Die Oger - [Roman]
hatte.
Plötzlich fiel ihm ein Funkeln ins Auge, ausgehend vom Hals des Magiers. Er beugte sich über den schwelenden Körper und zog den Kragen des dunkelblauen Umhangs zur Seite. Darunter kam eine stabile Kette mit einem hellblauen Stein als Anhänger zum Vorschein. Der Stein war groß und glitzerte verführerisch. Mogda zog dem Magier die Kette über den Kopf. Die würde er behalten und sich umhängen. Der Alte war zwar nicht gerade ein Drache, und auch sonst kein weithin gefürchtetes Untier, aber immerhin ein Zauberer, den er besiegt hatte und dessen Schatz ihm nun rechtmäßig zustand. Er freute sich über seine Beute, aber auch darüber, dass niemand dem Kampf beigewohnt hatte. Sonst wäre der Spott doch wieder auf seine Kosten gegangen.
Mogda hielt das Schmuckstück vor seine Augen, um abzuschätzen, ob die Kette über seinen Kopf passte. Er versuchte es, und mit ein wenig Anstrengung bekam er sie über den Kopf. Als die Kette endlich über sein Kinn rutschte, und der blaue Stein seine Brust berührte, fühlte Mogda plötzlich einen brennenden Schmerz in seinem Schädel. Das Stechen war schier unaushaltbar. Er trommelte mit den Fäusten auf den Boden und zuckte unkontrolliert mit den Beinen, unfähig, auch nur eine koordinierte Bewegung auszuführen. Sein Brüllen hätte selbst einem erzürnten Bären alle Ehre gemacht. Die Schmerzen wurden so unerträglich, dass Mogda sich zusammenkrümmte, die Sinne verlor und ohnmächtig am Boden liegen blieb, während der blaue Stein im Schein des Kaminfeuers funkelte.
3
Osberg bei Nacht
Zur selben Zeit, dreihundert Meilen westlich ...
Malerisch lag die kleine Stadt Osberg in den Ausläufern des mächtigen Bergwall-Gebirges. Die untergehende Sonne ließ die Steinmauern der Häuser in hellem Rot erglühen. Nördlich ragte der Berg Zwergenesse hinter der Stadt auf und warf die letzten Strahlen der Sonne zurück ins Tal. Im Inneren des Berges waren die Zwerge seit mehr als zweihundert Jahren damit beschäftigt, verschiedene Metalle aus dem Gestein zu brechen und für die Weiterverarbeitung im ganzen Land vorzubereiten. Zwar gab es in ganz Nelbor seit dreißig Jahren keine Kriege mehr, doch Metall wurde natürlich nach wie vor gebraucht. Im letzten Krieg hatten sich die Bürger Nelbors gegen einen Trollfürsten zur Wehr setzen müssen, der es geschafft hatte, neun der elf Trollclans unter seinen Befehl zu bringen und mit dieser nicht unerheblichen Streitmacht plündernd, raubend und mordend durch die Lande gezogen war.
Drei Jahre dauerte der Krieg an, aus dem die Menschen, Elfen und Zwerge schließlich als Gewinner hervorgingen. Man sagte, Grind der Trollfürst, habe damals nicht auf eigene Faust gehandelt, sondern sei nur eine Marionette eines mächtigen Dämons gewesen. Dieses Gerücht ging dann aber nach dem Fall von Grind im allgemeinen Freudentaumel unter, denn niemand hatte auch nur die geringste Lust verspürt, irgendwelchen Gerüchten von finsteren Hintermännern nachzugehen. Jeder war froh, diese übermächtigen Ungeheuer aus den Bergen endlich zurück ins Ödland hinter dem Bergwall verscheucht zu haben.
Osberg hatte seitdem kaum mehr Schutz nötig gehabt. Die hundertzwanzig Gardisten waren mehr freundliche Helfer in der Not und als Schlichter für kleine Streitigkeiten bekannt. Es kam zwar ab und zu vor, dass einzelne, aus ihrem Clan ausgestoßene Trolle ihre letzte Chance darin sahen, einen Händler anzugreifen, doch dieses Problem lösten die Wachen meist schon aus großer Distanz mit ihren Langbögen oder Armbrüsten.
In den Abendstunden herrschte in der Stadt kaum weniger Betrieb als tagsüber. Obwohl es in der herbstlichen Dämmerung schon recht kühl wurde, herrschte in den Gassen noch geschäftiges Treiben.
Eine kleine Gruppe Zwerge war soeben dabei, drei große Bierfässer auf einen Karren zu hieven. Die roten Gesichter der Zwerge, ihre unbeholfenen Bewegungen und ihr lautstarkes Gegröle ließen vermuten, dass es vor nicht allzu langer Zeit noch vier Fässer gewesen waren.
Ihnen gegenüber standen zwei junge Damen, die für die kalte Jahreszeit deutlich zu leicht bekleidet waren und sich kichernd mit einem Gardisten unterhielten. Vermutlich war ihre Frage nach einer Wegbeschreibung nur vorgeschoben.
Eine alte Frau überquerte die gepflasterte Straße zwischen den mehrstöckigen Fachwerkhäusern und nahm von den Zwergen kopfschüttelnd Notiz. Ein Zwerg pfiff hinter der Alten her, die jedoch entweder nichts hörte oder nichts hören wollte. Ein
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