es wohl schaffen werde, sein Versprechen zu halten, mit dem

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