Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Oetker.
Bevor sie sich der Bürgergemeinschaft anschloss, hatte die Unternehmergattin |328| der CDU angehört. Der Wechsel des Parteibuchs zahlte sich aus – für sie selbst ebenso wie für die Bielefelder Christdemokraten. Denn bei der Wahl erhielt die BfB fast zehn Prozent der Stimmen und konnte gemeinsam mit der CDU und der FDP die regierende rotgrüne Mehrheit ablösen. Maja Oetker zog in den Stadtrat ein, wo sie unter anderem gegen eine Großdeponie, für mehr Altenheimplätze und eine Eindämmung der lokalen Drogenszene stritt.
Die Industriellengattin Maja Oetker verschanzt sich nicht hinter den Hecken
ihrer Villa, sondern betätigt sich in der Kommunalpolitik.
|328| Die resolute Konzernfürstin lieferte sich mit dem parteilosen Umweltdezernenten Uwe Lahl einen Machtkampf, der bundesweit für Aufsehen sorgte. Lahl achtete penibel auf die Einhaltung von Umweltgesetzen und piesackte die Bielefelder Unternehmen mit strengen Kontrollen. Zu seinen Aufgaben gehörte die Lebensmittelüberwachung und damit auch die Aufsicht über Dr. Oetkers Puddingküche. Lahl bemängelte bei einigen Oetker-Produkten, dass sie irreführende Bezeichnungen trügen. So sei die Oetkersche »Classique Mousse au Chocolat« in Wahrheit nur »aufgeblähte Schokoladencreme« und mit der echten Süßspeise nach französischem Rezept nicht zu vergleichen.
Während sich die Firma Oetker und die Stadt Bielefeld über vier solcher Fälle vor Gericht stritten, beschloss die konservative Mehrheit im Stadtparlament kurzerhand, dem streitbaren Dezernenten Lahl die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz zu entziehen. Maja Oetker stimmte mit, und ohne ihre Stimme wäre die erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden. Lahl monierte, die Unternehmerfrau sei befangen gewesen und hätte sich enthalten müssen. Er klagte sogar vor Gericht dagegen, dass »ein Nahrungsmittelkonzern seinen Überwacher bestellen kann«, blieb aber, soweit bekannt, erfolglos.
Als Kommunalpolitikerin verfügte Maja Oetker über andere Möglichkeiten als ihre Kollegen. Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass es in Bielefeld an Altenheimplätzen fehlte, sorgte sie für Abhilfe. Ihr Mann stiftete ein Grundstück, auf dem anschließend ein Altenstift errichtet und nach Oetkers Großmutter Caroline benannt wurde.
Andererseits war Maja Oetker daran gelegen, sich durch ihre politische Karriere zu emanzipieren. Ihre Motive beschrieb sie der
Welt am
Sonntag
in einem Interview: »Ich war 55, die Kinder selbstständig und |329| ich in einer Lebensphase, wo ich noch mal etwas anderes machen wollte.« Es hatte keine Aufgabe sein sollen, die mit der Arbeit ihres Mannes in Zusammenhang stand, sondern etwas, »das ich wirklich selber machte«.
Im Mai 1992 wurde Maja Oetker sogar zur zweiten Bielefelder Bürgermeisterin gewählt. Doch sie verlor den Posten schon nach zweieinhalb Jahren wieder, als SPD und Grüne die Mehrheit in Bielefeld zurückeroberten. »Mein Nachfolger ist nun ein Kurde, der für die Grünen dort sitzt«, sagte die Ratsfrau, als sie in der Opposition war. Doch bei den Kommunalwahlen im Herbst 1999 errangen CDU, FDP und die Bürgergemeinschaft für Bielefeld erneut einen Sieg und Maja Oetker zog mit 63 Jahren ein weiteres Mal in den Stadtrat ein.
Die konservative, fast rückwärts gewandte Weltsicht der Unternehmerfrau wurde in einem Statement deutlich, das sie zur Jahrtausendwende gab: »Für das neue Jahrhundert wünsche ich uns Deutschen die Besinnung auf die Tugenden, die im Ausland noch heute als typisch für uns gelten: Anständigkeit, Fleiß und Zuverlässigkeit, und dazu, 55 Jahre nach Kriegsende, ein gesundes Selbstbewusstsein, um der ständigen Miesmacherei unseres eigenen Landes und Volkes zu begegnen.« Zu dieser Haltung passte, dass Maja Oetker sich gegen die Ausstellung »Verbrechen der Wehrmacht« wandte, die Jan-Philipp Reemtsmas Hamburger Institut für Sozialforschung zusammengestellt hatte. Überdies hatte sie schon Mitte der neunziger Jahre einen Aufruf unterzeichnet, in dem gefordert wurde, den Tag der Kapitulation des Deutschen Reichs am 8. Mai 1945 »nicht einseitig als Tag der Befreiung« zu werten.
Maja Oetker ist nicht die einzige Frau aus dem Industriellenclan, die sich auf die politische Bühne begeben hat. Auch ihre Stieftochter Rosely Schweizer verspürte im Lauf der Jahre den Drang, über die Familie und die Unternehmen hinauszuwirken.
Die älteste Tochter Rudolf-August Oetkers war 44 Jahre alt, als sie 1984 beschloss,
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