Die Oger - [Roman]
sind eher ... Hühnchen.«
»Was ist Hühnchen, Mogda?«
»Hühnchen sind kleine Vögel, die die Hüttenbauer in Käfigen halten, um ihre Eier zu essen. Wenn sie keine Eier mehr legen, werden sie geschlachtet. Die Hühnchen sind immer die Verlierer, und diesmal sind wir die Hühnchen.«
»Du gesagt, kleine Drachen sind Hühnchen, wenn keine Eier mehr legen.«
»Nein, das war nur sinnbildlich. Ich wollte sagen, dass wir den Kampf bestimmt verlieren werden.«
»Dann sag doch einfach! Und sag nicht Hühnchen und Eier und solcher Kram, wo keiner mit auskennt.«
»Ich werde es mir merken.« Mogda rollte mit den Augen. »Trotzdem, man kann doch nicht mit den Lindwürmern Drachen jagen. Wie sollen sie denn die Drachen daran hindern zu fliegen, bis wir sie am Boden gefesselt haben?« Mogda lachte auf. »Wenn das klappt, werde ich der nächste Ogerkönig.«
»Wir keinen Ogerkönig haben.«
»Das weiß ich, das war auch nur so ein ... ach, vergiss es.«
Nicht weit vor ihnen lag einer der Eingänge zum Drachenhorst. Rund um den Berg mochte es Dutzende davon geben. Jeder von ihnen maß fünf Schritt in der Höhe und zehn Schritt in der Breite.
Mogda und Matscha hatten wieder zur restlichen Gruppe aufgeschlossen, die aus dreißig Orks, sechs Ogern und drei Lindwürmern bestand. Insgesamt gab es von diesen Gruppen acht. Jede von ihnen wurde zu einem anderen Eingang geschickt und hatte den Auftrag, jeweils einen Drachen zu töten, der sich im Berg verschanzte.
Die Lindwürmer waren drachenähnliche Wesen. Sie besaßen dunkle Schuppen, einen echsenartigen Kopf und an ihrem Schwanzende befand sich ein riesiger Stachel wie der eines Skorpions. Diese Flugechsen waren nur acht Schritt lang, während ein ausgewachsener Drache bis zu dreißig Schritt maß. Der größte Unterschied aber war, dass Drachen magische Wesen waren und mit überragender Intelligenz ausgestattet, während Lindwürmer nur dumme Echsen mit Flügeln waren.
Die Orks waren mit schweren Wurzelbögen bewaffnet, mit denen sie Ankerpfeile verschossen, die sie sonst zum Erstürmen von Festungsmauern verwendeten. Die Oger trugen alle lange Hellebarden. Der Tunnel, in den sie blickten, sah aus, als ob er nur selten benutzt wurde. Das mochte aber nichts heißen. Beim Betreten des Berges stieg Mogda ein Geruch von Schwefel in die Nase.
Einige der Orks entzündeten Fackeln, die dem rötlichen Gestein des Tunnelsystems ein unwirkliches, fast lebendig wirkendes Aussehen verliehen. Mogda hatte in einigen Büchern Zeichnungen vom Inneren des Körpers gesehen, an die er sich nun erinnerte. Eigentlich benötigten Orks kein Licht, um sich unter der Erde zurechtzufinden, denn dies war ihr natürlicher Lebensraum. Doch anscheinend fühlten sie sich besser, wenn sie eine Fackel in Händen hielten, was an dem Ruf liegen mochte, der den Drachen vorauseilte.
Nach einer Weile des planvollen Umherirrens bemerkte Mogda, dass die Geräusche, die sie verursachten, sich vor ihnen im Tunnelsystem brachen und hinter ihnen aus einzelnen Gängen als Echo wieder auftraten. Ihr Vorankommen geriet ins Stocken, und einen Augenblick später verharrten sie vollkommen. Mogda ging diese ganze Mission ohnehin gegen den Strich, aber jetzt auch noch hier zu stehen und auf ihren Untergang zu warten, das war zu viel. Er drängte sich an mehreren Ogern und einem Lindwurm vorbei, zu dem alle möglichst Abstand hielten. An der Spitze der Gruppe standen zwei Orks, die eine Karte hielten und sich über deren Verwendung stritten. Als sie dann die Karte erst einmal um fünfundvierzig Grad drehten und kurz darauf noch zweimal, verlor er die Geduld. Er schritt die Reihe von Wartenden entlang und hielt auf die Spitze zu. Niemand hinderte ihn oder sprach ihn an. Er erntete nur verwunderte Blicke. Als er im Rücken der beiden Orks stand und mit seinem Körper den Lichtschein der Fackeln verdeckte, drehten sich diese verwundert um.
»Ein Hüttenbauer hat mal zu mir gesagt«, begann Mogda, »nach dem zu streben, was unerreichbar ist, kann die Träume erhalten oder aber die Seele zerstören. In diesem Fall ist es so, dass ihr hier träumt und dabei auf meiner Seele herumtrampelt. Muss es denn gleich so etwas Schwieriges sein wie Kartenlesen?«
»Zurück mit dir ans Ende des Trupps. Was hast du hier zu suchen, dämlicher Oger?«
»Erstens freut es mich zu hören, dass ihr noch wisst, wo das Ende der Gruppe ist, und zweitens sehe ich nur euch beide, die etwas suchen, und das scheint mir der Weg zu sein.«
Mogda
Weitere Kostenlose Bücher