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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nicht preisgeben wollte. Matscha wusste, dass der Mann noch nichts verraten hatte, sonst wäre er schon tot. Er empfand ein wenig Mitgefühl für diese Kreatur, und ein bisschen bewunderte er auch die Willensstärke, mit der sie ihr Geheimnis bewahrte. Doch sein Zorn auf alles Menschliche überwog seine anderen Gefühle bei weitem. Menschen waren für ihn nicht nur wertlos, sondern auch verachtenswert. Er hasste sie. Er hasste alles an ihnen ... und einen Teil von sich selbst.
    Matscha drehte den Käfig spielerisch um die eigene Achse, um zu sehen, ob der Hüttenbauer noch bei Bewusstsein war. Der Gefangene reagierte nicht, aber sein Körper passte sich der Drehung des Käfigs an, was Matscha vermuten ließ, dass sich der Mann nur tot stellte. Er griff durch die Gitterstäbe und packte den Gefangenen am Schopf. Er zog ihn an den Haaren hoch und spuckte ihm ins Gesicht. Pupillen und Augenlider reagierten sofort. Der Mann war ein guter Schauspieler, aber nicht gut genug, um einen Oger hinters Licht zu führen.
    »Wo ist Meister?«, fragte Matscha.
    Nervös bewegten sich die Pupillen unter den Lidern hin und her.
    »Ich weiß, dass du mich hören, also antworten mir. Wo ist Meister hin?«
    Der Mann vertraute weiterhin auf seine darstellerischen Fertigkeiten.
    »Wenn du nicht öffnen Maul, ich dir stechen mit glühendem Eisen Augen aus. Ihr das mit Kriegern aus meinem Volk getan, um sie in eure Hütten bringen ... und dort ausstellen. Danach durften eure Weibchen und die Jungen Steine auf sie werfen.«
    Die Worte taten ihre Wirkung. Blinzelnd öffnete der Mann die Augen und schaute Matscha ohne Furcht ins Antlitz. Er hatte schon öfter dem Tod gegenübergestanden und wusste, dass Angst ihm nicht helfen würde. Genau studierte er Matschas Gesichtszüge, bevor er antwortete.
    »Du bist ein Mischling, halb Oger halb Mensch. Du solltest am besten wissen, warum wir die Kreaturen Tabals fürchten.«
    Es erstaunte Matscha nicht sonderlich, von dem Gefangenen als Halboger entlarvt zu werden. Die Hüttenbauer kannten ihre Gegner genau. Aus diesem Grunde waren sie auch so gefährlich, und man konnte ihnen nicht vertrauen.
    »Ich dich etwas gefragt. Erwarten Antwort«, drohte Matscha, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
    »Der, den du Meister nennst ...«, begann der Mann, als eine Stimme aus dem Hintergrund ihn unterbrach.
    »... ist wieder zurück.«
    Aus einem Schatten im Hauptgang trat ein Meister ins Licht der Fackel. Er trug einen langen schwarzen Brokatmantel mit dunkelgrünen Runenstickereien. Der Kragen war hoch aufgestellt und verdeckte den Hinterkopf fast vollständig. Langsam schritt er auf sie zu und begrüßte sie mit einer überschwänglichen Geste. Zehn fingerdicke Nesselarme entsprangen dem Bereich seines Kiefers. Seine schmalen Lippen konnten die papageienartigen Zangen in seinem Mund nicht ganz verbergen.
    Seine Augen waren starr wie die eines Fisches. Auch der Kopf schien unbeweglich, da er mit dem Rücken durch eine Hornplatte verbunden war. Die äußerst hölzerne Art ließ den Meister unnahbar und arrogant wirken, was die kreisrunden emotionslosen Augen zusätzlich unterstützen. Die flachen Muskelstränge unter der durchscheinenden Haut vibrierten leicht. Nach wenigen Sekunden verfärbte sich sein Körper zu einem Bräunlich-Schwarz, ähnlich den Möbelstücken in seiner Umgebung.
    »Wie ich sehe, habt ihr euch schon angefreundet und einen kleinen Plausch gehalten. Ich hoffe, ich habe nichts Wichtiges verpasst?«
    Der Meister sah sie nacheinander fragend an, bekam aber keinerlei Antwort auf seine Frage. »Ich verstehe. Vielleicht ein kleines Bündnis unter Feinden? Wie ihr wollt. Aber denkt immer daran, ein Geheimnis ist immer nur so wichtig, wie die Person, die es verbirgt. Und da einer von euch nur ein Puzzleteil ist und der andere nur ein entbehrliches Randstück, könnte es sein, dass ihr es mit ins Grab nehmt.«
    Die einschüchternden Worte verfehlten ihre Wirkung, aber der Meister ließ es auf sich beruhen, wenn auch sichtlich verärgert.
    »So, Matscha, ich hoffe du hast getan, worum ich dich gebeten habe«, fragte er in täuschend nachlässigem Tonfall.
    Matscha wirkte ein wenig verlegen, wollte es sich aber nicht anmerken lassen.
    »Ich alle Sachen dabei, die Ihr gewollt, aber Matscha nicht an Mädchen herankommen. Rator und Mogda unentwegt gut aufpassen. Sie kleines Mädchen mögen.«
    »Ich habe mir schon gedacht, dass du mit dieser Aufgabe überfordert bist. Dann zeig mir, was du mitgebracht

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