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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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Lebensformen in sich, die ihren Körper zerreißen würden. Sollte ich ihr davon etwas sagen? Oder sollte ich den Mund halten, zumal Billings gesagt hatte, gegen die Kreaturen könne man nichts unternehmen? Sollte ich sie in ein Krankenhaus bringen? Oder sollte ich fortlaufen, sie vergessen und so tun, als sei ich ein anderer Mensch, der nie von Fortyfoot House auch nur gehört hatte?
    Es gab einen Aspekt, der mich wirklich irritierte, nämlich der, dass sich Billings die Mühe gemacht hatte, mich zu warnen. Er hätte Brown Jenkin auf mich hetzen können, er hätte Kezia Mason auf mich loslassen können. Aber ich hatte das Gefühl, dass er mich aus irgendeinem unerklärlichen Grund brauchte, dass er mich ohne mein Wissen in irgendeine Verschwörung einbezogen hatte.
    Er hatte den größten Verrat aller Zeiten erwähnt: die dreißig Silberlinge. Vielleicht war diese Bemerkung wichtiger, als ich zunächst geglaubt hatte.
    Aber ich konnte mir darüber jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Ich musste an Danny und an Charity denken. Mit jeder Minute wuchs die Gefahr, dass Brown Jenkin herkam. Ich machte mir keinen Illusionen darüber, was er mit den Kindern machen würde, wenn er sie erst einmal entführt hatte.
    Bauz! Da geht die Türe auf, Und herein in schnellem Lauf Springt der Schneider in die Stub.
    Ich packte Dannys Pyjama ein und ging dann ins Badezimmer, um die Zahnbürsten einzusammeln. Ich betrachtete im Medizinschrank mein Spiegelbild. Ausgemergelt war nicht das richtige Wort, abstoßend traf es eher. Ich hatte das Blut von meinem Kinn gewischt, aber der Riss in meiner Lippe hatte sich noch nicht geschlossen, und rings um Mund und Nase fanden sich kleine Kratzer und Druckstellen.
     
    Als ich nach unten kam, traf ich zu meiner Überraschung auf Liz, die schon von der Arbeit zurückgekommen war und in der Küche saß, wo sie eine frische Tasse löslichen Kaffees trank. Die Kinder waren draußen auf der Veranda und traten einen luftarmen Wasserball hin und her. Liz lächelte mich merkwürdig an, während ich den Koffer an der offenen Tür abstellte.
    »Du hast gepackt«, sagte sie, klang aber nicht überrascht.
    »Ich ... ja, ich habe gepackt. Ich habe beschlossen abzureisen. Ich glaube, dass ich genug habe.«
    »Oh«, machte sie. »Und mir wolltest du davon nichts sagen?«
    »Natürlich. Ich wollte zum Vogelpark kommen und es dir sagen.«
    »Aber du wolltest mich nicht fragen, ob ich dich vielleicht begleiten will?«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste ja nicht mal, ob ich noch mit Liz sprach oder mit irgendeinem kalten und formlosen Wesen, das einfach nur wie Liz aussah. »Mir ist nicht der Gedanke gekommen, dass du mitkommen wolltest«, log ich. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du mit einem älteren Mann zusammen sein möchtest, der kein Geld, keine Zukunft, kein Auto, aber zwei Kinder hat.«
    »Darf ich das vielleicht selbst entscheiden?«
    Ich sah hinaus zu den Kindern, die sich im Sonnenschein amüsierten, und musste an die Kinder denken, die vor so vielen Jahren in Fortyfoot House in der Falle gesessen hatten, ohne Hoffnung, ausgemergelt, ohne eine Chance, dem Tod zu entgehen.
    »Wieso bist du so früh zu Hause?«, fragte ich Liz. »Es ist doch erst elf.«
    Sie ließ den Löffel wieder und wieder in der Kaffeetasse anschlagen. »Mir war nicht gut. Ich habe merkwürdige Magenschmerzen.«
    Ich nickte. »Aha.«
    »Einer der Kassierer hat mich hergebracht. Er ist nett. Er heißt Brian.«
    »Dein Alter?«
    » Eifersüchtig? «
    Für einen Moment glaubte ich, wieder dieses rötliche Funkeln in ihren Augen zu entdecken. Mir war, als würde mich jemand durch Liz' Augen hindurch ansehen, so wie bei einem Porträt, bei dem die Augen ausgeschnitten worden waren. »Weißt du, was es ist?«, fragte ich sie.
    Liz sah mich fragend an.
    »Deine Magenschmerzen, meine ich. Irgendeine Ahnung, woher sie kommen?«
    Ich wartete darauf, einen Hinweis in ihrem Gesicht zu entdecken, dass sie nicht sie selbst war.
    Aber sie zuckte nur mit den Schultern und sagte: »Vielleicht sind meine Tage zu früh dran. Vielleicht habe ich auch nicht richtig gegessen. Davon bekomme ich immer Magenschmerzen.«
    »Kann ich dir etwas holen?«
    Sie grinste verführerisch. »Ein wenig von Dr. Williams' Spezialmedizin wäre vielleicht nicht schlecht.«
    »Ich ... wir reisen ab«, sagte ich knapp. Ich kam mir vor wie eine Figur in einem Stück von Noël Coward. »Ich bringe die Kinder nach Brighton, danach müssen wir einfach

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