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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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aber mindestens sechs Schritt hoch. Jeder Schritt, den Matscha machte, hallte durch den schier endlos wirkenden Grat.
    In der einen Hand hielt er einen zusammengeschnürten Lederbeutel, der in seiner Hand an einen zu klein geratenen Proviantbeutel erinnerte. In der anderen führte er eine gewaltige Keule, gespickt mit scharfkantigen Metallsplittern, die gewiss allein aufgrund ihrer Größe erheblichen Schaden anrichten konnte.
    Die lange Reise, die er hinter sich gebracht hatte, machte ihm zu schaffen. Sein Bein schmerzte stark, und er zog lahmend den Fuß nach. Bei jeder Fackel, die er passierte, schlug er mit dem Keulenende leicht gegen die Wand und zählte halblaut. Ein ungutes Gefühl stieg in ihm auf. Die Siedlungen der Menschen waren ihm zuwider. Alles dort war eng und klein. Jede Ecke, jeder Raum wirkte wie ein Stück aus einem Labyrinth, in dem man gefangen war. Überall konnte man einem Hüttenbauer über den Weg laufen. Ihren Augen entging nur wenig. Sobald sie einen Eindringling in ihrem Bau entdeckt hatten, setzten sie alles daran, ihn so schnell wie möglich daraus wieder zu vertreiben ... oder gleich zu töten. Er wusste genau, wie es hier ablief, oder zumindest glaubte er, das zu wissen.
    Es konnte nicht mehr weit sein, bis er endlich am Ziel seiner Reise angelangt wäre. Hier würde sich alles entscheiden. Hier würde sich alles ändern. Nur noch wenige Schritte trennten ihn von seinem neuen Leben.
    »Da bist ja«, murmelte er leise. »Die siebzehnte Fackel. Wollen sehen, welches Geheimnis du verbergen.«
    Ein schwacher Schlag mit der Keule gegen die Wand erbrachte den lang ersehnten Ton: dumpfer Hall - ein Hohlraum. Hinter der Wand war die Kammer des Meisters, der dafür sorgen würde, dass Matscha endlich das Leben führen konnte, das er wollte. Mit festem Griff umklammerte er die Fackel und zog sie samt Halterung nach unten. Der Mechanismus bewegte sich in der Wand und unter leichtem Druck öffnete sich die Geheimtür.
    Der schwere Duft von Koqualwurzel und einem Gemisch aus Kräutern lag in der Luft. Matscha betrat vorsichtig die große Halle, die nur teilweise einzusehen war, da eine Vielzahl von steinernen Säulen die kuppelförmige Decke in fast zwölf Schritt Höhe stützte. Ein farbenprächtiges Gemälde mit Szenen aus den Trollkriegen zierte den glatten Putz der Kuppel. Überall im Raum standen verstreut große Schränke und andere seltsam aussehende Möbelstücke. Jedes Fach, jedes Regal und jede Schublade schien vollgestopft mit Unterlagen, Büchern und Manuskripten zu sein.
    Angestrengt horchte Matscha in die Stille der Halle, konnte aber nichts hören. Nachdem er die Geheimtür wieder zugezogen hatte, tastete er sich langsam zur Mitte des Saales vor. In einem nahen Kamin brannten die Reste eines Feuers, die den darüber hängenden Kessel nur noch spärlich wärmten. Vor der einzigen Wand, die nicht mit Mobiliar vollgestellt war, fiel ihm ein großer halbrunder Bogen auf, dessen Enden auf skurrilen Krallenfüßen standen. Der Bogen war aus zwei Teilen zusammengesetzt, und jedes von ihnen erinnerte entfernt an eine gewaltige Rippe.
    Matscha wollte sich gerade dem seltsamen Gebilde nähern, als er ein leises Husten in seinem Rücken vernahm. Rasch drehte er zunächst den Oberkörper, dann zog er sein lahmes Bein nach. Er konnte noch immer niemanden sehen, aber ein hin und her schwankender Schatten zeichnete sich an der gegenüberliegenden Wand ab.
    »Meister? Meister, hier Matscha. Ich Sachen mitgebracht, die Ihr wollen. Leider hatte keine Gelegenheit, das ... Meister?«
    Niemand antwortete ihm. Ein leises Quietschen, wie von einer Kette, war das Einzige, was die Stille hergab. Er folgte dem Geräusch bis zu einer Säule, nahm eine Fackel von der Wand und erleuchtete die Nische dahinter. Von der Decke hing eine schwere Eisenkette herab. An ihrem Ende war ein Käfig befestigt, der einen Schritt über dem Boden hing und leicht schaukelte. In seinem Inneren saß die gepeinigte Gestalt eines Hüttenbauers. Man hatte ihn seiner Kleidung entledigt und ausgepeitscht. Zwischen den blutigen Striemen auf dem Rücken sah Matscha frisch zugefügte Brandwunden. Der Mann im Käfig hatte sich auf dem Gitterboden zusammengerollt. Seine Hände umklammerten die Stäbe, vor Schmerz verkrampft. Unter den Käfig hatte jemand einen Laib Brot und eine Karaffe mit Wasser gestellt, unerreichbar für ihn.
    Alles sah danach aus, als ob der Meister versuchte, dem Mann irgendwelche Geheimnisse zu entlocken, die er

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