Die Operation
Fibroblasten-Kulturen, die Peter geschickt hatte, zu arbeiten. Es war nicht besonders schwierig gewesen, sie aufzutauen und zum Wachstum anzuregen. Gleichzeitig widmete sich Daniel der gepufferten Salzlösung mit der Textilprobe des Grabtuchs. Nach einer einmaligen Polymerase-Kettenreaktion, wobei die DNA, die sich in der Flüssigkeit gelöst hatte, vervielfältigt wurde, konnte Daniel die DNA als den Primaten zugehörig und wahrscheinlich von einem Menschen stammend bestimmen, auch wenn sie, wie schon vermutet, nur in Fragmenten vorhanden war.
Im Anschluss an eine Reinigungsprozedur unter Zuhilfenahme mikroskopisch kleiner Glasperlen führte Daniel mit der vom Grabtuch isolierten DNA noch mehrere Male eine Polymerase-Kettenreaktion durch, bevor er seine Dopamin-Sonden zur Anwendung brachte. Er hatte unmittelbaren Erfolg, allerdings nur bei einem Teil der erforderlichen Gene. Das bedeutete, dass die Lücken geschlossen werden mussten. Nach einer ganzen Reihe von Sechzehn-Stunden-Tagen gelang es ihm endlich, die benötigten Fragmente mit Nukleotid-Ligasen zu verbinden und so die erforderlichen Gene zu bilden. Das war der Zeitpunkt gewesen, als Ashley Butlers von Stephanie mittlerweile vorbereitete Fibroblasten ins Spiel kommen mussten.
Der nächste Schritt bestand in der Anwendung des HTSR-Verfahrens und verlief reibungslos. Als Entwickler der Methode war Daniel sich sämtlicher Stolperfallen bewusst, doch unter seiner sicheren Führung klappte das Zusammenspiel der Enzyme und der viralen Vektoren perfekt, sodass er bald schon eine große Anzahl von Fibroblasten fertig hatte. Das einzige Problem war Paul Saunders gewesen, der darauf bestanden hatte, Daniel bei jedem seiner Schritte zu begleiten, und ständig im Weg war. Ohne jede Scham gab Paul zu, dass er vorhatte, die Technik im Rahmen der Stammzellentherapie der Wingate Clinic anzubieten, um den Patienten deutlich höhere Rechnungen stellen zu können. Daniel versuchte beharrlich, ihn zu ignorieren, und biss sich auf die Zunge, um den Quacksalber nicht seines eigenen Labors zu verweisen, aber es fiel ihm nicht leicht.
Nach Abschluss der HTSR-Prozedur hatte Daniel eigentlich gedacht, sie könnten jetzt zur eigentlichen Zellkernübertragung kommen, doch dann hatte Stephanie einen überraschenden Vorschlag gemacht. Sie wollte der durch das HTSR-Verfahren veränderten Zelle noch eine Hormonhülle verpassen, die aus etlichen miteinander kombinierten Genen bestand. Sie sollten ein einzigartiges, nicht menschliches Oberflächenantigen auf den fertigen Aktivzellen bilden. Somit verfügten die Aktivzellen über ein Antigen, wodurch sie sich eindeutig von jeder einzelnen der Billionen Zellen in Butlers Organismus unterschieden. Damit, so hatte Stephanie erläutert, würde es sehr viel einfacher werden, die Aktivzellen auch nach der Implantation in Butlers Gehirn sichtbar zu machen, falls jemals das Bedürfnis oder die Notwendigkeit dazu bestehen würde. Diese Idee hatte Daniel beeindruckt und er hatte sich mit diesem zusätzlichen Schritt einverstanden erklärt, zumal Stephanie so umsichtig gewesen war, sich das Hormonkonstrukt sowie den dazugehörigen viralen Vektor aus ihrem Labor in Cambridge mitschicken zu lassen. Die gleiche Technik hatten Daniel und Stephanie schon bei der Behandlung von Mäusen, die an Parkinson erkrankt waren, angewandt, und sie hatte sich als wertvolle Bereicherung des Verfahrens erwiesen.
»Bei diesem Schritt verwende ich immer den Mikromanipulator«, sagte Stephanie und holte Daniel mit diesen Worten in die Gegenwart zurück. Die Pipette mit Butlers veränderten Fibroblasten durchstach die Außenhaut der Eizelle, ohne jedoch die darunter liegende Zellmembran zu verletzen.
»Auch dabei habe ich jedes Mal Schwierigkeiten«, gestand Daniel. Er sah zu, wie Stephanie den relativ kleinen Fibroblasten in den Zwischenraum zwischen Zellmembran und der relativ dicken Außenhülle platzierte. Dann war die Pipette aus dem Sichtfeld verschwunden.
»Der Trick dabei ist, dass man die Außenhaut der Eizelle schräg ansticht«, sagte Stephanie. »Sonst kann es passieren, dass man die Zelle versehentlich verletzt.«
»Das klingt einleuchtend.«
»Tja, ich würde sagen, das sieht aus wie aus dem Ei gepellt«, sagte Stephanie, nachdem sie ihr Werk begutachtet hatte. Die körnige, entkernte Eizelle und der vergleichsweise winzige Fibroblast waren in inniger Umarmung unter der Außenhaut der Eizelle vereint. »Es ist Zeit für die Fusion und die
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