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Die Odyssee des Captain Roadstrum

Die Odyssee des Captain Roadstrum

Titel: Die Odyssee des Captain Roadstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Lafferty
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einzigen Schlag ihrer Leopardenpranke das Gesicht. Sie riß das ganze Gesicht einfach vom Schädel. Änea war ausgelöscht. Sie war tot.
    Tot, tot, und nichts war mehr von ihr da. Nichts außer dem Gesang, der zu einem Schrei geworden war und immer noch in der Luft hing. Und außer dem blutigen Brei, den sie in den Boden gestampft hatten.
    Aber sie war hartnäckig, diese Änea, und sie hatte ihre eigene Philosophie.
    „Ich bin so, wie ich immer gewesen bin”, sagte sie. „Ihr könnt alle sehen, daß kein Blut an mir klebt.” Nun, es war ziemlich viel Blut an dem zermanschten Körper, und noch mehr an der Katze Margaret. Sie leckte sich das Blut von den Klauen und Lefzen, und es war ziemlich viel Blut.
    „Ich sehe mich lebendig und unverletzt”, fuhr Änea fort. (Ihr Körper lag als blutige Masse am Boden, und ihre Stimme hing in der Luft.) „Und ich weiß, daß auch ihr mich lebendig und unverletzt seht. Deshalb bin ich lebendig und unverletzt, obwohl ich eben einen entsetzlichen Tod gestorben bin. Und ihr solltet jetzt besser verschwinden. Ich hasse klebrige Abschiedsszenen. Und das, was von mir übriggeblieben ist, ist ziemlich klebrig.”
    „Änea, wer immer du wirklich bist, die Stimme, die in der Luft hängt, oder die blutige Masse dort auf dem Boden, deine Philosophie hat einen entscheidenden Fehler. Du bist nämlich wirklich tot. Du beginnst jetzt, dich aufzulösen, und deine ganze Welt löst sich mit dir auf.”
    Er fuhr herum.
    „He! Wir sollten lieber von hier verschwinden, solange noch etwas da ist, von dem man verschwinden kann!” rief er.
    „Würdest du noch einmal für uns singen, Änea?” bat Humphrey, das gemütvolle Kamel, das jetzt wieder langsam menschliche Gestalt annahm.
    „Ja, bitte”, sagte Margaret. Sie hatte wieder ihre menschliche oder Houri-Gestalt angenommen. „Wie wäre es mit dem Lied ‚Ich habe das Maul voller Vogelfedern’? Das ist wirklich ein toller Boogie. Oder du könntest uns auch die Ballade ‚Der sterbende Kanarienvogel’ singen. ‚Der sterbende Kanarienvogel’ war schon immer mein Lieblingslied.” Margaret war immer ziemlich grausam.
    „Ich kann nicht mehr singen”, flüsterte Änea. „Ich spüre, wie ich mich auflöse, wie ich vergehe. Aber habe ich nicht alles sehr gut gemacht?”
    Doch, das hatte sie wirklich.
    Aber jetzt war das Mordgeschrei durch den ganzen Raum gedrungen, und sie galten als Gesetzlose, die gnadenlos gejagt wurden. Kein anständiger Mensch würde ihnen Schutz und Hilfe gewähren, kein Hund von ihnen ein Stück Brot annehmen.
     

 
7
     
     
    Es war der exklusivste Club des ganzen Universums, nein: aller Universen, und selbst das ist noch eine gewaltige Tiefstapelei. Vor allem muß ich betonen, daß es sehr schwierig war, dort überhaupt hineinzukommen.
    Er lag hundertdreizehn Stockwerke hoch, nach einer Zählung, und hundertneunzehn nach einer anderen, und niemand konnte sagen, welche der beiden Angaben stimmte oder ob überhaupt eine von beiden zutraf. Natürlich hatte der Club keine Suitennummer, so wie auch nichts anderes in den ganzen Gebäuden irgendwelche Nummern oder Ziffern hatte.
    Es war in einem dieser seltsamen Holzgebäude von Guimbarde-Town, und die Gebäude von Guimbarde-Town haben weder Aufzüge noch Paternoster. Wie sollten sie auch? Es gibt doch in keinem der Gebäude dort einen Korridor oder Schacht, der gerade genug gebaut ist, daß man eine derartige Transporteinrichtung installieren könnte.
    Es war in einem dieser über tausend hohen Holzbauten auf Ravenhill, in diesen himmelhohen Hütten, von denen die meisten mindestens hundert Stockwerke aufweisen (niemand kann das genau sagen, weil es noch niemand nachgezählt hat), wo der Club seine Räume unterhielt. Diese Gebäude lehnen sich aneinander und halten sich gegenseitig aufrecht. Und wenn mal eines ins Schwanken gerät oder gar umkippt (was recht häufig vorkommt), fallen gewöhnlich zwei oder drei andere gleich mit.
    Das Gebäude besaß keinen Namen oder zumindest keinen Namen mehr. Es gab nur noch Bezeichnungen für einzelne Teile des Hauses. Vor langer Zeit war es das Ramshackle-Hotel gewesen, aber die unteren neun Etagen waren allmählich in den schlammigen Grund gesunken (man kennt keine festen Fundamente in Guimbarde-Town), und heute leben verschiedene Völker und Stämme dort im Untergrund. Etwas später waren die oberen Dutzend Etagen abgebrochen und auf das Greenglanders-Building gefallen, in das sie einbezogen wurden, und eine ganze Anzahl der

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