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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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würde, waren die Obamas mit Rahm Emanuel, damals US -Kongressabgeordneter von Illinois, und dessen Frau, Amy Rule, zum Abendessen aus. Obwohl Barack seine Familie gerne nach Washington holen wollte, rieten die Emanuels dringend, es besser ihnen nachzutun: die Familie in Chicago zu lassen und die Pendelei hinzunehmen. Sonst könnten Michelle und die Mädchen das schlechtere Ende erwischen. Sie würden in einer fremden Stadt ohne unterstützendes Netzwerk leben und doch kaum mehr Zeit mit Barack verbringen, als wenn sie in Chicago blieben. »Ich bin nach Washington gereist, um seiner Vereidigung beizuwohnen, und seither bin ich nicht mehr dort gewesen«, erklärte Amy Rule demonstrativ. Diese klare Botschaft hatten die beiden im Vorfeld mit David Axelrod abgesprochen, dem neuen Wahlkampfstrategen von Barack Obama.
    Kurze Zeit nachdem Obama im November 2004 den Sitz im US -Senat mit 70 Prozent der Stimmen gewonnen hatte – die Kandidatur seines republikanischen Gegners, Jack Ryan, war im Strudel eines Eheskandals untergegangen –, wurden erste Stimmen laut, er solle sich um das Präsidentenamt bewerben. Michelle Obama versuchte, die Gemüter zu beruhigen. Ihr Mann sei ein Mensch, kein Prophet, sagte sie jedem, der es hören wollte, und auf nationaler Ebene habe er bis jetzt kaum etwas erreicht. Bei allen anderen weckte sein grenzenloser Enthusiasmus Hoffnung, aber ihr machte er Angst, weil die Erwartungen übergroß wurden. Doch angesichts des Beifalls und der Genugtuung darüber, dass andere ihren Mann endlich einmal so sahen wie sie selbst, begann Michelle Obamas Widerstand zu schrumpfen. »Sie hatte wirklich begriffen, dass dies das Schicksal sein könnte, von dem alle immer sprachen«, berichtete Kevin Thompson. Sie begann sogar laut über die Präsidentschaft nachzudenken. »Wenn er 2008 kandidiert und zwei Amtszeiten durchläuft, wäre er danach erst vierundfünfzig«, sagte sie bei einem Dinner mit Thompson. »Und was dann?«
    Barack hingegen fiel es manchmal schwer, mit seiner Frau über die Frage der Präsidentschaft zu sprechen. Er hatte bereits so viel von ihr verlangt, aber noch nie etwas annähernd so Großes. Allein die unleugbare Lebensgefahr. Und Michelle war neu auf der politischen Bühne, bewegte sich dort auf unbekanntem Terrain. Eine schwarze First Lady? Ein Unding. Im Land gab es unter den wenigen prominenten schwarzen Frauen nur eine Handvoll Akademikerinnen – meist wurden schwarze Frauen wegen ihrer Leistungen im Sport oder auf der Showbühne bekannt.
    Im September 2006 nahm Obama eine Einladung zu Senator Tom Harkins berühmter, jährlich stattfindender Steak-Grill-Party in Iowa an – ein deutlicher Fingerzeig, dass er tatsächlich eine Kandidatur in Betracht zog. Denn Iowa war einer jener Staaten, in denen früh gewählt wurde. Doch Michelle erfuhr erst aus einer Meldung auf der Website der
Chicago Tribune,
dass ihr Mann an diesem Fest teilnehmen wollte. Als Obama Robert Gibbs, damals Leiter seiner Pressestelle, gestand, dass er seine Frau nicht über seine Teilnahme informiert hatte, schrillten bei Gibbs die Alarmglocken. »Sind Sie
wahnsinnig?
«, fragte Gibbs.
    ***
    Im Oktober 2006 kam Baracks neues Buch,
Hoffnung wagen,
heraus, das sich wie das Protokoll seines Vorstellungsgesprächs als künftiger Präsident las. Bei der verregneten Buchpräsentation in Chicago versammelten sich jede Menge Obama-Anhänger in einem Zelt, das im Garten von Valerie Jarretts Eltern aufgebaut worden war. Als Obama vortrat, um ein paar Worte an die Anwesenden zu richten, kreisten die Gedanken aller nur um eine einzige Frage. Eine Frage, die nicht einmal David Axelrod und Obamas andere Berater beantworten konnten: Würde er kandidieren?
    Anfangs hatte auch Barack Obama das Gerede von der Präsidentschaft ignoriert. Dabei war er mit der Arbeit des US -Senats ebenso unzufrieden wie damals, als er noch Bundessenator gewesen war. Er war nach Washington gekommen, um Großes zu vollbringen, und jetzt war er Junior-Senator in einem von den Republikanern dominierten Gremium, das langsam arbeitete und an starre Regeln gebunden war. »Erschießen. Sie. Mich. Jetzt.«, schrieb er einmal während einer besonders langatmigen Rede einem Berater auf einen Zettel. (Der Redner war übrigens Senator Joe Biden, der später Vizepräsident unter Obama werden sollte.) [4] Insofern war die Aussicht, 2008 tatsächlich ins Rennen zu gehen, sehr verlockend. Zumal ihm Spitzenleute der demokratischen Partei rieten, er solle sich

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