Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Politikerin zu werden. Seit fast 20 Jahren lebte sie im schwäbischen Murrhardt, wo die Lederfabrik steht, die die Vorfahren ihres Mannes Folkart Schweizer gegründet haben.
|330| Ihr Vater hatte in den sechziger Jahren über das Leben, das seine damals noch nicht 30-jährige Tochter gewählt hatte, mit einem unüberhörbar ironischen Unterton gesagt: »Rosely hat alles nach System gemacht. Studiert, geheiratet, eigenes Haus, Kind.« In der schwäbischen Provinz, in die es seine Tochter verschlagen hatte, könne sie es nicht einmal wagen, einen Hosenanzug zu tragen. Und jede Woche müsse seine Rosely jetzt einen Kuchen backen, amüsierte sich Oetker im Gespräch mit Journalisten. »Sonst würde sie nicht als Hausfrau akzeptiert.«
Rosely Schweizer brachte zwischen 1968 und 1972 zwei Söhne und eine Tochter auf die Welt, aber sie mochte nicht nur Hausfrau bleiben. Schon im Kindergarten und in den Schulen ihrer Kinder wurde sie regelmäßig als Elternvertreterin gewählt. Die Unternehmerfrau engagierte sich im Kinderschutzbund und Mütternotdienst, wurde Mitglied im Musikverein, im Tennisclub und in der Narrenzunft. 1984 wurde Rosely Schweizer schließlich im Ortsverband der CDU aktiv und bald auch Mitglied im Gemeinderat von Murrhardt.
Die Fabrikantenfrau machte eine schnelle Politkarriere. 1991 kandidierte sie für den Landtag von Baden-Württemberg. Auf einer Wahlveranstaltung im Backnanger Bürgerhaus stellte sie sich dem Publikum als Mutter erwachsener Kinder vor. Ihre Kandidatur begründete sie damit, dass es im Parlament an Frauen und Unternehmern fehlte. »Im Landtag sitzen heute mehr als die Hälfte Beamte. Wenn das so weitergeht, werden wir total verwaltet.«
Rosely Schweizer gewann ein Direktmandat und zog im April 1992 in den Landtag ein. Innerhalb von vier Jahren stieg sie zur wirtschaftspolitischen Sprecherin der CDU-Fraktion auf. Sie verstand mehr von der Materie als die meisten ihrer männlichen Kollegen. Wirtschaft lag ihr im Blut. Zwar hatte ihr Vater niemals versucht, die Tochter in die unternehmerische Richtung zu drängen, aber er hatte ihr eine gute Schulbildung ermöglicht und sie in dem Eliteinternat Schloss Salem untergebracht. Ihr Abitur hatte sie in Rendsburg gemacht. Dort hatte damals ihre Großmutter gelebt, die eine ganz ungewöhnliche Frau war und ihre Enkeltochter stark prägte.
Rosely Schweizer (rechts), Mitglied des Baden-Württembergischen Landtages,
mit Bergit Gräfin Douglas und Christoph Graf Douglas (Mitte) bei der
Eröffnung der »Residenz Turgenejew« des Brenner’s Park-Hotel.
Diese Käthe Ahlmann hatte nach dem Tod ihres Mannes 1931 die Leitung der Ahlmann-Carlshütte KG übernommen, die sich schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im Familienbesitz befand und aus einer Eisengießerei und einem Emaillierwerk bestand. Mit Sachverstand und Durchsetzungskraft hatte sie die Firma über Jahrzehnte geführt. Käthe Ahlmann hatte 1954 den Verband deutscher Unternehmerinnen mitgegründet und war dessen Präsidentin gewesen. Mit ihrer heranwachsenden Enkelin hatte sie in den fünfziger Jahren über Investitionen, Absatzstrategien und Aktien gesprochen – zu einer Zeit, als Frauen in führenden Wirtschaftspositionen eine Seltenheit waren.
Rudolf-August Oetker hätte es wohl lieber gesehen, wenn seine Tochter nach dem Abitur Kunstgeschichte studiert hätte. Aber Rosely hatte sich für ein Studium der Wirtschaftswissenschaften entschieden. Sie hatte sich an der Universität Innsbruck eingeschrieben und während |332| des Studiums ihren Mann kennen gelernt. In den Semesterferien hatte die Studentin Berufserfahrungen in zahlreichen Betrieben gesammelt.
Später hatte sie im Reich des Vaters Kontrollfunktionen übernommen. Seit 1986 war die diplomierte Volkswirtin persönlich haftende Gesellschafterin der Henkell & Söhnlein Sektkellereien, die zum Oetker-Reich gehörten. Auch im Aufsichtsrat der Lederfabrik ihres Mannes wirkte sie mit. Später rief Rudolf-August Oetker die älteste Tochter als einzige seiner Nachkommen in den Beirat der Bielefelder Holdinggesellschaft August Oetker KG.
Die CDU-Politikerin galt im Landesverband ihrer Partei zwar bald als »ministrabel«, sie rückte aber nicht in die Landesregierung auf. Immerhin wurde Rosely Schweizer in den Bundesvorstand des Wirtschaftsrats der CDU gewählt und in den Beirat für Außenwirtschaft berufen, der den Bundeswirtschaftsminister berät. Der Verband deutscher Unternehmerinnen, den ihre Großmutter einst mitgegründet
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