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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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durch Spalten im Eingang gefallen war.
    Die übrigen in der Höhle Verbliebenen konnten sich zwar vor der Lawine retten, wurden aber von ihr verschüttet. Niemand wusste, welche Massen an Schnee und Geröll ihnen den Weg in die Freiheit versperrten. Einige Zeit lang rührte sich im Inneren der Kaverne nichts. Ab und zu hörte man Schluchzen, unterdrücktes Weinen oder leises Stöhnen, aber niemand sagte etwas.
    Unerwartet füllte sich die Lagerstätte mit bläulichem Licht. Ein Licht, das keine Schatten warf und keine Wärme verbreitete.
    »Nein, kein Feuer! Feuer nimmt Luft«, stöhnte Rator, der sich verwirrt umsah, um die Quelle des Lichtes auszumachen.
    »Es ist kein Feuer, es ist geschwächte Dunkelheit«, erklärte Cindiel. »Das ist ein Zauber. Er verbraucht keine Luft. Nur das Feuer einer Flamme verbraucht die Luft.«
    »Du machst das Licht? Licht aus deinem Kopf?« Rator schien mehr darüber verwundert zu sein, dass Cindiel zaubern konnte, als darüber, dass es so einen Zauber überhaupt gab.
    »Ja, aber nicht aus meinem Kopf, sondern aus meinem Herzen.«
    »Kann Zauber auch befreien?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube aber nicht. Ich bin nur eine Schülerin. Meine Zauber sind nicht so stark. Ich kann Dinge nur leicht verändern«, versuchte Cindiel zu erklären.
    Cindiel war plötzlich unsicher, ob es überhaupt richtig war, ihre Fähigkeiten gegenüber ihren Entführern preiszugeben. Aber so, wie es im Moment aussah, mussten sie zusammenhalten und einander vertrauen. Die größte Gefahr ging zurzeit von der Kälte aus. So eingesperrt, ohne sich ausreichend bewegen zu können, und mit der unzureichenden Kleidung würden sie innerhalb kurzer Zeit die ersten Erfrierungen erleiden.
    Rator lehnte sich nach vorn und stützte sich dabei auf den Armen ab, während sein Oberkörper über mehrere verängstigte Kinder hinwegragte. Er tastete vorsichtig nach dem Oger, der halb im Ausgang eingeklemmt war und steckte ihm den kleinen Finger in den Mund.
    »Ah, verdammt!« Rator riss den Finger zurück. »Lebt! Kruzmak, hilf wegziehen.«
    Kruzmak, der andere Oger, brauchte einen Augenblick, um zu sich zu kommen. Er hatte die ganze Zeit über nur dagesessen und hielt die Augen geschlossen. Dennoch kam er nach einem Augenblick Rator zu Hilfe.
    Kruzmak räumte einige kleinere Felsbrocken beiseite. Als er einen größeren Brocken etwas entlastet hatte, gab er Rator das Kommando, den Eingeklemmten herauszuziehen. Rator und Kruzmak drehten den Verletzten herum und lehnten ihn aufrecht gegen die Wand. Nun konnte Cindiel das Ausmaß seiner Verletzung erkennen. Die Kette mit den Kindern, die von der Lawine mitgerissen wurden, hatte seinen Fuß kurz oberhalb des Knöchels abgerissen.
    »Sieht nicht gut aus.« Cindiel drängte ihren Kopf zwischen Rator und Kruzmak hindurch.
    »Ja, wollte immer Frau haben und kleine Oger machen, aber zu hässlich. Ging zu dienen Meistern von Tabal.« In Rators Stimme lag durchaus Mitgefühl für dieses Schicksal.
    »Nein, das meine ich doch gar nicht«, erklärte Cindiel ungeduldig. »Ich meine die Wunde.«
    Rator blickte zu ihr herab. »Gibt bei Hüttenbauern schöne Wunden?«
    »Äh, wie? Nein, so ist das nicht gemeint.«
    »Besser du still, spart Kräfte, statt andauernd Dinge sagen, die nicht so gemeint. Megor sterben. Das einfacher, ohne jemanden, der immer spricht und doch sagt nichts.«
    »Ich wollte nur sagen, dass die Wunde schlimm aussieht«, rechtfertigte sich Cindiel. »Ich kann ihm vielleicht helfen.«
    »Wie du helfen? Du seine Frau werden?«, fragte Kruzmak spöttisch. Das war das erste Mal, dass er während dieser Reise mehr als nur ein Wort von sich gab.
    »Ihr könntet ihm den Unterschenkel abbinden, und ich werde über einen Zauber seinen Körper so weit beruhigen, als wäre er im Winterschlaf. Dann könnte er überleben, wenn man uns schnell genug findet.«
    »Falsche kleine Hexe«, fuhr Rator dazwischen. »Wenn finden, dann sie ihn töten. Er kein Krieger mehr, er nutzlos. Nutzlose Kriegsoger überflüssig wie Worte, die nichts sagen.«
    »Aber er könnte aufhören zu kämpfen und einfach nur in Frieden leben«, meinte Cindiel trotzig. Rators Blick zeigte deutlich seine Missachtung.
    »In Frieden leben? In Frieden leben heißt weglaufen. Wenn Hüttenbauer ihn finden, sie ihn abschlachten wie Rind. Dann sie feiern wie nach Drachenkampf. Haben aber nur getötet hilflosen Oger. So sieht Frieden aus, kleine Hexe.«
    »Bei uns Hüttenbauern, wie du uns nennst, versuchen wir einem

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