Die Opferung
nur die richtigen Gebete erforderlich.«
»So wie bei deiner Ehe«, sagte Liz mit ihrer Begabung, abrupt das Thema zu wechseln. Sie erwischte mich kalt.
»Meine ... was?«, fragte ich sie. »Meine Ehe? Was hat meine Ehe damit zu tun?«
»Alles und nichts. Vielleicht hat sie nichts mit Fortyfoot House zu tun, aber sie hat sehr viel mit uns beiden zu tun.«
»Um ganz ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass es jemals ein >wir beide< gegeben hat.«
»Oh ja, und ich habe wohl mit irgendeinem von diesen Geistern geschlafen, oder? Es hätte ein >wir beide< geben können. Es könnte immer noch ein >wir beide< geben. Aber du kannst dich ja nicht entscheiden. Du weißt nicht, ob du Fortyfoot House verlassen willst oder nicht. Gehen - bleiben - gehen - bleiben. Du bist wie dieser Song von Jimmy Durante. Du kannst dich nicht entscheiden, ob du dich von Janie scheiden lassen willst oder nicht. Du weißt nicht, ob du mit mir schlafen willst oder nicht. Du hast so große Angst davor, die falsche Entscheidung zu treffen, dass du dich am Ende gar nicht mehr entscheiden kannst. David, um Himmels willen, entscheide dich doch endlich mal!«
»Tut mir Leid«, sagte ich.
»Es soll dir nicht Leid tun!«, gab sie zurück. »Ich will nicht, dass es dir Leid tut! Ich will, dass du dein Leben wieder in den Griff bekommst, ob nun mit mir oder mit einer anderen. Du kannst mit keiner anderen Frau eine Beziehung eingehen, solange du nicht Janie hinter dir lässt. Du musst dich von ihr scheiden lassen, David, und dann musst du sie vergessen. Wahrscheinlich wirst du ihr dann aber trotz allem jahrelang hinterhertrauern. Du musst das mal aus meiner Sicht sehen. Es ist nicht sehr schmeichelhaft, mit einem Mann ins Bett zu gehen, der so tut, als wäre ich seine Ex, und der dann schlappmacht.«
Ich blieb stehen, mein Gesicht zur Hälfte von meiner Hand verdeckt, damit die Sonne mich nicht blendete. Wahrscheinlich sah ich aus wie das Phantom der Oper mit dieser halben Maske. Sie hatte natürlich Recht, größtenteils jedenfalls. Dass ich keine Leidenschaft empfand, hatte nicht nur mit Janie zu tun. Fortyfoot House hatte damit auch etwas zu tun. Aber in erster Linie lag es an Janie. Ich hing immer noch zu sehr an den Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit, und ich war rasend eifersüchtig auf Raymond. Die Eifersucht war schlimmer als das Nicht-loslassen-Wollen. Das kann mit der Zeit nachlassen. Aber die Eifersucht muss sofort mit einem glutroten Eisen ausgebrannt werden, so wie eine Schusswunde in einem Film mit John Wayne. Ein Zischen, ein Aufschrei, und das war's dann.
»Tut mir Leid«, wiederholte ich. Und weil es mir wirklich Leid tat, sagte ich noch einmal: »Tut mir Leid.«
Liz trat vor mich, vergrub ihre Finger in meinen Haaren und küsste mich. Sie war ziemlich klein, viel kleiner als Janie, und auch viel sanfter und klüger als Janie. Sie drückte ihr Gesicht gegen meine Schulter, und ich nahm sie in die Arme. Danny stand auf der kleinen Holzbrücke, die den Bach überspannte, die Wolken zogen gemächlich vorüber, als ...
... als ich mich zur Sonnenuhr umdrehte und sah, wie eine massige in einen schwarzen Anzug gekleidete Gestalt langsam um sie herumwirbelte, in der Horizontalen, als sei sie ein riesiger Propeller. Eine Hand war schmerzhaft zur Spitze des Zeigers ausgestreckt. Ihre Haare waren steil aufgerichtet und rauchten, ihre Rockschöße flatterten wild umher.
»Jesus! Siehst du auch, was ich ...« Ich versuchte, Liz' Kopf anzuheben, damit sie sehen konnte, was ich sah ...
Tausende Volt Elektrizität bahnten sich ihren Weg aus dem Zeiger der Sonnenuhr. In einem wilden Funkenregen bohrten sie sich unter die bebenden Fingernägel des Mannes. Ich konnte den Geruch von Ozon und verbrannten Nägeln wahrnehmen. Ich konnte riechen, wie das Blut kochte. Ich konnte hören, wie der Mann unverständliche Worte schrie. N'ggaaa nngggaa sothoth nyaa - völlig ungewöhnliche, erstickte, gutturale Laute, die meine Nackenhaare sich steil aufrichten ließen. Dann brüllte er: »Lass mich sterben, du Miststück. Lass mich sterben. Oh, verdammt, verdammt, lass mich sterben.«
»Liz, sieh doch!«, sagte ich. Sie blickte zu mir auf und legte die Stirn in Falten, als könne sie mich nicht verstehen. Als sie sich endlich zur Sonnenuhr umdrehte, war die Gestalt verschwunden. Zurückgeblieben waren nur ein paar Schwaden dünnen blauen Rauchs, die sich rasch entwirrten und von der steifen Seebrise fortgeweht wurden.
»Was ist los?«, fragte sie.
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