Die Oger - [Roman]
drückte den kleinen Türgriff nach unten, der durch den Druck der Ogerhand ein wenig an Form verlor. Er schob die Tür auf und sah den Alten, der ihm den Rücken zuwandte und in einem Topf rührte, der über dem Feuer im Kamin hing.
»Wie ist es, habt ihr nach der erfolgreichen Jagd ein wenig Hunger? ... Dann setzt euch«, brummelte der Mann.
»Eher nicht«, knurrte Mogda.
Meister Trebor fuhr herum und ließ dabei den Löffel in die Suppe fallen. Der Anblick des geduckt in der Tür stehenden Ogers erschreckte ihn so sehr, dass er zurückwich und sich dabei die linke Hand an dem großen, gusseisernen Topf verbrannte. Auf seiner Miene wechselten sich Erstaunen, Schmerz und Wut ab. Dann hob er die Arme wie ein Gefangener, der sich ergeben will, und murmelte dabei einige unverständliche, leicht melancholisch klingende Worte. Aus seinen Fingerspitzen zuckten kleine hellblaue Blitze hervor, die sich einen Schritt vor ihm zu bündeln begannen und in einem ansehnlichen Blitzstrahl weitergeleitet wurden. Der Blitz zuckte unmissverständlich auf Mogda zu, der nur mit offenem Mund dastand und staunte.
Der Oger hatte zwar schon oft von Menschen gehört, die zaubern konnten, war aber noch nie einem begegnet. Er hatte keine Ahnung, was man alles mit Zaubern bewirken konnte, aber dieser hier ließ nur einen Schluss zu: Schmerzen und Tod. Dennoch wurde der Spruch so schnell gewirkt, dass er keine Zeit hatte, um zu reagieren. So stand er nur da und gaffte, doppelt so groß und nur halb so intelligent wie Trebor ... wenn überhaupt.
Der Blitz traf Mogda in der Körpermitte. Doch anstatt den Oger zu grillen, wurde er von dem funkelnden Schild des Toten reflektiert und zurück in den Raum geworfen. Er schlug knapp neben Meister Trebor in den Suppenkessel ein. Die Suppe stieg daraus auf wie ein Geysir und regnete auf den Magier nieder, der verzweifelt zu schreien begann. Das Gebrüll ging aber rasch im ohrenbetäubenden Krachen des nochmals abgelenkten Blitzes unter. Der Lichtstrahl fuhr senkrecht unter die metallene Wendeltreppe, lief zickzackförmig im Geländer nach unten, entlud sich am Treppenpfosten und durchquerte den Raum. Grollend raste der Blitz eine Handbreit über den Tisch hinweg und entzündete umherstehende Phiolen und Tiegel, um dann noch einmal an einer Metallkiste abgelenkt zu werden. Kurz darauf fand der Energiestrom sein Ziel. Meister Trebor streckte sich, als ob eine riesige unsichtbare Hand ihn um die Taille gepackt hatte und ihn zerdrückte. Kleine Blitze teilten sich und tanzten zwischen seinen Gliedmaßen hin und her. Die heiße Suppe auf seinem Körper verdampfte in Sekundenschnelle und hüllte ihn in eine für Mogdas Nase nicht unappetitliche Dampfwolke. Dann fiel der Magier zu Boden, und Ruhe kehrte ein.
Der Oger starrte durch die offen stehende Tür. Er musste das Bild erst einen Augenblick auf sich wirken lassen, um zu begreifen, was geschehen war. Sein Blick wanderte immer wieder den Irrweg des Blitzes ab.
Nach einer Weile hob er die Mundwinkel und entblößte seine Hauer. Das Schmunzeln wurde schnell zu einem Prusten und dann zu einem schallenden Gelächter, was seinem Gesicht nicht unbedingt ein freundlicheres Aussehen verlieh. Diese überschwängliche Freude rührte zum einen daher, dass der Blitz ihn nicht getötet hatte, zum anderen aus dem Begreifen der Tatsache, auf welch komplizierte Art und Weise der alte Mann sich selbst gerichtet hatte.
Mogda ging geduckt durch die Türöffnung und löschte mit bloßer Hand erst einmal die entstandenen Feuer auf dem Tisch. Ihm fiel auf, dass sich die Härchen auf seinen Armen aufgestellt hatten und einen lustigen Tanz vollführten, wenn er mit der Hand in einigem Abstand darüberstrich. Genauer gesagt benahm sich seine komplette Körperbehaarung merkwürdig. Er fuhr mit der Hand über seine Stirn und stellte fest, dass sich sein Kopfhaar, das zu vielen Zöpfen geflochten war, eigenartig buschig anfühlte. Außerdem kribbelte es in seinen Fingern bei jeder Berührung.
Die kühle Abendbrise drang in den Raum und verwehte den Geruch nach angebranntem Eintopf, der noch in der Luft hing. Mogda begann damit, den Turm zu durchsuchen. Die meisten Dinge auf dem Tisch waren zerstört oder in den Augen eines Ogers nutzlos. Die Wände waren bis zur dritten Etage voll mit Büchern, die für Mogda keinen Wert besaßen. Sonst gab es kaum Einrichtungsgegenstände, nur ein Bett und zwei Stühle, die Mogda auch nicht gebrauchen konnte, da er keine Kinder
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