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Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Titel: Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tomas Sedlacek
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in uns und um uns herum bleibt offenbar konstant.
    Wir leben alle in Geschichten – Geschichten für Kinder oder für Erwachsene. Das Leben scheint aus gar nicht viel anderem zu bestehen. Deshalb reden wir gern so viel: Die Wissenschaftler erzählen sich gegenseitig ihre eigenen Geschichten und »jede Theorie ist eine Autobiografie«, wie Roy Weintraub es ausdrückt. 3 Wie alle Kinder wissen wir, dass unsere Geschichten keine wahre Repräsentation der Welt um uns herum sind, aber eine gewisse Bedeutung für sie haben, eine Verbindung zu ihr, die wir manchmal kaum ausmachen können.
    Mit diesem Buch wollte ich zeigen, dass es eine viel weiter gespannte und faszinierendere Geschichte der Ökonomie gibt als die rein mathematische Wahrnehmung. In gewisser Hinsicht ist es vielleicht ein nicht beredter Versuch, die Seele der Wirtschaft und der Ökonomie aufzuzeigen, ihre Animal Spirits. Wie jede Seele braucht auch diese Aufmerksamkeit, wir müssen uns um sie kümmern und für sie sorgen. Die Ökonomie hat eine Seele, die wir nicht verlieren dürfen – und die wir kennen und würdigen sollten, bevor wir Behauptungen über die äußere Welt aufstellen. Selbst in der Ökonomie ist Seelenpflege nötig.
    Es gehört zu den größten Paradoxen im Leben, dass wir nicht (auf intuitive oder sehr intellektuelle Weise) zu wissen scheinen, was gut für uns ist. Wir versuchen schon seit der Zeit der ersten schriftlichen Erinnerungen der Menschheit, einen Sinn und das Leben zu finden – wie Gilgamesch. Und genau wie er scheinen wir dabei sehr oft zu scheitern. Müssen wir, wenn wir ein glückliches Leben (Eudämonie) anstreben, egoistisch sein und unseren Nutzen maximieren? Oder müssen wir unsere eigene Person vergessen, uns sozusagen »leeren« und unsere Wünsche im Leben minimieren, wie die Stoiker und andere Schulen lehren? Lässt das Glück sich überhaupt effektiv zu einem Lebensziel machen, oder kommt es nur als Nebenprodukt eines anderen, höheren Strebens zu uns?
    Dieses Buch soll auch eine Antithese zur vorherrschenden morallosen, positivistischen und deskriptiv aussehenden Ökonomie sein, die wertfrei sein will . In der Ökonomie gibt es viel mehr normative Elemente, als wir zugeben wollen. Es gibt in ihr viel mehr Werte und Normativität als Wertfreiheit und positivistischen Deskriptivismus.
    Mein Buch ist ein Versuch, ein Gegengewicht zu der reduktionistischen, analytischen und mathematischen modellbasierten Vorgehensweise in der Ökonomie zu bieten. Es ist zudem ein beschränkter Versuch, einen tieferen Zusammenhang und mehr Kommunikationspunkte mit anderen Gebieten zu liefern – mit der Philosophie, Theologie, Anthropologie, Geschichte, Kultur, Psychologie, Soziologie … Ich habe zu zeigen versucht, dass hinter unseren Modellen viel mehr von all dem als von der Mathematik und der Analytik steckt, dass die Mathematik nur die sichtbare Spitze des Eisbergs der Ökonomie ist und dass der Rest des Problems viel weicher und mystischer ist und sich durch deterministische Modelle nicht gut erfassen lässt. Ich bin keineswegs gegen die Mathematik, wollte aber zeigen, dass sie nicht so wichtig ist, wie wir vorgeben. Die Ökonomie braucht nicht mehr Mathematik, sondern mehr von allem anderen. Ich bin überzeugt, dass wir mehr Metaökonomie brauchen, wenn wir die Ökonomie relevanter machen wollen. Das kann uns weiter voranbringen als noch mehr angewandte Mathematik. Man sagt oft, die Ethik und die Soft Skills seien der Zuckerguss auf dem Kuchen der mathematischen Analyse. In diesem Buch habe ich zu zeigen versucht, dass es genau umgekehrt ist, dass die mathematische Analyse der Guss auf dem Kuchen einer viel tieferen und umfassenderen ökonomischen Entwicklung ist. Bevor die mathematische Methode die Oberhand erlangte, war die Ökonomie lange gesund und munter. Wir sollten zwar nicht ignorieren, was die Zahlen uns sagen (ja, sogar Zahlen sprechen!), dürfen aber auch nicht alles ignorieren, was sich nicht mit Modellen erfassen lässt. Und bei den meisten Entscheidungen scheinen gerade das die wirklich wichtigen Aspekte zu sein. Die mathematischen Teile sind die einfachen. Selbst im Reich der Zahlen ist der springende Punkt, sowohl in der theoretischen Ökonomie als auch bei den alltäglichen geschäftlichen oder den Lebensentscheidungen, was genau berechnet werden muss und wie die Ergebnisse zu interpretieren und anzuwenden sind; mit anderen Worten: welche Zahlen wir betrachten (und wie) und welche wir ignorieren (und wie)

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