Die Obamas
Rauchen aufzuhören, antwortete Robinson belustigt: »Michelle ist ein verflixt hartnäckiges Nikotin-Pflaster!«
Etwa um diese Zeit traten die Spannungen zwischen ihr und den Beratern ihres Mannes deutlich zutage. David Plouffe, Obamas Wahlkampfberater, war genügsam – eine Eigenschaft, die ihm letztlich großes Lob eintrug –, und sie trat nur an zwei Tagen pro Woche als Wahlkämpferin auf. Obwohl sie in der nationalen Politik gänzlich unbeleckt war, stellte man ihr keine Redenschreiber zur Verfügung, sondern nur zwei Mitarbeiter. Und ähnlich wie schon während der Senatskampagne hatte sie Probleme, die jeweils anstehenden Themen in Erfahrung zu bringen. In ihrer direkten Art stellte sie den Beratern ihres Mannes zuweilen provozierende Fragen, mal per E-Mail, mal persönlich. (Freunde nannten sie deshalb liebevoll den »Chef«.) Warum strengten sie sich nicht mehr an, Frauen und Wähler aus Minderheiten anzusprechen? Was, wenn Plouffes Wahlkampfstrategie nicht aufging? Wie sah der Plan B aus? Die Stoßrichtung war immer dieselbe: Ihr Mann und sein Team neigten zu sehr zum Improvisieren, verfügten über keine tragfähige Struktur beziehungsweise keine langfristige Strategie, und sie seien zu sehr auf sich bezogen, da sämtliche Entscheidungen immer von demselben Häuflein getroffen würden.
Am Morgen saß Michelle Obama an ihrem Hometrainer, während im Fernsehen
Morning Joe,
die politische Talkshow des Senders MSNBC, lief, und schickte dann per E-Mail Fragen an die Berater: Haben wir jemanden, der sich mit diesem Problem auskennt? Haben Sie gesehen, dass Soundso das und das gefragt hat? Wie argumentieren wir in so einem Fall? Diese E-Mails waren ein »Alptraum«, erinnerte sich ein Berater, mithin das Letzte, was das erschöpfte Team gebrauchen konnte.
Die Berater lernten einen entscheidenden Unterschied zwischen den Obamas kennen: Barack ging mit Fehlern ungewöhnlich tolerant um; Michelle überhaupt nicht. Nachdem im März 2008 die Strategie für die innerparteilichen Vorwahlen in Texas und Ohio nicht aufgegangen war, was eine Verlängerung des Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen Obama und Hillary Clinton zur Folge hatte, blieb Barack Obama diplomatisch. »Nachdem innerhalb von zwei Wochen zwanzig Millionen Dollar verpulvert wurden, könnte ich hier ausfallend werden. Aber das werde ich nicht.« Michelle Obama dagegen war so wütend, dass sie mit den Beratern ihres Mannes kaum noch sprach und ihnen nur gleichgültige und einsilbige Antworten gab, schrieb Plouffe später darüber. [10]
Es war eine klassische Pattsituation im Wahlkampf: Die besorgte Partnerin eines Kandidaten stellte sich quer, die Berater sahen sich gnadenloser Kritik ausgesetzt, und auf der Strecke blieb – Michelle Obamas Bild in der Öffentlichkeit. Mit ihrem festen Glauben an die Besonderheit ihres Mannes, jenem Vertrauen, das Obama bei seiner Rede in Hawaii gewürdigt hatte, konnte sie auch unangenehm auffallen: »Barack wird nie zulassen, dass ihr in euren alten Schlendrian zurückfallt – desinteressiert, uninformiert«, sagte sie bei einem ihrer Auftritte. Ein anderes Mal machte sie eine Bemerkung, die immer wieder aufgewärmt wurde: »Zum ersten Mal in meinem Erwachsenenleben bin ich wirklich stolz auf mein Land«, sagte sie über die Hoffnungen, die die Kandidatur ihres Mannes ausgelöst hatte.
Keiner aus dem Wahlkampfteam machte sie darauf aufmerksam, dass sie mit solchen Äußerungen vielleicht den falschen Ton anschlug. Und mehr noch, manche von ihnen gingen ihr regelrecht aus dem Weg. Als ihr das bewusst wurde, war sie wütend, fühlte sich aber auch schuldig. »Sie konnte mit dieser Vorstellung nicht leben: Was wäre, wenn er nicht Präsident wird, nur weil ich etwas Bestimmtes gesagt oder getan habe?«, berichtete ein Berater. Im Sommer 2008 begannen die eigentlichen Wahlvorbereitungen, doch Michelle Obama entschied, erst dann wieder im Wahlkampf aufzutreten, wenn ihr Image repariert sei. »Ich gehe da nicht mehr raus, wenn alle der Meinung sind, dass es sich am Ende negativ auswirkt«, meinte sie. Sie habe so etwas noch nie gemacht, also solle man ihr bitte eine vernünftige Einweisung geben.
Und so wurde die neue Michelle geboren. Das Wahlkampfteam hatte an einem Dokumentarfilm über Michelle Obama gearbeitet, der »alles auf den Tisch legen« und zeigen sollte, wer sie wirklich war. Der Film war im Mülleimer gelandet. Stattdessen trat Michelle Obama in Vormittagsshows auf, wo sie über Speck sprach (den sie mochte)
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