Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse
entwickelte das keynesianische Erbe zwar weiter, sah aber bereits wie ein Physiklehrbuch aus. Fast auf jeder Doppelseite prangte eine grafische Darstellung, eine Gleichung oder eine Tabelle. Keine Zweifel, keine ethisch-ökonomischen Debatten … Alles war klar: Wir präsentieren Ihnen die mechanische Maschine Economics .
SCHLUSSWORT
DAS WILDE LIEGT IN UNS
In diesem Buch habe ich die Entwicklung der ökonomischen Seele seit den Anfängen der schriftlichen Aufzeichnungen auf unserem Planeten untersucht. All das hat Spuren hinterlassen, bis in die heutige Zeit. Wir tragen alle unzählige Geschichten in uns – die selbst erlebten und die, die unsere Vorfahren uns überliefert haben. Und wir haben – oft, ohne es zu wissen – auch andere Geschichten geerbt. In jedem von uns steckt etwas von dem wilden Enkidu, von dem tyrannischen und heroischen Gilgamesch, viel von Platons Einfluss; wir teilen mechanische Träume mit Descartes … Die Worte Jesu und der Propheten hallen in unseren Köpfen nach, aus längst vergangenen Jahrtausenden. Sie helfen uns, unsere eigenen Lebensgeschichten zu machen, und verleihen unseren Handlungen einen Sinn oder Zweck. Diese oft unbekannten Teile unserer Lebensgeschichten (und der Geschichte unserer Zivilisation) leuchten weiter, besonders in Krisenzeiten.
Ich habe versucht, die Geschichte der Wünsche und Begierden seit den allerersten Anfängen der Schöpfung im Alten Testament aufzuzeigen. Die »Erbsünde« könnte man auch als übermäßigen Konsum interpretieren. Die alten Griechen widmeten einen großen Teil ihrer Philosophie ökonomischen Dingen, das Christentum auch. Die Schlüsselwörter und die Grundprinzipien in den Evangelien sind wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Ursprungs. Thomas von Aquin und andere haben ebenfalls viel zu Prinzipien beigetragen, die später Adam Smith zugeschrieben wurden, der sie zum richtigen Zeitpunkt in der Geschichte erklärte. Ich habe mich mit dem Erbe der kartesianischen wissenschaftlichen Methode beschäftigt und Höhepunkte der Ökonomie von Gut und Böse in den Werken von Bernard Mandeville und Smith herausgearbeitet.
Im zweiten Teil habe ich dann zu zeigen versucht, dass das Rätsel des Konsums uns schon immer begleitet hat, dass wir Menschen von Natur aus unnatürlich sind und immer nach mehr streben, selbst wenn um uns herum große Fülle herrscht. Diese abscheuliche Gier, die seit Pandora und Eva von uns Besitz ergriffen hat, ist mit der Plackerei der Arbeit verbunden. Schon die ältesten Zivilisationen wussten das, was wir heute – unter großen Schmerzen – wiederentdecken. Ich habe auch gezeigt, dass wir das hedonistische Programm (Vergrößerung des Güterangebots) dem stoischen (Verringerung der Nachfrage nach Gütern) vorziehen. Wir müssen uns um mehr Selbstbeherrschung bemühen! Im Alten Testament heißt es nicht umsonst: »Besser ein Langmütiger als ein Kriegsheld, besser, wer sich selbst beherrscht, als wer Städte erobert.« 1 Der große englische Dichter John Milton drückt das so aus: »Wer in sich selbst herrscht und seine Leidenschaften, Begierden und Ängste im Zaum hält, ist mehr als ein König.« 2
In Kapitel 9 habe ich mich dann mit der Idee des Fortschritts beschäftigt, den ich als säkularisierte Eschatologie darzustellen versucht habe, und das Konzept der Notwendigkeit des Wachstums in Zweifel gezogen. Ich habe dort zudem das Konzept der Sabbatjahre (wieder) eingeführt und auf die Grenzen des Fortschritts hingewiesen. Am Ende dieses Kapitels stand eine praxisbezogene Botschaft, die der biblische Josef dem ägyptischen Herrscher übermittelte: zyklisch ausbalancierte Staatshaushalte mit einer dynamischen fiskalischen Formel. Josef hatte bei der Vermittlung dieser einfachen Botschaft mehr Erfolg als die heutigen Ökonomen mit ihren (zu) ausgefeilten Modellen. Im zehnten Kapitel habe ich mich dann mit der Ökonomie von Gut und Böse beschäftigt und die Methoden und Fragen der Ökonomie zusammengefasst, die eine Nutzenmaximierung (MaxU) anstrebt. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass die Maximierung des Guten (MaxG) sich besser dazu eignet, den gleichen Zweck auf die gleiche tautologische Weise zu beschreiben – ich würde den Ökonomen allerdings erlauben, philosophischer zu sein und weniger auf Berechnungen zu setzen.
Thema von Kapitel 11 war die (oft unsichtbare) alte Geschichte der unsichtbaren Hand und des Homo oeconomicus. Dieser Gedanke begleitet uns schon seit den ersten Anfängen unserer
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