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Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Titel: Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tomas Sedlacek
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strenge Kant
    Ich möchte mit der extremsten Moralschule beginnen. Kant fordert eine Moralität, die jeden (ökonomischen) Lohn in dieser Welt verurteilt und als Beeinträchtigung der Moralität des betreffenden Aktes betrachtet. In seinen Augen sind nur solche Handlungen moralisch, die nicht belohnt werden. Wenn wir unser Leben aufs Spiel setzen, um einem anderen Menschen das Leben zu retten, und uns das einen Lohn bringt oder wir es mit einem Gewinn oder irgendeinem anderen Nutzen im Sinn tun, wird die Moralität dieser Handlung aufgehoben. Damit nähert Kant sich dem christlichen Verständnis des Lohns für Moralität, das seinen besten Ausdruck im Lazarus-Gleichnis findet: Der Reiche kommt in die Hölle, weil er schon in dieser Welt Freuden erlebt hat, der Arme hingegen kommt in den Himmel, weil er hier gelitten hat.
    Nach Ansicht von Kant können moralische Akte nur selbstlos ausgeführt werden, aus reiner Verpflichtung gegenüber dem moralischen Imperativ. Die kantische Ethik ist gänzlich antiutilitaristisch. Ihr zufolge schenkt ein moralischer Mensch Vergrößerungen oder Verringerungen des Nutzens keine Beachtung; wenn wir eine moralische Handlung vollziehen wollen, muss sie sozusagen unseren Gleichgültigkeitskurven zuwiderlaufen und wir müssen, wie Kant sagt, »unser Ich überwinden« und uns dem Diktat widersetzen, eine Maximierung unseres eigenen Nutzens anzustreben. Damit wird Kant zum strengsten aller Morallehrer.
Die abgeklärten Stoiker
    Kant erscheint noch strenger als die Stoiker, die einen Lohn für gute Taten nicht ablehnen – er darf allerdings nicht das Motiv für die Handlung sein. Die Stoiker stehen den Ergebnissen ihrer Handlungen gleichgültig gegenüber; sie berücksichtigen nicht, ob sie dafür einen Lohn oder eine Strafe empfangen werden. Es ist ihre Pflicht, sich an die Regeln zu halten, was das auch mit sich bringen mag, und sich nicht für die Ergebnisse ihrer Handlungen zu interessieren. Ihnen ist das Motiv wichtiger als die Handlung selbst. Die ökonomischen Auswirkungen auf den Einzelnen, die Vergrößerung oder Verringerung des Nutzens, spielen für die Stoiker keine Rolle und dürfen überhaupt nicht berücksichtigt werden.
    Platon und Aristoteles stehen den Stoikern nahe. Sie sind zwar unterschiedlicher Ansicht im Hinblick darauf, ob jede Lust schlecht ist (diese Auffassung vertritt Platon laut Aristoteles), sind sich jedoch darin einig, dass es wesentlich ist, ein gutes Leben zu führen. Aristoteles zufolge müssen Lüste zwar nicht immer schlecht sein, sind aber weniger wichtig als ein gutes Leben.

Das Christentum
    In seiner asketischen Tradition steht das Christentum den stoischen Idealen der Gleichgültigkeit gegenüber dem Nutzen, der Lust und dem Leid nahe. Es verachtet sinnliche Motive und Genüsse ebenfalls und betrachtet sie als Charakteristika des gefallenen menschlichen Leibes – als physischen Aspekt, der gebändigt, unterworfen und (um ein christliches Wort zu benutzen) gekreuzigt werden muss. Bei der Frage, wie das geschehen soll, vertreten die Christen jedoch eine andere Ansicht als die Stoiker. Ihrer Auffassung nach ist der Mensch nicht selbst in der Lage, diese Ideale zu erreichen. Das christliche Ideal ist zudem anspruchsvoller als das stoische, denn das Christentum findet die Sünde auch in den Gedanken, nicht nur in der physischen Durchführung. Im Hinblick auf ein rechtschaffenes Leben werden nicht so sehr ein starker Wille und Selbstverleugnung betont, sondern die Hilfe von oben (Veränderung des Herzens, des Willens, des Denkens). Im Vergleich zu den Stoikern bildet sich hier also eine neue transzendentale Dimension heraus.
    Thomas von Aquin schreibt der Vernunft eine ähnliche Rolle zu; er ist letztlich derjenige, der das bis dahin emotive Christentum auf rationale Grundlagen stellt. Er setzt die Vernunft mit der Tugend gleich, da er Gott als reine Intelligenz begreift. Ein Mensch ist in dem Maße tugendhaft, in dem er auf seine Vernunft hören und später entsprechend handeln kann. Thomas geißelt buchstäblich jeden, der zögert, seinen Verstand zu benutzen, da Unkenntnis in seinen Augen eine Sünde ist.
    Eine andere, emotivere Strömung des Christentums führt die Gläubigen zu einer tiefen inneren Transformation, nach der alle Motive und Verlangen automatisch mit dem Guten in Einklang stehen. Die Bibel spricht in diesem Zusammenhang von einem »verwandelten Herzen« und einem »neuen Menschen«.
Die Lehren der Hebräer
    Im Hinblick auf ihre

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