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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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Spur verwischen können, die die Taschenkrebse vielleicht noch nicht vernichtet hatten. Jedenfalls redete ich mir das ein. In Wahrheit hatte ich nur panische Angst, dass bei dem Versuch, sie an Land zu ziehen, die Armknochen aus den Schultergelenken reißen konnten. So wie die Schenkel bei einem Hühnchen, das man zu lange kocht. Ich kehrte zum Strand zurück. Ich hatte vielleicht sechs oder sieben Schritte zurückgelegt, als mir der Geruch von Meerwasser, Ol und von einem gerade geöffneten menschlichen Körper entgegenschlug. Mein Magen verkrampfte sich und ich übergab mich lange und heftig. Es dauerte eine Weile, ehe ich mich so weit erholt hatte, dass ich wieder aufstehen konnte. Ich ging zurück zum Strandcafe.
     
     
    Detective Sergeant Miller kam in die Küche und stellte sich in den kalten Lichtschein der Deckenlampe.
    Er sah mich auf die gleiche Weise an, wie ich meinen zertrümmerten Wagen angestarrt hatte. Seine Augen vermitteilen die Müdigkeit eines Mannes, der zu viele Dinge dieser Art gesehen hat, um noch schockiert zu reagieren.
    »Das schlägt einem so richtig auf den Magen«, sagte er schließlich.
    »Ja«, erwiderte ich. »Einen Drink?«
    »Nein danke. Aber ich nehme eine Tasse Tee, wenn das keine große Mühe macht.«
    Ich stand auf und stellte den Kessel auf den Herd. Miller zog sich einen Stuhl heran, setzte sich an den Küchentisch und holte seinen Notizblock hervor. Er hatte seine Notizen in einer winzigen Schrift verfasst und dabei einen Füllfederhalter benutzt, der eine solche Seltenheit darstellte, dass er fast etwas Affektiertes an sich hatte.
    »Zwei Todesfälle in zwei Tagen«, sagte er. »Zwei hässliche Todesfälle in zwei Tagen.«
    »Ich weiß. Und bis vor zwei Tagen hatte ich noch nie einen Toten gesehen.«
    »Sie Glücklicher«, meinte Miller. »Sie haben Mrs. Kemble zuletzt heute Mittag gesehen?«
    Ich nickte. »Sie machte einen ganz normalen Eindruck. Wir haben über Fortyfoot House gesprochen, über früher. Sie war ziemlich besessen davon ... Nein, besessen ist das falsche Wort. Eher verärgert. Sie erzählte mir, dass ihre Mutter hier als Putzfrau gearbeitet hat, als sie noch ein kleines Mädchen war. Ihre Mutter hatte ihr immer irgendwelche Geschichten über das Flaus erzählt. Aber sie wirkte gut gelaunt.«
    »Haben Sie sonst noch jemanden gesehen? Jemanden, der irgendwie verdächtig ausgesehen haben könnte?«
    Den jungen Mr. Billings mit seinem schwarzen Hut und seinem, bleichen Gesicht, wie er im Schatten der Bäume stand und zu ihr blickte. Aber wie sollte ich Miller erzählen, dass ich einen Geist gesehen hatte? Und dass der Geist möglicherweise Mrs. Kemble auf dem Gewissen hatte? Miller war sehr aufgeschlossen, er war sogar bereit, an das Übernatürliche zu glauben. Aber wenn ich ihm auch nur ein Wort von Halluzinationen und
    Erscheinungen erzählte, dann hätte er gar keine andere Wahl, als mich festzunehmen. Mord in geistiger Umnachtung. Für den Rest des Lebens nach Broadmoor eingewiesen, zusammen mit all den anderen Psychopathen und Mördern und sonstigen Gestörten.
    »Es war völlig ruhig, außer uns war niemand da. Ach ja, und der Typ, der jeden Nachmittag an den Strand kommt, um seine Fischernetze vorzubereiten.«
    »Ja, mit ihm habe ich schon gesprochen.«
    Der Wasserkessel begann zu pfeifen. Ich warf einen Teebeutel in den Becher und goss das Brühwasser darüber. »Keinen Zucker«, sagte Miller, während er etwas aufschrieb.
    »Wissen Sie, wie sie umgekommen ist?«, fragte ich vorsichtig.
    Er blickte nicht auf. »Noch nicht endgültig. Das ist immer so, wenn die Taschenkrebse sich an dem weichen Gewebe zu schaffen machen. Aber beide Ellbogen waren mehrfach gebrochen. Darum auch ihre Armhaltung. Wie ein Grashüpfer. Wir haben noch keine Ahnung, was diese Verletzungen hervorgerufen hat, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass sie angesichts der Umstände nicht auf natürliche Weise ums Leben gekommen ist.«
    »Das klingt so richtig nach Polizeijargon«, sagte ich.
    »Das lernt man in Mount Browne. Das war noch zu der Zeit, als ich bei der Polizei von Surrey war.«
    »Warum haben Sie sich versetzen lassen?«
    Er klappte das Notizbuch zu. »Ich dachte, hier werde es ruhiger zugehen. Meine Frau war der Meinung, dass es hier viel zu ruhig war, und hat mich verlassen. Und jetzt sitze ich hier und habe es mit zwei brutalen Todesfällen in nur zwei Tagen zu tun.«
    »Stellen Sie mir keine weiteren Fragen?«
    »Nicht nötig. Ein Nachbar von Mrs. Kemble hat sie

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