Die Operation
Herkunft der Eier ein Berufsgeheimnis sei. Als Stephanie Cindy Drexler ansprach, bekam sie höflich mitgeteilt, dass alle die Eier betreffenden Fragen direkt an Dr. Saunders zu richten seien.
Stephanie hatte daraufhin ihre Taktik geändert und hatte versucht, mit einigen der jungen Frauen ins Gespräch zu kommen, die in der Cafeteria arbeiteten. Sie waren freundlich und offen gewesen, bis Stephanie das Gespräch auf ihren Familienstand gebracht hatte. Von da an hatten sie sich schüchtern und ausweichend verhalten. Als Stephanie dann versuchte, mit ihnen über ihre Schwangerschaft zu reden, zogen sie sich noch weiter zurück, aber das stachelte Stephanies Neugier nur zusätzlich an. Man brauchte kein besonders heller Kopf zu sein, um zu erkennen, was hier los war, und sie hatte vor, trotz Daniels ausdrücklichem Verbot nach Beweisen zu suchen. Sie wollte den bahamaischen Behörden mit ihren gesammelten Informationen einen Tipp geben, wenn sie, Daniel und Butler längst wieder abgereist waren.
Dazu musste Stephanie in die Eierkammer gelangen. Leider hatten Daniel und sie bisher so viel zu tun gehabt, dass sich dazu noch keine Gelegenheit geboten hatte, aber das war während der nächsten Stunden anders. Das Ei, das sie gerade mit einem von Butlers HTSR-behandelten Fibroblasten verschmelzen ließ, war der Ersatz für eines der ersten zehn Eier gewesen, die Paul Saunders geliefert hatte. Das aussortierte Ei hatte nach der Kernübertragung nicht mit der Zellteilung begonnen. Entsprechend der versprochenen Garantie hatte Paul ihnen ein elftes Ei zur Verfügung gestellt. Die anderen neun ursprünglichen Eier teilten sich nach dem Erhalt ihrer neuen Kerne wunderbar. Einige hatten schon die Fünf-Tage-Marke erreicht und fingen nun mit der Bildung von Blastozysten an.
Stephanie und Daniel hatten beschlossen, zehn separate Stammzelllinien zu entwickeln, die alle aus geklonten Zellen von Ashley Butler bestanden. Allen zehn würden Zellen entnommen, die dann in Dopamin produzierende Nervenzellen ausdifferenziert wurden. Die Verzehnfachung sollte als Sicherheit dienen, da letztendlich nur eine der Zelllinien zur Behandlung des Senators eingesetzt werden sollte.
Am späteren Nachmittag oder, was wahrscheinlicher war, morgen Früh würde Stephanie damit beginnen, die multipotenten Stammzellen von den sich bildenden Blastozysten abzupflücken, aber bis dahin hatte sie etwas freie Zeit. Das einzige Problem bestand darin, dass sie sich irgendwie von Daniel absetzen musste, aber wenn sie in der Wingate Clinic blieben, konnte das angesichts seines distanzierten Verhaltens kein unüberwindliches Problem sein. Außerhalb der Klinik jedoch ließ er sie keinen Augenblick lang aus den Augen.
»Wie hat die Verschmelzung geklappt?«, rief Daniel von seinem Platz aus herüber.
»Sieht gut aus«, meinte Stephanie und betrachtete das Ergebnis unter einem Mikroskop. Die Eizelle verfügte nun über einen neuen Zellkern mit einem vollen Chromosomensatz. Im Verlauf der nächsten Stunden würde sich ein Vorgang abspielen, den bislang niemand erklären konnte. Das Ei würde den Zellkern auf mysteriöse Weise umprogrammieren. Diente er bisher dazu, die Hautfunktionen eines erwachsenen Menschen zu steuern, so wurde er nun wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Schon nach wenigen Stunden war das Zellkonstrukt von einem erst kürzlich befruchteten Ei nicht mehr zu unterscheiden. Um diese Umwandlung einzuleiten, legte Stephanie die künstlich veränderte Eizelle in das erste einer ganzen Reihe von Aktivierungsmedien.
»Hast du auch so einen Hunger wie ich?«, rief Daniel.
»Wahrscheinlich«, antwortete sie. Sie blickte auf ihre Armbanduhr. Kein Wunder, es war schon fast zwölf. Heute Früh um sechs hatte sie zum letzten Mal etwas gegessen, und das war auch nur ein Frühstück aus Toast und Kaffee gewesen. »Wir könnten in die Cafeteria rübergehen, sobald ich dieses Ei hier in den Inkubator gestellt habe. Es dauert nur noch vier Minuten.«
»Hört sich gut an«, sagte Daniel. Er rutschte von seinem Hocker und verschwand in ihrem Büro, um sich den Laborkittel auszuziehen.
Während Stephanie das nächste Aktivierungsmedium für das Ei mit dem neuen Zellkern vorbereitete, suchte sie nach einer Ausrede, um während des Mittagessens noch einmal ins Labor zurückkehren zu können. Das war ein perfekter Zeitpunkt, um ein bisschen Detektiv zu spielen, da fast alle Klinikangestellten einschließlich der für die Eierkammer zuständigen
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