Die Obamas
würden, haben hier weitreichende Folgen. Während der Arbeit an diesem Buch konnte ich immer wieder beobachten, wie sich die persönlichen Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Obamas auf uns Außenstehende auswirken: das von beiden geteilte Misstrauen gegenüber politischen Abläufen, das sie fast in ihrer Arbeit behinderte; die zuweilen extremen Einschätzungen seitens des Präsidenten und die Gedanken, die Michelle Obama sich deswegen machte; das Gefühl der First Lady, häufig um der Karriere ihres Mannes willen zurückstehen zu müssen, und wie sie sich behauptete; der häufige Wunsch beider nach Flucht und Freiheit und Entlastung von dem Leben, für das sie so hart gekämpft hatten; und die Art und Weise, wie Michelle Obama ihrem Mann wiederholt – persönlich wie politisch – siegen half. In Zeiten der Krise schaut die Öffentlichkeit genauer darauf, was ein Präsident tut, daher wird Obamas Wiederwahl 2012 auch davon abhängen, wie er sich gemeinsam mit seiner Familie präsentiert. Es wird auf bewegende Bilder ankommen und auf charmante Berichte – wenngleich die wahre Geschichte der Obamas im Weißen Haus natürlich viel komplexer ist.
Zwei Jahre nach dem Interview im Oval Office und nach dem Schreiben vieler Reportagen kommt mir die Idee, in diesem Rahmen über eine Ehe zu berichten, gar nicht mehr seltsam, sondern eigentlich ganz logisch vor. Barack und Michelle Obama sind seit über zwanzig Jahren zusammen, aber auch wir werden mindestens ein weiteres Jahr und möglicherweise noch länger mit ihnen zusammen leben.
Jodi Kantor
Brooklyn, New York
September 2011
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Erster Teil: Ankunft
Kapitel 1: Die Auseinandersetzung
Herbst 2008
M ichelle Obama trug eine dunkle Sonnenbrille und eine Baseballkappe, um unerkannt zu bleiben.
Anfang November 2008 , nur ein paar Tage nachdem ihr Mann die Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewonnen hatte, schlüpfte sie mit ihrer siebenjährigen Tochter Sasha aus der bewaffneten Festung, zu der sich ihr Zuhause in Chicago entwickelt hatte. Sie wollte Sasha zum Tennisunterricht bringen, zu einem öffentlichen Tennisplatz in einem Park hinter einer Grundschule, ein paar Blocks von ihrem Haus entfernt. Die Blätter an den Bäumen hatten sich bereits verfärbt, aber es war noch warm, und neben dem Tennisplatz spielten ein paar Jungen Baseball.
Die Tatsache, dass ihr Mann wirklich Präsident der Vereinigten Staaten sein würde, wurde ihr nun allmählich bewusst. Der Erkenntnisprozess hatte erst in der Wahlnacht eingesetzt, als sie während seiner Siegesansprache vor feiernden Menschen aus Chicago und der weiteren Umgebung auf der Bühne stand. (»Du hast es
wirklich
geschafft?«, hatte sie ihm ungläubig zugemurmelt.) [1] Danach war alles Schlag auf Schlag gegangen: Obama machte Pläne, wie sich seine Führungsriege im Weißen Haus und sein Kabinett zusammensetzen sollte, und die Leute standen inzwischen bereits auf, wenn er einen Raum betrat. Sein für die Wochen des Übergangs gedachtes Büro in Chicago wurde gerade eingerichtet, und der Secret Service hatte die Fenster schon mit dicken kugelsicheren Plastikplanen verhängt. Laura Bush meldete sich bei Michelle und lud sie zur Besichtigung des Weißen Hauses ein. Und die ganze Nation rätselte, welche Schule ihre Töchter in Washington besuchen würden, ja sogar, welche Rasse das Hundebaby haben würde, das sie bekommen sollten. Michelle wirkte etwas benommen, als zögere sie sich einzugestehen, welche enormen Umwälzungen auf sie zukamen. Sie versuchte, von einem Tag zum anderen zu leben und an ihrem normalen Tagesprogramm festzuhalten. Daher auch die Tennisstunde.
Im Park liefen sie alten Freunden in die Arme, Susan McKeever und deren Tochter Alana Sahara. Die McKeevers gehörten zu dem engen Kreis, der den rasanten Aufstieg der Obamas miterlebt hatte. Sie hatten die Mädchen aufwachsen sehen und dem Kandidaten und seiner Frau in Hotelsuiten in fremden Städten Gesellschaft geleistet. Sie waren echte Freunde aus ihrem Stadtviertel, keine politischen Weggefährten. Michelle und Susan saßen im Vorstand derselben kleinen afrikanischen Tanzgruppe und hatten vor einigen Jahren verschiedene Spendenaktionen geplant, darunter auch eine, die das Backsteinhaus der Obamas mit lautem, rhythmischem Getrommel erfüllt hatte.
Jetzt erkundigte sich Susan McKeever vorsichtig nach einer Sache, über die die Obamas seit einiger Zeit im engen Kreis diskutiert hatten.
»Wie sieht’s aus? Habt ihr euch
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