Die Olchis und die Teufelshöhle (German Edition)
Olchi-Kind. »Du musst pünktlich zu Hause sein, und sogar die Gespenster sind pünktlich.«
»Keine Ahnung«, sagte Vicky. »Darüber hab ich noch nie nachgedacht.«
»Wir kommen heute Nacht zu dir«, meinte das andere Olchi-Kind. »Wir wollen auch mal ein Gespenst sehen. Wir wollen uns dann richtig schön gruseln.«
Ach, du liebes bisschen!, dachte Vicky. Die Olchi-Kinder glauben ja wirklich alles, was ich ihnen erzähle.
»Na gut«, willigte sie ein. »Wir gehen auf Gespensterjagd, das wird bestimmt lustig. Aber man darf euch im Schloss auf keinen Fall sehen. Ihr kommt erst, wenn es ganz dunkel ist. Ich warte vor dem großen Tor auf euch. Wenn alle schlafen, dann hole ich euch herein.«
Die Olchi-Kinder waren einverstanden und freuten sich. »Käsiger Rattenfuß, das wird bestimmt krötig!«
Vickys Armbanduhr zeigte jetzt zehn Minuten nach zwölf. Es war höchste Zeit, heimzuradeln, denn pünktlich um halb eins wartete die Gräfin mit dem Mittagessen auf sie. Jetzt musste sie sich sputen.
»Du kannst gern bei uns essen, wenn du Hunger hast«, sagte Olchi-Mama. »Ich mach dir ein Tellerchen Schmuddelwurz mit Grätenstampf.«
»Danke, vielleicht ein anderes Mal«, sagte Vicky schnell und lief zu ihrem Fahrrad.
Pünktlich um halb eins saß sie bei Tante Kreszentia am Esstisch. Sie hatte es gerade noch geschafft.
»Wo hast du dich denn heute herumgetrieben?«, fragte die Gräfin und rümpfte die Nase. Vickys Kleid roch irgendwie merkwürdig. »Wieso bist du so schrecklich verdreckt?«
»Ich bin mit dem alten Fahrrad herumgefahren«, sagte Vicky. »Herr Weißbrot hat es für mich repariert.«
»Na schön«, sagte die Gräfin. »Aber vor dem Essen solltest du dich waschen. Geh bitte und zieh dir etwas Sauberes an.«
Mehr sagte sie nicht. Sie hatte zum Glück keine Ahnung, was ihre Nichte heute alles erlebt hatte.
Auf Gespensterjagd
Vicky stand am Fenster ihres Zimmers. Draußen war es längst dunkel geworden. Eine Katze schlich auf der Schlossmauer entlang, und dunkle Wolken schoben sich vor den hellen Sichelmond. Die Standuhr im Flur schlug elf Mal.
Vicky konnte es kaum erwarten, dass im Zimmer ihrer Tante endlich das Licht ausging. Ob die Olchi-Kinder schon draußen am Tor standen?
Sie war ein bisschen nervös. So eine Gespensterjagd mitten in der Nacht war ja nun wirklich kein Pappenstiel. Vielleicht gab es tatsächlich Geister hier im Schloss? Unruhig kaute sie an ihren Fingernägeln herum. Quatsch, dachte sie. Die Olchis wollen bei mir das Gruseln lernen, und ich werde sie nicht enttäuschen. Ich werde sie herumführen und ihnen ein wenig Angst einjagen. Das wird bestimmt ein großer Spaß.
Endlich ging drüben im Zimmer von Tante Kreszentia das Licht aus. Butler Jakob saß um diese Zeit vor dem Fernseher, und Berta und Herr Weißbrot wohnten nebenan im Anbau und würden sie sowieso nicht hören. Es konnte losgehen.
Vicky schlich barfuß die Treppe hinunter. Die Teppiche dämpften jeden Schritt, und so konnte sie unbemerkt aus dem Haus schlüpfen.
Die Nacht war totenstill. Nur ganz von fern hörte man ein Moped knattern.
Sie mied den Kiesweg und lief im weichen Gras bis zum Haupttor.
Tatsächlich – da standen die beiden Olchi-Kinder.
Sie hatten ihre Knubbelnasen durch das Gitter des Tors gesteckt, und das eine Olchi-Kind sagte sofort: »Beim Kröterich, wo bleibst du denn? Wir warten schon so lange.«
»Wir wollen endlich die Gespenster sehen!«, rief das andere Olchi-Kind.
»Pst! Nicht so laut!«, zischte Vicky.
Plötzlich fiel ihr ein, dass sie die Fernbedienung für das Tor nicht mitgenommen hatte. Die lag dummerweise auf dem Schlüsselbrett neben der Eingangstür.
»Wir kommen jetzt rein zu dir«, sagte das eine Olchi-Kind. Schon kletterten die Olchi-Kinder am eisernen Tor empor wie zwei Äffchen. Und dann hüpften sie auf der anderen Seite zu Vicky hinunter.
»Super«, staunte Vicky. »Los, kommt mit, aber seid bitte leise! Wenn uns die Gespenster hören, dann verziehen sie sich sofort.«
»Grätziger Stinkerich! Wie aufregend!«, flüsterte das eine Olchi-Kind so leise wie möglich.
Fast lautlos schlichen sie zurück zum Schloss.
»Wir gehen am besten gleich hinunter in den Keller«, erklärte Vicky. »Die Gespenster sind um diese Zeit immer dort unten.«
Sie nahm den schweren Kerzenleuchter, der hinter der Eingangstür auf einer Kommode stand. Daneben lag eine Schachtel mit Streichhölzern. Vicky zündete die Kerzen an. »Im Keller brauchen wir Licht«, erklärte sie. »Und
Weitere Kostenlose Bücher