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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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nachdem er die Nachricht abgeschickt hatte, klingelte das Telefon. Am Apparat war Valerie Jarrett, die Edley einen erbosten Anruf ankündigte.
    »Warum machen Sie das ausgerechnet heute?«, fragte Obama unverblümt. Er habe den Augenblick seines Sieges frei von jeder Beanstandung auskosten wollen, schlussfolgerte Edley; er konnte es nicht gut ertragen, wenn man sein Urteil anzweifelte.
    Die langjährigen Freunde haben nie wieder miteinander gesprochen.
    ***
    In der Woche nach der Wahl flogen die Obamas nach Washington, um das Ehepaar Bush im Weißen Haus zu besuchen. Während die Männer über Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft sprachen, zeigte Laura Bush Michelle ihr zukünftiges Zuhause. In einem Raum blieben sie besonders lange, einem Salon auf der Südwestseite, der den First Ladies als Ankleidezimmer und privater Rückzugsraum diente. Durch ein Fenster konnte man über den Rosengarten hinweg direkt ins Oval Office blicken. Während der langen Stunden, die ihr Mann am Schreibtisch oder in wichtigen Besprechungen saß, hatte Laura Bush oft in ihrem Winkel am Fenster gestanden und sich ihm besonders nahe gefühlt. »Das hat mir Hillary Clinton gezeigt«, sagte Laura Bush, so Anita McBride, ihre frühere Stabschefin. Davor habe Barbara Bush es Hillary Clinton gezeigt, und wenn Michelle Obama eines Tages das Weiße Haus verlasse, sagte Laura Bush, dann müsse sie es auch der neuen First Lady zeigen. [11]
    Es gab wohl kaum ein augenfälligeres Symbol für die wahren Pflichten einer First Lady als dieses Fenster: Behalte deinen Mann fest im Blick. Aber tue es unauffällig. Im Laufe einer Präsidentschaft wird es Dinge geben, die nur du sehen kannst. Aber erwarte nicht, im Zentrum des Handelns zu stehen.
    Das Ehepaar Bush lud Michelle ein, noch einmal mit ihren Töchtern zu Besuch zu kommen, die prompt die Treppengeländer ihres künftigen Zuhauses hinunterrutschten. Die Mädchen schauten sich Sidwell Friends an, eine prestigeträchtige Quäkerschule, die auch Chelsea Clinton besucht hatte, und sie fühlten sich dort auf Anhieb wohl. Die Schule erinnerte sie an ihre Schule in Chicago. Ein sofortiger Umzug nach Washington erschien immer sinnvoller: Jedes Zögern würde nur eines nach sich ziehen: »sechs weitere Monate voller Dinge, auf die wir keinen Einfluss haben«, wie ein Berater es beschrieb. Und genau wie ihr Mann wollte Michelle Obama letzten Endes, dass ihre Familie endlich beisammen war. Die Vorstellung, in Chicago zurückzubleiben, rückte während der folgenden Wochen immer stärker in den Hintergrund, bis sie in der Geschichte der Obamas nur noch eine Marginalie war, ein Weg, der nicht eingeschlagen wurde.
    Doch hatte Barack in der Auseinandersetzung mit seiner Frau am Ende die Oberhand behalten? Hatte er die Frage, ob mit politischen Mitteln eine wirkliche Veränderung herbeizuführen sei, nicht klar für sich entschieden? Hatte er nicht bewiesen, dass ein Leben in der Politik es wert war, gelebt zu werden? Sie hatten es geschafft. Hinter ihnen lagen die Anfangsjahre in der Politik, das Kinderbekommen, die Herausforderungen des plötzlichen Erfolgs und des Präsidentschaftswahlkampfs sowie die Jahre, in denen Michelle Obama und die beiden Mädchen ein Leben gelebt hatten und Barack Obama ein anderes. Und Michelle Obamas Einwand hinsichtlich der Unzulänglichkeiten der Politik hatte ihr Mann auf höchst effektvolle Weise entkräftet: Er war zum Führer der freien Welt gewählt worden. Ein Wandel des gesamten Systems war es, wovon die beiden geträumt hatten, und jetzt schien für den frisch gewählten Präsidenten alles möglich. Nicht zuletzt war es ihre ständige Auseinandersetzung gewesen, die Barack Obama so weit vorangebracht hatte, und er hatte sich durchgesetzt.
    Michelle Obama war zwar von dem Gedanken, ins Weiße Haus einzuziehen, nicht gerade entzückt, sagte ein Berater, aber sie war fest entschlossen dazu. Sie hatten sich nun einmal dafür entschieden, und etwas anderes als ihre Pflicht zu tun kam nicht in Frage.

Kapitel 2: Wir wohnen jetzt im Weißen Haus
    Januar–Februar 2009
    A m Nachmittag von Obamas Amtsantritt als vierundvierzigster Präsident der Vereinigten Staaten feierten mehr als eine Million Menschen das Ereignis in den Straßen von Washington. Und während die Obamas bei einem Essen im Kongress Hände schüttelten, machten einige Stabsmitarbeiter an diesem 20 . Januar 2009 einen Rundgang durch das Allerheiligste des Weißen Hauses: die zweigeschossige Wohnung, die jeder

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