Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
Vom Netzwerk:
»Stimmt was nicht?«
    »Ich dachte, ich ...« Ich presste meine Fingerspitzen gegen die Stirn. »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen. Ich weiß nicht, was. Wahrscheinlich bin ich nur übermüdet.«
    »Dir geht es so wie mir. Ich wäre heute fast eingeschlafen, als ich den Tee aufbrühen sollte. Die Chefin meinte, sie werde mich feuern, wenn ich mich nicht zusammenreiße. Es geht doch nichts darüber, gleich am ersten Tag die Kündigung zu erhalten, was?«
    Ich sah wieder zur Sonnenuhr. Was hatte Reverend Dennis Pickering gesagt? Der alte Mr. Billings war von einem Blitz getroffen worden? Vielleicht hatte ich soeben den Tod des alten Mr. Billings mit angesehen, so als wäre ich tatsächlich Zeuge davon geworden, wie er auf diesem Grund und Boden ums Leben kam, der jetzt und damals gleichzeitig zu existieren schien.
    »Komm, wir gehen jetzt was trinken«, sagte ich.
    Wir überquerten die Brücke und gingen an den Bäumen entlang und durch das Gartentor hinaus. Wie üblich lief
    Danny auf dem Weg zur See voraus. Es herrschte Ebbe, und der Strand war geprägt von zahllosen Wasserlachen und angespültem Seetang, der sich an den Felsen festklammerte. Der Geruch des Seetangs war sehr intensiv, und Dutzende von Möwen zogen an der Küste ihre Kreise, um sich auf die winzigen grünen Taschenkrebse und die durchscheinenden Krabben zu stürzen.
    Wir erreichten das Strandcafé und nahmen Platz. Erstaunlicherweise war Doris Kemble nirgends zu sehen. Genau genommen war überhaupt niemand zu sehen. Im Garten gleich neben dem Café schaukelten riesige Sonnenblumen gemächlich in der leichten Brise, und eine kleine hölzerne Windmühle quietschte unablässig vor sich hin.
    Ich ging ins Café und sah den Tisch, an dem Mrs. Kemble sonst saß und ihr Geld zählte. Die verschiedenen Münzen waren ordentlich aufgetürmt worden. Es waren insgesamt wohl rund dreißig oder vierzig Pfund, an denen sich jeder hätte bedienen können. Eine Tasse mit kaltem Tee stand außerdem auf dem Tisch.
    »Mrs. Kemble?«, rief ich, erhielt aber keine Antwort. »Mrs. Kemble?« Wieder nichts. Ich lief wieder nach draußen, wo Liz auf der Mauer saß und Danny von den Papageien im Tropical Bird Park erzählte. »Du hättest die Aras sehen müssen, die sind schrecklich. Und ein Papagei sagt immer: >Benimm dich.< Der kann einen wirklich verrückt machen.«
    »Kann ich morgen mitkommen?«, fragte Danny.
    »Es ist niemand hier«, sagte ich zu Liz. »Sie hat ihr Geld auf dem Tisch liegen lassen, aber von ihr selbst fehlt jede Spur.«
    »Vielleicht musste sie noch irgendetwas einkaufen gehen«, überlegte Liz. »Brot. Oder Salatdressing. Oder irgendwas anderes.«
    »Kann ich denn morgen mit zu den Vögeln gehen?«, nervte Danny noch immer.
    »Vielleicht am Freitag«, antwortete ich, während ich den Strand absuchte. Niemand war zu sehen, von einem einsamen
    Fischer in einem kleinen Boot weit draußen auf dem Meer abgesehen.
    »Das ist sehr seltsam«, sagte ich.
    Liz sah mich an. »Was sollen wir machen? Bis nach Ventnor zum nächsten Pub gehen?«
    »Ich schätze, wir müssen uns aus Mrs. Kembles Kühlschrank selbst bedienen und ihr das Geld hinlegen.«
    »Eine gute Idee.« Sie zog einen der roten Plastikstühle nach hinten, setzte sich und zog ihre Schuhe aus. »Sieh dir das an. Doppelt so groß wie normal. Ich hätte die Schuhe in der nächstkleineren Größe nehmen sollen.«
    Ich ging zum Kühlschrank und holte zwei Harp Lager und eine Coca-Cola heraus, öffnete sie und nahm sie mit nach draußen. Von unserem Tisch aus beobachteten wir die Möwen, wie sie ihre Kreise zogen, und sahen zu, wie die Sonne sich allmählich dem Horizont näherte. In der Ferne konnte ich einen Öltanker ausmachen, der nach Westen in Richtung Kanal fuhr. Die See stimmte mich immer nostalgisch, obwohl ich als kleiner Junge keine besonders schönen Erlebnisse mit ihr verband.
    Danny hatte seine Coke ausgetrunken und begann zu zappeln. »Möchtest du an den Strand gehen?«, fragte ich. »Du kannst doch noch ein Krebsrennen veranstalten. Der schnellste Krebs kommt in den Eimer und geht morgen wieder an den Start.«
    Wir sahen zu, wie er auf die Felsen kletterte und bis zum Wasser balancierte, das fast hundert Meter entfernt war. Ich lehnte mich zurück und trank einen Schluck Lager.
    »Wann kommt denn der Exorzist vorbei?«, fragte Liz.
    »Du meinst Reverend Pickering? Er kommt nur vorbei, um sich umzusehen.«
    »Glaubst du wirklich, dass er irgendetwas machen kann?«
    »Ich habe nicht die

Weitere Kostenlose Bücher