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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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zusätzlich noch vergiftet, aber er ist auf keinen Fall ein Artefakt. Niemals könnte ich als kleine Schülerin einer alten Hexe die Wirkung einer wirklich mächtigen Waffe aufheben und damit den Willen eines Gottes brechen. Diese Waffe hat nichts Göttliches. Ich bin damit vertraut, die Quellen eines Zaubers zu erkennen. Bei diesem Dolch handelt es sich um Magie mittlerer Stärke. Nicht mehr und nicht weniger.«
    Rator zerrte an seinem Gürtel und löste einen kleinen Lederbeutel. Er öffnete ihn vorsichtig. Zum Vorschein kam ein leuchtender Kristall.
    »Das Splitter aus Herz von Tabal«, verkündete Rator stolz.
    Mogda riss Mund und Augen weit auf. Auch die anderen Oger betrachteten den Kristall mit Ehrfurcht.
    Cindiel betrachtete den Splitter, ohne ihn zu berühren.
    »Das ist noch unwahrscheinlicher. So einen Leuchtestein hat jeder Schüler in der Magierschule. So etwas machen sie um den Adepten zu zeigen, wie man einen Zauber dauerhaft hält.«
    »Du lügen«, schrie Rator empört los. »Beweisen!«
    Er packte sie grob am Arm und zog sie zu sich rüber. Cindiel standen die Tränen in den Augen. Sie wusste nicht, was sie verkehrt gemacht hatte. Eigentlich müssten die Oger sich doch freuen, nicht den Zorn ihres Gottes geweckt zu haben. Stattdessen schienen sie eher die Kontrolle über sich zu verlieren und in Raserei zu verfallen.
    »Ich mache das nur, wenn du mir versprichst, mir nicht wehzutun.«
    Rator ließ sie wieder los.
    »Natürlich nicht. Verdanke dir Leben.«
    Cindiel versuchte, den Ausdruck in seinen Augen zu deuten. Es war zwecklos, zu viele Gefühle spiegelten sich darin wider. Sie fuhr mit der Hand über den Stein. Augenblicklich erlosch das Licht.
    Die Oger hielten den Atem an. Entsetzen stand in ihre Gesichter geschrieben. Sie nahm den Kristall aus dem Beutel, legte ihn auf einen der Felsen in der Nähe und schlug mit einem Stein auf ihn ein. Der Kristall zersplitterte in tausend Stücke. Vorsichtig blinzelten die Oger durch die Finger, die sie sich zum Schutz vor die Augen gehalten hatten.
    »Hab ich doch gesagt, es ist nur ein magisches Spielzeug.«
    Rator und die anderen hockten um den zersplitterten Kristall herum. Sie saßen da wie kleine Kinder, die das erste Mal ein totes Tier aus der Nähe betrachten. Einer strich mit seinen Fingern über die Überbleibsel. Rator schaute Hilfe suchend in die Runde. Er klaubte die Splitter zusammen, so gut er konnte, und schob sie in den Lederbeutel. Dann griff er sich den Dolch, stand auf und ging zu seiner alten Lagerstätte. Die anderen folgten ihm wortlos.
    »Was hab ich denn getan?«, fragte Cindiel, als sie sich zu Mogda umdrehte, der noch immer auf den Stein blickte. »Was passiert denn jetzt? Sind sie böse auf mich? Ich wollte doch nur helfen.«
    »Nein, sie sind nicht böse auf dich. Bloß, du hast ihnen etwas gezeigt, das ihre vergangenen Taten unnütz erscheinen lässt. Sie werden eine Weile brauchen, um sich zu beraten, und ich hoffe, das Ergebnis wird nicht in einem Gemetzel enden. Wir brauchen ihre Hilfe, um von hier zu entkommen.«
    »Ich verstehe immer noch nicht«, gestand Cindiel.
    »Das ist eine lange Geschichte«, erklärte Mogda. »Vor langer Zeit, als die Oger noch in Gemeinschaften lebten, gab es immer wieder Clankriege zwischen ihnen. Die meisten Ältesten waren der Meinung, die Oger sollten in Frieden mit den anderen Völkern leben, auch wenn sie nicht Tabal dienten. Aber es gab auch solche, die darauf pochten, alle anderen zu unterjochen oder zu töten. Nach einer blutigen Fehde zerbrach die Gemeinschaft der Ältesten. Sie verließen ihre Stämme und suchten um Tabals willen nach der Wahrheit. Es hieß, sie fanden weit ab von ihrer Heimat die Erleuchtung und bekamen von ihrem Gott magische Kräfte verliehen. Sie kehrten aber niemals zurück zu ihren Stämmen. Innerhalb der Clans gab es keinen Zusammenhalt mehr. Immer mehr Oger zogen aus, um allein ihr Leben zu fristen. Wir wurden zu Einzelgängern, die durch die Lande zogen und sich das nahmen, was sie brauchten. Irgendwann hieß es, ein Oger namens Dogrim hätte die Ältesten ausfindig gemacht und mit ihnen gesprochen. Die Ältesten oder Arkan-Oger, wie sie sich nun nannten, hätten ihm befohlen, andere Oger um sich zu scharen und nach den Zeichen Tabals Ausschau zu halten und sich ihnen zu unterwerfen. Wieder einige Jahre später umfasste die neue Gemeinschaft bereits fast tausend Oger. Diese trafen auf ein Wesen, das ihnen erklärte, es empfange die direkten Anweisungen Tabals.

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