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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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zugeteilt hatten. Brakbar beugte sich vor und stützte sich auf dem Ellenbogen ab.
    »Nicht wegen Essen. Ich meine Vorschlag mit Meister in Sandleg. Wir können nicht lassen entkommen.«
    Kruzmak erinnerte sich noch gut an den Vorschlag, den Brakbar ihm vor zwei Tagen unterbreitet hatte, aber er hatte die Idee wieder verworfen, weil er nicht wusste, ob sie überhaupt durchführbar war, und ob Kapitän Londor dabei mitspielen würde. Jetzt kreisten all diese Gedanken wieder in seinem Kopf.
    Verwirrt schüttelte er den Kopf und langte in das Fass mit dem Pökelfisch. Als er gerade seine Hand zum Munde führte, stellte er fest, keinen Fisch geangelt zu haben, sondern einen kleinen Kraken, der ganz mit Salz überkrustet war.
    Brakbar lachte begeistert auf. »Vielleicht Bruder von dem in Sandleg. Siehst du, ganz einfach.«
    Kruzmak warf den Tintenfisch angewidert zurück ins Fass.
    Die Mannschaft warf sich belustigte Blicke zu, als Kapitän Londor jetzt zum dritten Mal an diesem Tag zur Backbordseite des Schiffes ging und abermals die Rümpfe der Rettungsboote auf etwaige Schäden untersuchte. Hinter seinem Rücken machten sie sich über seine neue Eigenheit lustig und nannten ihn leise »Käpt'n Ruderboot«, aber nur, wenn er nicht in der Nähe war.
    Erschrocken fuhr Londor herum, als die Ladeluke neben ihm von innen aufgestoßen wurde, und der Kopf von Kruzmak erschien. Die Mannschaft hatte sich an die täglichen Rundgänge des Ogers gewöhnt und beachtete ihn kaum. Er nahm immer denselben Weg zum Kapitän, mit dem er stets einige Worte wechselte. Niemand hätte es gewagt, den Vergleich auszusprechen, aber es war offensichtlich. Der Kapitän und Kruzmak wurden sich in ihrem Verhalten von Tag zu Tag ähnlicher.
    Als Kruzmak sich Kapitän Londor näherte, sah man ihm die Anstrengung an, mit der er in Gedanken versuchte, die richtigen Worte zu finden.
    »Londor leben in Sandleg?«, fragte Kruzmak schließlich.
    »Lebte«, berichtigte Londor, der weiterhin versuchte, eine Schwachstelle an den Rettungsbooten zu finden. »So wie es aussieht, hat der Hafenmeister mich auf dem Kieker. Mir ist zwar unklar, warum das so ist, aber allein die Tatsache hat mich vor einer Weile dazu bewegt, mir eine andere Bleibe zu suchen. Alles, was ich besitze, ist ohnehin auf diesem Schiff. Am meisten tut es mir um meine Verträge mit den Händlern in Sandleg leid. Sie waren eine gute Einnahmequelle, aber nicht gut genug, als dass ich dafür mein Leben aufs Spiel setzen müsste. Da ich Lagorit, dem Hafenmeister, nichts beweisen kann, und Derring tot ist, bleibt mir keine andere Möglichkeit, als das Weite zu suchen. Ein Hafenmeister hat alle Macht der Welt, dir das Leben als Seemann schwerzumachen. Wenn du nicht genug Leute hast, die dir treu ergeben sind, stehst du auf verlorenem Posten. Glaub mir, mit fünfzig guten Leuten an meiner Seite würde ich mir mein Recht schon erkämpfen und Lagorit auf den Grund des Hafenbeckens schicken.«
    Kruzmak schaute den Kapitän ungläubig an und wartete einen Moment ab, ob dieser auch wirklich fertig war. Er hatte nicht viel von dem verstanden, was Londor gesagt hatte, aber er hatte den Eindruck, dass sie beide von denselben Dingen sprachen.
    »Hm, haben Vorschlag«, begann er verunsichert und wartete auf eine Reaktion des Kapitäns. Londor drehte sich um und sah Kruzmak misstrauisch an.
    »Glauben, dein Meister auch Meister von Oger. Können sehen anders aus. Auch wie Hüttenbauer. Wir wollen Rache für Freunde gestorben wegen Meister. Du uns können sagen, wo wir finden Meister?«
    Kapitän Londor wandte sich wieder ab und schüttelte verständnislos den Kopf. Er verzurrte eines der Rettungsboote und deckte es mit der Plane ab. »Lagorit soll in Wirklichkeit ein Oger sein, der sich in Menschengestalt verwandeln kann? Das kann nicht euer Ernst sein.«
    »Nicht Oger«, stellte Kruzmak richtig. »Meister ist mächtiges Zauberwesen. Ist Meister von vielen Kreaturen Tabals. Von Orks, von Trollen und von Ogern.«
    Londor wandte sich ruckartig Kruzmak zu und zupfte sich nachdenklich an der Unterlippe. »Das ergibt vielleicht doch Sinn«, überlegte der Kapitän halblaut. »Als wir damals den Troll aus dem Wasser fischten, ist der sicherlich noch am Leben gewesen. Zwar bewusstlos, aber am Leben. Dann hat der Hafenmeister mit seinen Leuten das Vieh in Gewahrsam genommen und den Stadtwachen Bescheid gegeben. Später sagte man mir, dass der Troll schon tot gewesen sei, als die Stadtwachen ihn abholen wollten.

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