Die Oger - [Roman]
alle hatten eine Pause nötig. Mogda dachte an die Ereignisse der letzten Zeit und wie sich alles verändert hatte, seitdem das Amulett ihn ... verändert hatte. Das Amulett ... Er trug es schon wie selbstverständlich. Zu Anfang hatte er noch jede neue Erkenntnis, die er erworben hatte, direkt mit dem Schmuckstück in Verbindung gebracht. Er hatte sich ständig gefragt, ob das neue Wissen, das er erlangte, ihm gebührte oder nur der magischen Wirkung zuzurechnen war. Er hatte sich dabei ertappt, Dinge in Frage zu stellen, die er früher für selbstverständlich gehalten hatte. Aber er konnte nicht umhin, immer darüber nachzugrübeln, ob er selber diese Frage stellte oder das Amulett. Vielleicht wollte es ihn verunsichern oder sogar in die Irre führen?
Cindiel bemerkte, wie Mogda an dem Amulett um seinen Hals herumfingerte.
»Schönes Schmuckstück«, sagte sie. »Es ist magisch, hat man dir das gesagt, als man es dir gab?«
»Nein, sein Vorbesitzer war sehr schweigsam«, erklärte Mogda verlegen.
»Warum hat er es dir gegeben, und was bewirkt es?«
»Das war ein Geistesblitz von ihm. Und soweit ich weiß, bewirkt es bei mir, dass ich intelligenter geworden bin. Ich konnte plötzlich lesen und schreiben. Ich begriff Dinge, die in Büchern standen, die Menschen geschrieben hatten. Ich machte mir Gedanken über Sachen, von denen ich vorher noch nicht einmal wusste, dass es sie gibt.«
»Das ist aber ein besonderes Geschenk von deinem Freund. Sehr großzügig von ihm, es dir zu überlassen. Ihm muss viel an dir liegen.«
»Ja, er hat mich sogar bei sich wohnen lassen. Ich hab auf seine Tiere aufgepasst und das Haus sauber gehalten. Somit hatte er den ganzen Tag Zeit, im Garten zu liegen.«
»Du wirst ihm sicher fehlen«, sagte Cindiel ein wenig traurig.
»Ach, das glaube ich nicht. Ihn war es egal, was um ihn herum passierte, Hauptsache man ließ ihn in Ruhe.«
»Ein komischer Kauz.«
»Das kann man wohl sagen.«
Mogda war froh darüber, dass dieses Gespräch so glimpflich ablief. Er wollte das Vertrauen, das Cindiel zu ihm gefasst hatte, nicht zerstören, denn vielleicht würden sie noch mehr Zeit miteinander verbringen müssen. Und da wäre es eher hinderlich gewesen, ihr allzu genau das schattige Gartenplätzchen des Magiers zu beschreiben.
Kruzmak kam unerwartet hinter den Felsen hervor. Mogda hatte ihn nicht kommen hören und wusste auch nicht, ob er das Gespräch vielleicht mit angehört hatte. Er stand nur da und blickte abwechselnd zu Mogda und dann zu Cindiel. Er suchte anscheinend nach den richtigen Worten.
»Wenn Rator wieder wach, er wissen was tun. Wir helfen bei Flucht. Ich gegeben Wort.«
Cindiel nickte nur. Mogda konnte nicht fassen, was er da hörte. Sie wollten ihnen helfen zu flüchten? Das hörte sich nicht an, als ob sie mitkommen würden.
»Ihr könnt nicht hier bleiben. Ihr müsst mit uns kommen. Rator sollte getötet werden, und unten bei den Gefängnissen liegt ein massakrierter Ork, den sie früher oder später finden werden. Und irgendwann werden sie auch herausfinden, dass ihr uns bei der Flucht geholfen habt, anstatt uns zu töten.«
»Unser Weg nicht Flucht. Tabal bestimmen Weg. Jetzt schlafen, wenn Rator wach, dann besprechen Plan.«
Mogdas Sorge um das Wohlergehen der Kriegsoger war nicht ganz uneigennützig. Der kurz zuvor geschmiedete Fluchtplan schien ihm durch den Rückhalt dieser Oger um einiges vertrauenswürdiger. Bei einem Zwischenfall würden sie gute Dienste leisten. Er kannte die Geschichten über diese sagenumwobenen Kämpfer.
Egal was Kruzmak sagte und egal wie müde sie waren, schlafen konnten sie nicht. Die Angst, doch noch entdeckt zu werden, war zu groß. Cindiel kümmerte sich von Zeit zu Zeit um Rator, und Mogda saß da und überlegte, wie ihr weiteres Vorgehen aussah. Cindiel würde einfach in ihren Heimatort zurückkehren und ihr Leben weiterleben. Für Mogda sah die Sache schon schwieriger aus. Nicht nur seine Flucht, auch seine neuen Fähigkeiten würden dafür sorgen, dass er nirgendwo akzeptiert werden würde. Nicht nur das, sondern man würde ihn gnadenlos jagen. Kraft und Intelligenz waren eine Kombination, die von den meisten als Bedrohung angesehen wurde.
Mogda war es leid geworden, darüber nachzudenken, wie sein weiteres Leben verlaufen würde. Er kam zu dem Schluss, sich die Gegenwart nicht durch die Sorgen um die Zukunft verderben zu lassen.
... Gegenwart, Sorge, Zukunft? O Gott Tabal, nun wurde er vollends wahnsinnig. Das konnten
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